Keine andere Stadt ist so freundlich, so lebendig, so schön, so anspruchsvoll und so erlebnisreich. Chicago nennen die Amerikaner »the second city«, aber bei mir ist sie die Nummer eins.  

Vor etwa vier Jahren war ich zum ersten Mal in Chicago. Erwartet hatte ich nicht viel. Ich wusste, dass hier die Route 66 entlang läuft, dass Al Capone hier war und auch die Blues Brothers. Aber die Stadt hatte ich ganz anders erwartet, irgendwie steifer, irgendwie rauer, ähnlich wie New York City. Aber während es in »Big Apple« darum geht, immer höher, immer schneller und immer weiter zu kommen, ist die »Windy City« eher entspannt und dabei so freundlich.

Werner ist ein Chicago Greeter. Das ist eine Organisation von Bürgern, die sich kostenfrei zur Verfügung stellen, um Touristen durch die Stadt zu führen. Die meisten der insgesamt 180 Freiwilligen, die auch kein Trinkgeld annehmen, sind Rentner oder Studenten, darunter auch einige Auswanderer, die ihren Stadtrundgang auch in ihrer Muttersprache anbieten. Werner stammt aus Deutschland. Er lebt allerdings schon über 30 Jahre in Chicago und führt zweimal die Woche Architekturinteressierte durch Downtown. Auch ich folge ihm auf Schritt und Tritt durch »sein« Chicago.

Ein Paradies für Architektur-Liebhaber

Wer sich für Architektur interessiert, ist hier am Michigan See genau richtig. Diese Stadt ist die Geburtsstätte der Wolkenkratzer, die zweite Heimat der Bauhaus-Ikone Mies van der Rohe (und er hat hier große Erfolge gefeiert) und langjähriger Sitz der Architektengröße Frank Lloyd Wright gewesen (seine Werke kann man insbesondere in Oak Park besichtigen, etwa 20 Minuten von Downtown Chicago entfernt).

Pedro Lastra

Aber auch die heutigen Bauingenieurstars bauen hier. Frank Gehry hat es im berühmten Millennium Park bereits getan (in seinem Jay Pritzker Pavilion gibt es im Sommer kostenlose Konzerte), und Santiago Calatravas entwarf den Chicago Spire, welches mit 610 Metern das höchste Gebäude der USA werden soll und voraussichtlich 2012 fertiggestellt sein wird. Werner weiß das alles ganz genau. Er kennt die Fahrstühle der Häuser, die Jugendstil-Postkästen, in deren Foyers und die 52 beweglichen Brücken des Chicago Rivers wie aus dem Effeff. Keine Frage bleibt bei ihm unbeantwortet.

Modedesignerin Katrin Schnabel gibt Tipps

Auch Katrin Schnabel kennt sich bestens aus. Die deutsche Modedesignerin lebt seit 2004 mit ihrer Familie in Chicago und ist begeistert. »Ich habe mich schnell in diese Stadt verliebt«, sagt die gebürtige Bremerin, die mit Zwischenstopp New York nun neben ihrer Tätigkeit als Designerin auch Dozentin im »progressiven Fashion-Department des Chicagoer Art Instituts« ist. Natürlich interessieren mich insbesondere ihre Shoppingtipps als Modeexpertin: Wo kann man hier abseits des Mainstreams kaufen? Wo pulsiert das Leben in Chicago?

Katrin Schnabel weiß da Rat, und weil es so viele Tipps sind, die sie gesammelt hat, hat sie einen eigenen Podcast erstellt, wo sie ihre Lieblingsadressen nennt. Unter anderem Designerläden mit internationaler Mode, preisgünstige Schuhgeschäfte oder Shops für ausgefallene Kindersachen. Auch für Möbel und Designstücke interessiert sich die Modeschöpferin. Wenn sie sich nicht gerade auf der Damen Street beim Einkaufsbummel befindet, liebt sie es auch, dem deutschen Viertel am Lincoln Square einen Besuch abzustatten. Dort gibt es noch zahlreiche deutsche Institutionen, die im frühen 20. Jahrhundert errichtet wurden. Wie zum Beispiel eine alte Apotheke: »Die ist wirklich sehenswert.«

Geheimtipp in Chicago: die Billy Goat Tavern

Mit ihren Kindern liebt sie es, im Milk & Honey zu frühstücken oder an einem der schönen Strände Chicagos den Tag zu verbringen (ihr Favorit ist der Olive Beach) oder im Wicker Park, der für ihre Kinder immer wieder ein Highlight ist. Wicker Park ist auch das richtige Stichwort für Hans Lentz. Er ist deutscher Küchenchef im Intercontinental Chicago. Ein Hotel mit Geschichte, das unmittelbar an der Magnificant Mile liegt.

Michael Ramey

Als Küchenchef legt er natürlich sein Augenmerk auf die kulinarische Seite Chicagos (auch er hat einen Podcast), und wenn er nicht gerade in seinem Restaurant Zest am Herd steht, geht er gerne im lebensfrohen Wicker Park auf lukullische Entdeckungsreise. »Dort kann man ein ganzes Jahr lang jeden Tag essen gehen und muss kein Restaurant zweimal betreten.« Genau das mag er an der Gegend, in der er auch lebt und gerne auf seinem Balkon Schweinelendchen grillt. Sein Geheimtipp für Chicago ist die Billy Goat Tavern, eine Institution seit 1934, »und dort bekommt man garantiert die besten Cheeseburger der Stadt«.

Die besten Cocktails werden nicht im Billy Goat serviert. Zumindest nicht dann, wenn man samt Panorama urteilt. Deswegen ist wohl auch ein Drink in der Signature Lounge im 95. Stock des Hancock Buildings ein Muss für jeden Touristen. Katrin Schnabel sagt, dass »der späte Nachmittag die beste Zeit« sei, um die Aussicht zu genießen. Und danach empfehle ich ein Steak im Ralph Lauren Restaurant, was sich von dort aus direkt um die Ecke befindet. Das Interieur ist typisch amerikanisch, klassisch chic, und die Steaks schmecken fantastisch. Allerdings sollte man dort reservieren und früh kommen, denn um 20 Uhr werden hier schon die Tische gewischt. Denn leider ist die schönste Stadt der USA nicht gleichzeitig die Stadt, die niemals schläft.

Mit United nonstop nach Chicago

Anreise. United Airlines fliegt zweimal täglich von Frankfurt a. M. nach Chicago. Zubringerflüge sind von allen großen deutschen Flughäfen möglich.

Chicago Greeter. Dieser Service ist umsonst und auch schon vorher über die Webseite buchbar.

Restaurants. Milk & Honey Cafe. 1920 W. Division St, Tel.: +1 773 395 9434

Intercontinental Chicago. 505 North Michigan Avenue

Billy Goat Tavern Original. 430 N. Michigan Ave at Lower Level

Signature Lounge. Cocktailbar im Signature Room, im 95. Stock des Hancock Buildings, 875 N. Michigan Ave

Ralph Lauren Restaurant. 115 East Chicago Ave, Tel.: +1 312 475 1100