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The Fife Arms
Braemar

The Fife Arms
Mar Rd - Braemar Aberdeenshire - AB35 5YN, Schottland
Telefon: +44 1339 720 200
https://thefifearms.com/
46 Zimmer und Suiten
€€€

getestet von: Jasmin Faust
18

Der erste Eindruck

Die Anreise vom Flughafen Edinburgh zum The Fife Arms in Braemar, mitten in den schottischen Highlands, dauert circa zwei Stunden und führt durch eine Landschaft, die von Meile zu Meile schöner wird. Sofern überhaupt möglich. Angekommen in Braemar ist das The Fife Arms schnell erreicht, denn der Ort zählt nur um die 600 Einwohner. Ersteröffnung des Hotels war im Jahr 1863. Hier ist also viel Geschichte. Und Geschichten. Denn schon Königin Victoria quartierte Gäste (im Speziellen rauchende) gerne im Hotel ein, wenn sie im fast nachbarschaftlich gelegenen Landsitz Balmoral Castle residierte. Weil sie den Rauchgeruch nicht ertragen konnte. Sogar Prinz Albert soll mal darunter gewesen sein. Munkelt man.

In den Jahren danach folgten einige Eigentümerwechsel und das Hotel verlor immer mehr an royalem Glanz und Bedeutung. Bis es schließlich 2019 vom Galeristenpaar Iwan und Manuela Wirth übernommen, umgebaut und dann mit wieder neuem königlichen Spirit vom damaligen Prinz und heutigen König Charles eröffnet wurde. Und wenn Galeristen auf Hotelgewerbe treffen, passiert das: Mehr als 14.000 Kunstwerke (!) schmücken Zimmer, Lobby, Restaurants, Flure, Bäder, Bars... ach, einfach alles! Dazu schwere Stoffe, dunkle Möbel, Schottland-typische Karomuster und ein selbstspielendes Klavier. Es ist eine kleine Zeitreise, die man nach Betreten des Eingangsbereiches macht. Dabei wird direkt klar: Es gibt so spektakulär viel in diesem Hotel zu entdecken, dass ein schnödes WOW dem Ganzen nicht gerecht werden kann.

Wer wohnt hier?

Junge, erfolgreiche Briten (gerne als Paar oder geschäftig wirkende Gruppe), die sich mit Style und (möglicherweise etwas) Kunstverständnis mal wie ein royaler Gast aus dem 19. Jahrhundert fühlen möchten. Instagramable ist es, das The Fife Arms. Wenn auch nicht auf die übliche beige-weiße Influencer-Weise.

Und wenn wir schon beim royalen Feeling sind: Amerikaner lieben dieses Hotel. Hier wird Geschichte gelebt, wie es sie so in Amerika nicht gibt. Jedenfalls nicht so authentisch. Historische Mauern, Türen, Bilder, Skulpturen, alte Cottages im Umland und die beeindruckenden schottischen Highlands vor der Hoteltür, das hat alles, was sich nach Geschichte anfühlt. Lieben viele Amerikaner. Und mal ehrlich: Wir auch.

Last, but not least: Kunstinteressierte natürlich. Denn das Hotel ist mit seiner Kunstsammlung so etwas wie ein Abenteuerspielplatz mit fast niemals endenden Entdeckungs- und Interpretationsmöglichkeiten.

Gut geschlafen?

Legt man erst mal die Angst vor einer übersinnlichen Heimsuchung in der Nacht ab, wird es wahnsinnig gemütlich. Die Betten sind wunderbar weich, die Teppiche ebenso. Zur Nachtruhe wünscht man sich mit einem der porträtierten Hochwohlgeborenen eine gute Nacht und träumt dann vom Afternoon Tea mit der Königsfamilie. Oder schaut vorm Einschlafen noch kurz auf ein wunderschönes Landschaftsgemälde und freut sich darauf, genau dort am nächsten Tag durchzuwandern.

Die 46 Zimmer im The Fife Arms sind alle individuell eingerichtet und das in einer ganz eigenen Liga. Fragt man sich beim Check-in vielleicht, wie es das Hotel auf mehr als 14.000 Kunstwerke bringt, in den Zimmern ist schnell klar: Die Kunst liegt im Detail. Hier eine Porzellanfigur, dort eine alte Kanne, Schottlands Landschaft in Öl an der Wand, diverse Installationen auf dem Weg zum Zimmer und ja, auch einiges an Tierpräparationen (muss man mögen, gehört aber auch irgendwie zu Schottland), es gibt viel zu sehen. Im Zimmer oder im ganzen Hotel eine ungenutzte Ecke zu finden, scheint komplett unmöglich. Ist es wahrscheinlich auch.

Eine andere Kunst: Man fühlt sich von nichts davon erschlagen.

Der Wellnessfaktor

Das The Fife Arms hat einen kleinen, feinen Wellnessbereich mit Sauna und Massage-Angeboten, aber der Fokus wird hier nicht unbedingt darauf gelegt. Deshalb kürzen wir das hier auch ab und gehen zur Wellness-Experience der anderen Art über.

Vor der Tür liegt eine der schönsten Landschaften der britischen Insel. Wandern ist hier Wellness, die Natur die Erholung. Das schottische Signature Treatment nennt sich »Wild Wellness« und beinhaltet unter anderem Saunieren - mitten in der Natur in einem umgebauten Pferdeanhänger mit entsprechender Abkühlung im Highland-Fluss bei ziemlich niedrigen Temperaturen. Was hier vielleicht an die berühmten Highland Games (die übrigens in Braemar stattfinden) erinnert, kostet erst einmal ein wenig (ja, gut, ein wenig mehr) Überwindung, bringt aber nach hinten raus ein wunderbar wohliges Gefühl mit einer Mischung aus Stolz (weil man sich überwunden hat), Wärme (nach kalt kommt immer warm und hierbei ganz besonders) und Entspannung (weil die Landschaft..., ja wir wiederholen uns).

Bauchgefühl

Fürs Bauchgefühl taucht man tief in die schottische Kulinarik ein. »The Flying Stag« ist zwar im Hotel untergebracht, aber es ist Braemars sozialer Dreh- und Angelpunkt. Das ist nämlich der Pub des Ortes mit leckerem Essen, Darts und Livemusik. Auf der Karte stehen Burger, Scottish Rarebit (übrigens kein rohes Fleisch, sondern geschmolzener Käse), Fish Pie oder - wer sich traut - Schottlands Nationalgericht Haggis, bestehend aus diversen Schafsinnereien.

Für die feinere Variante startet man im Elsa's mit einem leckeren Aperitif. Wir empfehlen dafür den »Shocking Pink«, der zwar gar nicht so schockierend pink, dafür aber sehr lecker ist. Angelehnt ist dieser Cocktail an Elsa Schiaparelli, einer Modedesignerin und Freundin von Salvador Dalí, die mit Vorliebe die Farbe Pink trug und der auch eine kleine Ausstellung in Elsa's Bar gewidmet ist.

Danach geht's zum Fine Dining im »Clunie Dining Room«, der nach dem neben dem Hotel plätschernden Clunie Water benannt ist. Aussicht inklusive. Gegessen wird - natürlich - im kunstvollen Ambiente. So ist die Wandbemalung ein Werk des argentinischen Künstlers Guillermo Kuitca, der mit kubischen Formen und Farben die Highlands fast an den Tisch holt. Auf dem Tisch landen sie natürlich auch, in Form von lokalen und saisonalen Zutaten als raffiniert-schottische Gerichte. Und obwohl die Devise der Küche »Less is more« ist, geht hier niemand hungrig auf sein Zimmer. Eher glücklich.

Und wie lässt man einen künstlerisch-schottisch-kulinarischen Abend ausklingen? Mit einem Whisky natürlich, denn in Schottland trinkt ja nun wirklich jeder Whisky. Im »Bertie's«, benannt nach Queen Victorias ältestem Sohn Albert (der übrigens der Partyprinz seiner Zeit war - in diesem Sinne: Slàinte mhath), gibt es eine eindrucksvolle Sammlung an Whiskys (und nur Whiskys) für jeden Geldbeutel und Gaumen.

Das besondere Etwas

Es klang hier und da schon an, aber mehr als 14.000 (!) Kunstwerke! Und die sind - wie eingangs erwähnt - kein Zufall. Denn das Galeristenpaar Wirth ist Miteigentümer der Galerie Hauser & Wirth, die mit ihren weltweiten Niederlassungen zu den bekanntesten Galerien am Kunstmarkt gehört. Da liegt es nahe, das historische Hotel in eine royal-wohnliche Kunstsammlung zu verwandeln. Und um diesen besonderen Galeriezustand mal in ein Gefühl zu verpacken: Staunen ist wohl die am meist genutzte Emotion, wenn man durch die Gänge und Zimmer geht.

Zur Kunstsammlung im The Fife Arms gehören unter anderem: Zwei Originale von Pablo Picasso. Ein eigens für das Hotel gefertigter »Red Deer Chandelier« von Richard Jackson, der den Treppenaufgang im Empfangsraum ziert und einen ungewohnten Bruch mit dem historisch-royalen Stil des Hotels bringt. Das ikonische Deckengemälde im Drawing Room mit dem Titel »Ancient Quartz« stammt vom chinesischen Künstler Zhang Enli. Auch im Haus zu finden: Drei Malereien von König Charles sowie - des Hotels liebstes Stück - die Zeichnung eines Hirsches von Königin Victoria höchstpersönlich im Eingangsbereich. Wie gesagt: Mehr als 14.000 Kunstwerke. Unsere Aufzählung könnte hier noch ewig weitergehen.

3 gute Gründe, dort zu buchen

1. Die Highlands. Ganz ehrlich, schöner geht es kaum. In der Ferne schneebedeckte Bergkuppen, klare Flüsse, grüne Wiesen, hoher Himmel. Hier muss man einfach nur die Augen öffnen, um erholt durchatmen zu können.
2. Auch wenn im Hotel bestens fürs kulinarische Bauchgefühl gesorgt wird, ein Ausflug in »The Fish Shop« im nächstgelegenen Ort Ballater ist eine absolute Empfehlung. Frischer Fisch, wie es ihn sonst in schottischen Restaurants kaum gibt. Fun Fact: Die Schotten in den Highlands essen selbst kaum Fisch. Deshalb ist dieses Restaurant schon fast eine kleine Sensation. Und wenn man Glück hat, schaut Königin Camilla auch mal zum Lunch vorbei.
3. Noch mal. Mehr als 14.000 Kunstwerke!
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Photocredits: The Fife Arms

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