Zugegebenermaßen habe ich mich bisher wenig mit dem Thema Fair Fashion auseinandergesetzt. Nachhaltige, faire Mode: Kann die auch stylish und vor allem erschwinglich sein? Im Berliner Stadtteil Neukölln schaue ich mir an, was faire Mode kann.

Stopp 1: Kollateralschaden

Wer auf außergewöhnliche Schnitte steht, der ist im Kollateralschaden genau richtig. Dennis Pahl und Philippe Werhahn setzen auf einen innovativen Kleidungsstil. Ihr charakteristisches Merkmal ist der Kragen. Ihn kann man formen und tragen, wie man möchte. Doch neben dem Design stehen hier vor allem folgende Aspekte im Vordergrund: öko, fair und lokal. Die zwei Berliner wollen auf die Schattenseite der Modebranche aufmerksam machen – und es selber besser machen. Kinderarbeit, vergiftetes Trinkwasser, verseuchte Böden, Unmengen an Müll – all diese Aspekte sind in der Modeindustrie Alltag – nicht beabsichtigt und dennoch in Kauf genommen.

Im Kollateralschaden setzt man insbesondere auf Slow Fashion. Das heißt: weniger Konsum durch höhere Qualität. »Erst wenn man ein Kleidungsstück mindestens 30 mal gewaschen hat, hat sich der Kauf der Klamotte richtig gelohnt,« sagt Philipp. »Fast Fashion ist das Problem unserer Gesellschaft. Gekauft, einmal angezogen und ab in die Tonne.« Philipp und Dennis geben zwei Jahre Garantie auf die Nähte ihrer Kleidungsstücke, eben um die Lebenszeit der Klamotte zu verlängern.

Einblick in Berliner Laden Kollateralschaden, Neukölln

Linda Ruckes

Kollateralschaden, Bürknerstr. 11, 12047 Berlin, Tel. 030 530 810 62, info@kollateralschaden.com


Stopp 2: Anyonion Strickdesign

Der Star des Ladens ist Anny. Nein, Anny ist nicht die freundliche Besitzerin, die stolz ihre Kleidung trägt, sondern die Nähmaschine. Aber was ist an ihr so besonders? Anny strickt direkt vor Ort! Die Kleidungsstücke kommen nicht aus Bangladesh, Indien oder China. Made in Berlin also.

Anny strickt »fully fashion«. Die Teile werden direkt in die Form gestrickt. Es muss nichts ausgeschnitten werden. Das bedeutet auch, dass die Kleidungsstücke oft aus nur einem Faden bestehen. Damit das gelingt, müssen die Maschen des Endwerkes genau geprüft werden, damit die Teile nicht aufribbeln. Hier muss alles stimmen.

Der Name Anyonion bezieht sich nicht nur auf die geliebte Nähmaschine, sondern auch auf den Zwiebellook und darauf, dass jeder die Mode tragen kann. Das kann ich nur bestätigen. Anyonion zeigt: Strick ist alles andere als altbacken! 

Strickmaschine im Anyonion Laden in Berlin-Neukölln

Linda Ruckes

Anyonion Strickdesign, Bürknerstr. 10, 12047 Berlin, Tel. 0151 56 103 106, shop@anyonion.de


Stopp 3: Sarkany-Schmuck

Verspielte Ketten schmücken die Wände, Ringe und Ohrringe machen sich auf den Auslagen breit – der Traum aller Frauen. Männer müssen sich hier geduldig zeigen, denn bis sich die Liebste sich für eins der der vielen Sarkany Schmuckstücke entschieden hat, können Stunden vergehen. Geometrische Formen und blumige Motive dominieren die kleinen Prachtwerke. Alle Motive wurden dabei selbst fotografiert. Kaufen kann man sie als Kette, Ohrringe, Ringe oder Postkarten. Bunter, verspielter Schmuck, zwar ist das nichts für jederman(n), aber niedlich sind die Stücke allemal. 

Schmuck aus der Detailansicht, Sarkany Schmuck

Linda Ruckes

Sarkany Schmuck, Bürknerstr. 10, 12047 Berlin, Tel. 030 2505 8184, info@sarkany-schmuck.de 


Stopp 4: Upcycling

»Wir machen das, was IKEA nicht macht.« Ladenbesitzer François Rossier ist stolz auf seine Arbeit. Gefundene Dinge werden neu arrangiert, er versucht praktische Lösungen für verlassene Objekte zu finden. Upcycling heißt sein kleiner Laden in der Hobrechtstraße.

Das Geschäft ist Laden, Werkstatt, Lager und Showroom in einem. Langsam wird es eng zwischen Holz, Plexiglas und Metall. Umziehen? Das kommt für den sympathischen Franzosen nicht in Frage. »Mir gefällt es in Neukölln. Ich mag die Atmosphäre und die Menschen.« Vergrößern, das wäre eine Option, umziehen nicht. Früher war François Regisseur, heute lebt er seine Leidenschaft zum Handwerk aus.

Stolz, das kann er auf seine Arbeit sein. Denn all seine Werke sind Unikate. Wer will schon einen 08/15-Schminktisch von Ikea, wenn er ein Unikat á la François haben kann? 

Im Upcycling werden aus alten Möbel neue hergestellt

Linda Ruckes

Upcycling, Hobrechtstr. 54, 12047 Berlin, Tel. 0170 4142 098, rossier@upcycling.mobi 


Stopp 5: Popova Showroom Fashion Modedesign 

Wirft man einen Blick in das Schaufenster des Popova Showrooms, bleiben vor allem die vielen Farben im Gedächtnis. »Ich will Mode schaffen, die du jeden Tag tragen kannst, wenn du Bock drauf hast. Aber eben auch abends zum Dinner, wenn du sie anders kombinierst.« Für Julia Tietze ist Berlin Inspirationsquelle und Heimatstadt zugleich. Sie will Kleidung schaffen, die unsere Bewegung illustriert. Zeitlos, leger und elegant, und auch sexy.

Während ihres Auslandsaufenthaltes in Barcelona hat Julia ihre kreative Ader entdeckt. Dass sie selbst die Kreativität in Person ist, erkennt man auf den ersten Blick: An ihren Körper schmiegt sich ein luftiges Kleid, gelbe Pfauenfedern zieren den Stoff. Um ihren Hals hängt ein Maßband. Aufgeweckt wirkt sie, voller Ideen. Ihre Kreativität zeigt sich in jeder Ecke ihres Ladens: bunte Strampler für Babys, selbst gedrehte Haarbänder, selbst gefärbte Batik-T-Shirts für Mann und Frau. Satt gesehen habe ich mich noch lange nicht an den Farben und Formen, die die Wände ihres Showrooms füllen. Doch es gibt noch viel in Neukölln zu entdecken. 

Bunte Kleidungsstücke im Popova Fashion Showroom

Linda Ruckes

Popova Showroom, Hobrechtstr. 18, 12047 Berlin, Tel. 0157 3773 9200, info@popova-fashion.com 


Stopp 6: Standard Saubere Sachen

Nachhaltig, luxuriös und innovativ: Katharina Beth und Katrin Hieronimus haben eine Passion für saubere Sachen, Verantwortung und Nachhaltigkeit. Deshalb gründeten sie ihren eigenen Laden, der genau das widerspiegelt: T-Shirts, Jacken, Schuhe, Taschen, Postkarten, auch wiederverwendbare Frischhaltefolie und veganer Nagellack bestücken das Sortiment.

Die Auswahl der Kleidungsstücke zeigt: Nachhaltige Mode ist hipp, modern und voll stylisch. Die Bomberjacke im trendigen Palmenmuster ist mir sofort ins Auge gesprungen. Die will ich haben. Leider ist das gute Stück ausverkauft, zumindest in meiner Größe. Schade, denn diese Jacke hätte im Gegensatz zu meinem H&M-Kleid nicht jeder.

Shoppingparadies, und das nachhaltig: Mode, Schmuck und Krims Krams

Linda Ruckes

Standard Saubere Sachen, Reuterstr. 53, 12047 Berlin, Tel. 0177 550 35 25/ 0179 460 33 88, post@standard-saubere-sachen.de


Stopp 7: Vienna House Easy Berlin

»Dein Eis tropft.« Beinahe hätte ich meine neu erstandenen Lieblingsteile voll getropft. Kokos und Rhabarber haben mich angelächelt, als ich vor der Eistheke im Fräulein Frost stand. Gurke-Minze-Zitrone, kurz GuMiZi, nehme ich bei meinem nächsten Besuch. Die Sonne lacht, der Himmel ist wolkenlos. Ein Grund, die Straßenbahn heute mal links liegen zu lassen. Stattdessen tragen mich meine Füße zurück Richtung Hotel, nach Prenzlauer Berg.

Im Vienna House Easy angekommen, wurde ich für meinen positiven Beitrag an die Umwelt belohnt: Ein grüner Apfel hängt in dem Stoffsäckchen an meiner Türklinke. Das Säckchen hatte ich gestern Abend nach draußen gehangen. Als Zeichen dafür, dass meine Bettwäsche und meine Handtücher nicht jeden Tag gewaschen und gewechselt werden müssen. Das spart vor allem Wasser. Als Belohnung erwartet die Gäste dann jeden Tag eine kleine Überraschung.

Ein erfolgreicher Shoppingtag neigt sich dem Ende, und das ganz ohne schlechtes Gewissen. Ich weiß, wo meine Klamotten hergestellt wurden, wer sie genäht hat und welchen Weg sie bereits hinter sich haben. Dabei sind sie nicht nur fair und nachhaltig produziert, sondern sehen auch noch super modern aus. Neidisch werden meine Freundinnen in Köln sein, wenn ich ihnen meine Shoppingausbeute zeige. Berlin-Mitte war gestern, Neukölln ist heute: modisch, nachhaltig und up-to-date.

Infos. Die Stopps waren Teil der »Hip, hipper Neukölln – von Boutique bis Schnauze«-Tour von art:berlin. Tickets für die Tour kann man online buchen, ab 12€. art:berlin bietet seit 1991 Stadttouren zu den wichtigsten Stationen der Kunst-, Kultur- und Stadtlandschaft in Berlin und Brandenburg an.  

art:berlin, Bessemerstraße 22, 12103 Berlin, Tel.: 030 68 91 50 08

Übernachtung. Im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, gleich an der Grenze zu Friedrichshain, befindet sich das Vienna House Easy Berlin. Der S-Bahnhof Landsberger Allee ist keine 200 Meter vom Hotel entfernt, so dass man bequem alle Ziele der Hauptstadt erreichen kann. DZ ab € 109,00 pro Nacht inklusive Frühstück  

Vienna House Easy Berlin, Storkower Str. 162, 10407 Berlin, Tel.: +49 30 666 444 0