Worauf sollten Reisende achten, die jetzt ihren Urlaub buchen wollen?
Klären Sie vor Buchung der Reise, was Ihnen wichtig ist. Wollen Sie im Urlaub an den Strand? Unbedingt ein Büfett serviert bekommen? Das Hallenbad und die Sauna nutzen? Dann klären Sie ganz konkret diese Punkte vorab. Machen Sie das schriftlich. Es reicht nicht, wenn Sie beim Hotel anrufen und sich mit der Aussage der Rezeptionistin begnügen, dass »alles gut« ist. Lassen Sie es sich also per E-Mail oder Brief bestätigen. Sie können nach einem Telefonat dem Hotel auch eine E-Mail schreiben, in der Sie das mündliche Geäußerte bestätigen. Also, z.B. »Ich freue mich über die Zusage der Saunanutzung«.
Sonst noch was?
Angenommen, ich habe ein Hotel gebucht. Wegen Corona wird mir das wegen Überbuchung wieder storniert. Muss ich das einfach so hinnehmen?
Was ist darunter zu verstehen?
Nun, denken wir an einen Hotelier. Er muss dann sachgerecht auswählen. Er könnte einen langjährigen Stammkunden gegenüber einem Neukunden privilegieren. Oder denjenigen auswählen, der zuerst gebucht hat. Oder in den Sommerferien Familien mit Kindern bevorzugen.
Lassen Sie uns einmal über den kommenden Sommerurlaub sprechen. Wer mutig ist, will seinen Urlaub im Ausland jetzt buchen. Ist das eine gute Idee?
Nein, das halte ich für keine gute Idee. Die weltweite Reisewarnung gilt derzeit noch bis zum 14. Juni. Wer zu einem späteren Zeitraum im Sommer verreisen will, jetzt aber schon buchen will, sollte sich mehr Gedanken als früher über die Stornobedingungen machen. Insbesondere um die Frage, ob und wie ich die geleistete Vorauszahlung im Falle einer Stornierung wieder erstattet bekomme. Man muss also mehr denn je das Kleingedruckte lesen.
Außenminister Heiko Maas betont immer wieder, es wird keine keine zweite Rückholungsaktion mehr geben. Wenn ich nach der Reisewarnung trotzdem ins Ausland reise und die Situation sich verschlimmert, habe ich dann ein Recht auf Rückholung?
Das müssen wir dann sehen. Die Treue- und Fürsorgepflicht der Botschaften bleibt ja bestehen. Aber es hat nun eine deutliche Ansage von Herrn Maas gegeben. Wer sich darüber hinwegsetzt, muss auch mit den Konsequenzen leben. Eine zweite Rückholaktion in der Breite wird es jedenfalls nicht mehr geben. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass die Bundesregierung dann wieder Sonderflugzeuge charten wird, um deutsche Staatsbürger aus der ganzen Welt zurückzuholen.
Oft wird bei Stornierung der Reise, des Fluges oder Hotels statt einer Rückzahlung ein Gutschein angeboten. Die EU sagt, das muss ich nicht akzeptieren. Die Bundesregierung will das schon. Was gilt denn nun?
Da müssen wir unterscheiden. Bei den Veranstaltertickets, z.B. bei Konzerten oder Sportveranstaltungen in Deutschland, kann die Bundesregierung allein entscheiden und sagen, Verbraucher müssen Gutscheine akzeptieren. Anders sieht es bei Pauschalreisen und Flügen aus. Hier gilt EU-Recht. Und die EU hat sich eindeutig darauf festgelegt, dass Verbraucher keine Gutscheine akzeptieren müssen. Reiseveranstalter und Airlines müssen das Geld im Falle einer Stornierung zurückzahlen, wenn der Verbraucher das verlangt.
Das klingt wunderbar in der Theorie. In der Praxis sieht das aber ganz anders aus ...
Ja, leider. Eine Kollegin von mir in der Kanzlei ist derzeit ausschließlich mit solchen Fragen beschäftigt. Die Rechtslage ist völlig eindeutig. Trotzdem werden die Verbraucher hingehalten oder es wird versucht, sie mit Gutscheinen abzuspeisen. Wir reden hier mitunter nicht von Mini-Beträgen. Es sind auch stornierte Kreuzfahrtreisen dabei, für die Verbraucher mehrere Zehntausend Euro bezahlt haben.
Dann werden wohl viele Deutsche ihren Sommerurlaub in der Heimat verbringen. Hotelbesitzer sowie Vermieter von Campingplätzen und Ferienwohnungen dürften davon profitieren. Sie sagen, die müssten jetzt aber unbedingt ihre Werbebroschüren und Websiten aktualisieren. Warum?
Vermieter und Hoteliers müssen jetzt unbedingt darauf achten, dass ihre – meist seit Jahren bestehenden – Websiten und Werbebroschüren angepasst werden. In den Werbeaussagen sollten die werblichen Zusagen gestrichen werden, die wegen fortbestehenden Coronabeschränkungen derzeit gar nicht erfüllt werden können. Das können beispielsweise in den Hotels nicht nutzbare Flächen (z.B. Saunen, die eventuell nicht genutzt werden dürfen) oder touristische Angebote und sonstige Zusagen sein, die derzeit nicht oder nur eingeschränkt nutzbar sind. Das Fehlen solcher Zusagen kann nämlich einen vertraglichen Reisemangel mit Rückzahlungsansprüchen bedeuten. Das gilt sowohl für Pauschalreisen als auch für Buchungen von Ferienhäusern oder Wohnungen.
Bedarf das wirklich einer Klarstellung? Es ist doch klar, dass sie aufgrund der behördlichen Anordnungen nicht alle üblichen Leistungen erbringen können ...
Der Leistungsumfang des Reiseveranstalters ergibt sich aus dem Vertrag. Wurde zum Beispiel ein Zimmer mit Meerblick gebucht, wegen »Kontingentkürzung« ist aber nur noch ein Zimmer mit Hofblick zu bekommen, liegt ein vertraglicher Mangel vor. Der Reisende hat Anspruch auf Teilerstattung. Der Teil-Rückzahlungsanspruch scheitert auch nicht daran, dass der Reiseveranstalter gar nichts dafür kann, da es sich um einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch handelt. Da kommt es nicht auf den Grund der Nichtleistung durch den Veranstalter an.
Ab wann würden Sie persönlich es wieder wagen, eine Reise außerhalb Europas zu unternehmen?
Frühestens dann, wenn ein wirksamer Impfstoff gegen Corona existiert.
Arndt Kempgens ist Rechtsanwalt in Gelsenkirchen und hat sich u.a. auf das Reiserecht spezialisiert. Weitere Informationen und Kontakt zu ihm gibt es auf der Website der Kanzlei.