Seit einigen Jahren ist Gin zum hippen Modegetränk avanciert. Über hundert Gin-Sorten findet man in gut sortierten Bars in Berlin, Frankfurt oder München. In der bayerischen Landeshauptstadt haben sich inzwischen einige Produzenten etabliert, deren Wachholderspirituose auch Kennern ganz geschmeidig die Kehle hinunterfließt, weiß reisen EXCLUSIV-Autorin Susanne Wess aus eigener Erfahrung.

Hochprozentiges gehört beim Ausbrüten einer »Schnapsidee« anscheinend dazu. So auch bei den Gin-Produzenten in München. Es ist insofern kein Zufall, dass die Ideen zur Herstellung hochwertiger Münchner Gins wie »Munich Duke« oder »Feel!« an feuchtfröhlichen Kneipenabenden und launigen Oktoberfestbesuchen entstanden sind.

»Wir sind beide große Gin-Fans und haben schon zu Studentenzeiten in unserer WG mit selbstgebastelten Apparaturen an der Alkoholherstellung herumexperimentiert«,

erzählt Maximilian Schauerte, der zusammen mit Daniel Schönecker 2007 die Münchner Gin-Destillerie »The Duke Destillerie« gegründet hat. Die einstigen Kommilitonen hatten ihr Geschichtsstudium abgeschlossen und Anstellungen in der Medienbranche bzw. Pharmaindustrie gefunden. Doch keinen der beiden füllte der Job aus. Und so beschlossen sie bei einem Barbesuch und mehreren Drinks, sich gemeinsam als Gin-Hersteller zu versuchen. Aber nicht irgendein Wacholdergebräu sollte es werden, sondern eine Spirituose der Extraklasse. Mit sehr viel Mut, etwas Erspartem und entgegen allen guten Ratschlägen von Familie und Freunden packten sie ihr Münchner Abenteuer an.

Christian Hacker

Ein Schwabinger Gewächs

Ganz nah bei der Uni, im schicken Stadtteil Schwabing, fanden sie ein Domizil für ihre Destillerie, kämpften ein Jahr lang mit den Behörden um die nötigen Genehmigungen und ließen sich schließlich von einem Kesselbauer eine maßgeschneiderte Brennanlage anfertigen. Ein weiteres Jahr verbrachten sie mit der Suche nach den perfekten Zutaten und dem Erschmecken der idealen Rezeptur, die sie mithilfe eines professionellen Destillateurmeisters entwickelten.

Christian Hacker

13 Kräuter und Gewürze sind am Aroma ihrer Gins beteiligt, darunter Koriander, Zitronenschalen, Angelikawurzel, Lavendelblüten, Ingwerwurzel, Orangenblüten und Kubebenpfeffer. Das Ergebnis: »The Duke«, ein 45%iger weicher, fast cremiger Gin mit klarem Wacholderaroma, den man nicht nur als Gin Tonic, sondern auch wunderbar pur trinken kann.

Unter den allesamt biologischen Zutaten findet man zur Abrundung auch Hopfenblüten und Malz. Diese sind eine Widmung an die bayerische Heimat, ebenso wie der Name und die Gestaltung des Flaschenetiketts: »The Duke« steht für den Stadtgründer Münchens, Herzog Heinrich den Löwen, darunter ein weiß-blaues Wappen.

Längst hat es Münchens erster Gin bis in die Regale auch des renommierten Feinkostladens »Käfer« geschafft, ist für trendige Bars wie den Couch Club im Münchner Glockenbachviertel oder das legendäre »Schumann’s« längst ein Muss.

Christian Hacker

Vom Textilreiniger zum Gin

Eine ebenso ungewöhnliche Erfolgsgeschichte hat der zweite Münchner Spitzen-Gin »Feel! – Munich Dry Gin« von Korbinian Achternbusch vorzuweisen. Der 27-Jährige ist eigentlich gelernter Textilreinigermeister, ein Beruf, den er liebt und bis heute nicht aufgegeben hat.

»Tagsüber habe ich viel mit Menschen zu tun. Abends und am Wochenende bin ich allein in meiner Brennerei. Das ist eine wunderbare Mischung«,

erklärt Achternbusch, der 2011 nach einer durchzechten Wiesn-Nacht sein Auto verkauft und von dem Erlös eine 150-Liter-Destillationsanlage für Kleinbrenner erworben hat.

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Um seine Schnapsidee vom eigenen Gin auch mit profundem Wissen zu untermauern, hat er in Vorarlberg Seminare für Obstbrennerei besucht. Auch er hat über ein Jahr an seiner ganz besonderen Rezeptur getüftelt und für seine Versuche rund 5000 Liter reinen Alkohol verbraucht. 17 biologische Botanicals machen heute das Aroma seines Münchner Gins aus, der nicht nur bio, sondern obendrein auch vegan ist. Denn Achternbusch verzichtet bei der Herstellung nicht nur auf den Zusatz von Zucker, sondern auch auf die sonst übliche Filtrierung mit Eiweiß.

Gin-Produzenten in München: Noten von Holunder und Blaubeere

Schwenkt man den »Feel!« vor der Nase und nimmt dann einen kleinen Schluck pur in den Mund, sind feine Noten von Zitrus, Holunder und Blaubeere erkennbar.

»Pur oder mit gefrorenen Bio-Blaubeeren trinke ich meinen ›Feel!‹ am liebsten, denn die Beeren sorgen für ein wunderbares Aroma und schöne blaue Schlieren«,

erzählt der junge Produzent und grinst. Für ihn ist die Gin-Herstellung wie Meditation, die Arbeit an der Brennanlage erfüllt ihn mit Ruhe und Gelassenheit.

Christian Hacker

Weniger besinnlich geht es beim großen Schnapsbrenner Lantenhammer im Münchner Voralpenland zu. Nachdem die 1928 gegründete Destillerie aus Schliersee neben ihren traditionellen Edelobstbränden auch große Erfolge mit dem bayerischen Whisky »Slyrs« verzeichnen konnte, hat man auch hier den Schritt in Richtung Wacholder gewagt – allerdings in einer richtig regionalen Ausprägung, so wie es sich für ein Traditionshaus gehört. Neben zehn bayerischen Kräutern, darunter Hopfen, Fenchelsamen und Heublume, kommt beim »Bavarka Bavarian Gin« auch die heimische Kartoffel zum Einsatz, die der Spirituose »Kraft und Rasse« verleiht.

Christian Hacker

Gin-Tasting in der Wuidbar

Aber wie lernt man nur, all diese feinen Unterschiede zu erschmecken? Am besten beim Gin-Tasting zum Beispiel in der lockeren Barwirtschaft Wuid. Immer wieder dienstags heißt es: Riechen, Schmecken, Spülen. Zwischendurch ein Glas Wasser, um dem aromaerfüllten Gaumen wieder Platz für ein neues Geschmackserlebnis zu bereiten. Beim Schnüffeln gern die Augen schließen, so als würde man meditieren, Korbinian Achternbusch sagt schließlich auch:

»Gin ist Meditation«.

Wie gut, dass es in München inzwischen so viele Orte der Meditation gibt.

Christian Hacker

Gin aus München

The Duke Destillerie. Barer Straße 53, 80799 München, Tel.: 089 45 47 30 60.
Feel! Munich Dry Gin. August-Exter-Straße 4, 81245 München-Pasing, Tel.: 089 66 66 41 68.
Brennerei Lantenhammer. Mit Ladenverkauf, Josef-Lantenhammer-Platz 1, 83734 Hausham/Schliersee.

Gin-Bars in München

Der Couch Club ist ein szeniger Club mit über 130 Gin-Sorten. Das Schumann’s ist DIE Szenebar in München. Betreiber Charles Schumann ist eine Stadt-Ikone. Erstklassige Gin-Auswahl. Die lockere Barwirtschaft Wuid hat einen modernen bayerischen Touch und bietet dienstags Gin-Tasting an.