Der Multistakeholder-Initiative »Roundtable Menschenrechte im Tourismus« geht es vor allem um eins: den Menschen gegenüber fair zu handeln und zu wirtschaften. Ein Gespräch mit Antje Monshausen, der Nationalen Kontaktstelle des Vereins in Deutschland. Interview: Frank Störbrauck

Frau Monshausen, was hat es mit dem »Roundtable Menschenrechte im Tourismus« eigentlich auf sich?

Es handelt sich um eine Austauschplattform von Reiseveranstaltern, Tourismusverbänden, Zertifizierern und Nichtregierungsorganisationen, die sich bereits seit drei Jahren darüber austauschen, wie die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte konkret in der unternehmerischen Praxis umgesetzt werden können. Die Mitglieder der Plattform haben sich nun dazu entschlossen, einen Verein zu konstituieren, weil es aus der Branche eine gestiegene Nachfrage zu diesem Thema gibt.

Innerhalb der Plattform vertreten Sie die Organisation Tourism Watch. Wie können sich Touristen bei Ihnen informieren?

Wir beschäftigen uns seit rund 40 Jahren mit den Auswirkungen des Tourismus auf die Menschen in den Entwicklungsländern. Wir bieten Touristen sowohl auf unserer Website als auch als in der Broschüre »Fair reisen mit Herz und Verstand« Tipps für verantwortungsvolles Reisen. Interessierte Touristen erfahren darin, wie man sich vor Ort angemessen verhalten kann und worauf man achten sollte.

Siegel für Veranstalter in Deutschland

Wie arbeiten Sie mit Reiseveranstaltern zusammen?

Wir beschäftigen uns auch mit unternehmerischer Verantwortung von Reiseveranstaltern und stehen hinter dem Zertifizierungssystem »TourCert«, dem umfassendsten Veranstalter-Siegel in Deutschland. Um Verbrauchern einen Überblick über die verschiedenen Zertifizierungen zu geben, haben wir gemeinsam mit anderen einen Wegweiser entwickelt, wo die relevantesten Zertifizierungssysteme erläutert werden. Hier können sich die Reisenden informieren und vergleichen.

Raten Sie eigentlich von Reisen in bestimmte Länder ab?

Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie die gesellschaftliche Situation in den Reiseländern ist – und was der Tourismus damit zu tun hat. Das heißt, wir rufen nicht zum Boykott einzelner Länder auf, sondern fordern von den Reiseveranstaltern, Strategien zu entwickeln, um Konflikte zu vermeiden. Ich möchte als Beispiel Israel-Palästina nennen. Wir fordern Reiseveranstalter und Touristen auf, sowohl israelische als auch palästinensische Unterkünfte und Reiseleiter zu unterstützen, damit beide Seiten etwas vom Tourismus haben.

Wie kann man als Tourist am besten gebeutelten Ländern wie Tunesien oder Ägypten helfen?

Das Risiko, das hier besteht, ist, dass wir uns aufgrund der Sicherheitslage in diesen Ländern in einer Abwärtsspirale in Bezug auf den Preis und damit auch die Qualität befinden. Das heißt, es werden immer niedrigere Preise aufgerufen unter denen letztendlich alle leiden. Was wir auch feststellen, ist, dass Menschen zwar in diese Länder reisen, aber zum Teil besorgt sind und ihre Hotels nicht verlassen.

Land und Leute kennenlernen statt im Resort zu bleiben

Eine Katastrophe …

Ja, wir sagen, wenn man in ein Land reist, dann soll man sich dort sicher fühlen und Land und Leute kennenlernen. Davon profitieren die Menschen im Land, also die Händler in der Altstadt und am Strand, die Restaurantbesitzer. Und nicht nur die großen Urlaubsresorts.

Wie sehen Sie den Voluntourismus, wo Urlauber vor Ort bei Hilfsprojekten mitwirken?

Wir finden es zunächst einmal wichtig und begrüßenswert, dass sich Menschen im Urlaub engagieren. Dass sie sich für den Blick hinter die touristischen Kulissen interessieren. Gleichzeitig sehen wir, dass immer mehr kurzzeitige Angebote auf den Markt kommen, die sich sehr an den Wünschen der Kunden orientieren und weniger an den Interessen der Menschen vor Ort. Da wünschen wir uns von den Reiseveranstaltern, dass sie eine bessere Vorbereitung und vor Ort sinnvolle Aktionen anbieten.

Welche Art von Voluntourismus lehnen Sie ab?

Ob die Menschen vor Ort immer einen Mehrwert davon haben, hängt stark ab von den Angeboten. Was wir sehr kritisch sehen, sind die kurzzeitigen Einsätze in Kinderheimen und Waisenhäusern. Wir wissen aus vielen Ländern, dass in diesen Einrichtungen Kinder leben, die aus ihren Familien herausgerissen wurden. Das hat zum einen zur Folge, dass diese Kinder nicht in ihren Familien leben. Zum anderen tut dieser permanente Wechsel der Freiwilligen den Kinder nicht gut und es kann zu Bindungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten kommen.