Kein Fernglas braucht, wer sich den irdischen Schätzen zuwendet, die sich auf dem Meeresboden befinden. Zweimal am Tag öffnen die Gezeiten die Speisekammer des Wattenmeeres zwischen der deutschen Grenze und Esbjerg: Tausende Tonnen Austern warten nur darauf, gepflückt zu werden.
Nirgendwo sonst erlebt, empfindet und schmeckt man Natur so intensiv wie hier auf dem Meeresboden,
sagt die Meeresbiologin Signe Bøgh Tonnesen, die zugleich Naturführerin am dänischen Wattenmeerzentrum südlich von Ribe ist. Spricht’s, bückt sich, greift und öffnet eines der unzähligen kräftigen Schalengebilde mit dem Messer. Ein kräftiger Spritzer aus der mitgebrachten Zitrone – und meerwasserfrisch verschwindet die Auster in ihrem Mund. Der ungeübte Betrachter staunt, aber wer ein Faible für Meeresfrüchte hat, kann bei einem Wattspaziergang an einem sonnigen Wintertag sein Festessen des Jahres gleich vor Ort goutieren. Die pazifische Auster ist eine invasive Art und kann deshalb zwischen Oktober und März unbegrenzt genossen werden.
Wer seiner Neugier nicht auf eigene Faust folgen möchte, kann vom Wattenmeerzentrum aus auf einer geführten Austernsafari in das UNESCO Weltnaturerbe hinausgehen, Menschen jeden Alters sind willkommen. Sie sind mit Guides unterwegs, die alle wie Signe Bøgh Tonnesen das Wattenmeer im Herzen tragen. Das Licht, die Weite und die ständige Veränderung durch die Gezeiten, die der Natur permanenten Wechsel verordnen, haben noch jeden gefangen genommen. Ohne auch nur eine einzige Auster verspeist zu haben.