Mitten im Atlantik in unmittelbarer Nachbarschaft zu Madeira liegt eines der wohl bestgehüteten Geheimnisse Europas: Porto Santo ist eines der letzten unbekannten europäischen Inselparadiese. Ein Mini-Inselchen mit neun Kilometern Strand und heilendem Sand. Grund genug, uns das Inseltraumpaar einmal anzusehen. Text: Ulrike Klaas

Traumstrand mit heilender Wirkung

Goldgelb wie zerschmolzene Butter wirft er sich im Sonnenlicht in Pose. Er ist zweifelsohne der Star der Insel und der Grund für Touristen, ihren Urlaub hier zu verbringen.

Der Strand von Porto Santo zieht sich fast neun Kilometer entlang der nur elf Kilometer langen Küste.

Ein Bilderbuchabend am Paradiesstrand. Nur in der Ferne nahe dem einzigen Steg der Insel registrieren meine Augen zwei sich bewegende Punkte. Ansonsten nur ich inmitten des leuchtenden Gelbs. Flugs ziehe ich mir die Schuhe aus und grabe die Füße tief in den Sand.

Der Traumstrand von Porto Santo, Portugal

Ulrike Klaas

»Der Sand hat therapeutische Wirkung«, wurde ich direkt beim Einchecken im Hotel Porto Santo aufgeklärt. Das etwas in die Jahre gekommene Hotel, wohlgemerkt die erste und lange Zeit einzige Unterkunft der Insel aus dem Jahr 1962, bietet in seinem neuen schicken Spa eine Hot-Sand-Therapie an. Bis zum Hals sitzt man in einer Wanne mit Porto-Santo-Sand, der auf 41 Grad erhitzt wird. Warum er heilende Wirkung besitzt?

»Er besteht aus pulverisierten Korallen und ist reich an Magnesium, Eisen und Calcium«,

hatte mir der nette Tomás an der Rezeption meine Frage beantwortet. Komme der erhitzte Sand mit der Haut in Kontakt, könne diese die gesunden Stoffe gut aufnehmen. Das Resultat: eine Linderung bei Rheuma, Hauterkrankungen und anderen Gelenk- und Muskelerkrankungen.

Ein kleines Idyll

Ich gönne mir eine kostenlose Sandtherapie, fast eine Einzeltherapie, so menschenleer, wie sich der Strand an diesem Abend zeigt. Die Hitze des Tages ist noch in den Körnern gespeichert und umschließt wohltuend warm die Füße. Irgendwann aber knurrt der Magen, und ich wandere am Strand entlang in Richtung Vila Baleira, dem Hauptörtchen, wo die meisten der rund 5.500 Inselbewohner leben. Ab und an klettern Holztreppen die Dünen hinauf, hinter denen sich chillige Cafés und Restaurants dezent ducken. Im Restaurant O Corsário direkt am Strand sitzend, blicke ich auf den schier endlosen Horizont, höre dem Rauschen des Meeres zu und beobachte die Sonne, wie sie sich bettet, während ich an einem Mojito nippe.

Und dann ist er da: der Urlaubsmoment. Die Zeit steht still – und die Entspannung beginnt.

Jeeptour über Porto Santo

Ulrike Klaas

Am nächsten Morgen gerate ich dennoch etwas in Stress. Ich habe eine Inseltour gebucht. Der Bequemlichkeit halber mit dem Auto anstatt dem Fahrrad, wie es viele Touristen tun. Rita fährt mit ihrem Jeep vor, der jeder Safari in Afrika standhalten würde. Ich dachte, auf Porto Santo geht es eher beschaulich als wild zu? Rita winkt ab. Was auch immer das zu bedeuten hat.

Rita ist Porto Santos einzige weibliche Jeep-Fahrerin.

Die wilde Inselfahrt beginnt

Zunächst schauen wir kurz in Vila Baleira vorbei. Keines der Häuser hat mehr als drei Stockwerke. Weiße, gut gepflegte Häuser wechseln sich mit leer stehenden, von der Natur überwucherten Baracken ab. »Das sind die Sommerhäuser der Gutsituierten aus Madeira und Lissabon«, erklärt Rita. Die portugiesische Regierung hätte das karge, beschauliche Inselchen mit dem ellenlangen Sandstrand lange wie einen Schatz gehütet und für sich beansprucht.

Noch heute reisen die Einwohner Funchals am Wochenende an, um das zu genießen, was sie nicht haben: hellen, feinsandigen Strand.

Über Stock und Stein bahnt sich der Jeep den Weg die Hügel hinauf und hinab. Mal fahren wir offroad, mal gemächlich die Straße entlang. Bis auf zwei, drei andere Jeeps, ebenfalls mit Touristen besetzt, begegnet uns niemand. »Der Tourismus ist mittlerweile der größte Arbeitgeber«, sagt Rita. Neben der Stadt, die Jobs wie Lehrer, Kindergärtner, Ärzte, Ingenieure und Polizisten böte. Ein Gefängnis gibt es allerdings nicht. Das sei nicht nötig.

Es geht beschaulich zu

Jeder kennt jeden. Man hilft sich aus. »Tauschgeschäfte wie drei Eier gegen einen Salat sind hier unter Nachbarn normal«, erzählt Rita.

Nur im August wird es lebhafter. An die 25.000 Touristen strömen dann nach Porto Santo.

»Auch dann ist der Strand nicht überfüllt«, sagt Rita. Montags ist internationaler Ab- und Anreisetag, dann landen die Flüge aus Düsseldorf und London. Noch im vergangenen Jahr waren die deutschen und die englischen Flüge an verschiedenen Tagen gelandet. »Im Vorfeld gab es viele Diskussionen darüber, wie man zwei internationale Ankünfte an einem Tag bewerkstelligen solle«, lacht Rita.

Es ist ein erstaunliches kleines Inselchen mitten im Atlantik, das ich an diesem Tag zusammen mit Rita erkunde. Angefangen bei den Klippen im Norden der Insel und den bizarren Formationen, die Wind und Wasser in die Bergrücken gezeichnet haben. Über den Fonte da Areia, einem Aussichtspunkt mit atemberaubender Sicht über den Atlantik mit tosender Gischt, die sich an der Steilküste die Zähne ausbeißt. Bis hin zu dem überdimensionalen Gorillakopf, der aus dem Wasser lugt, als sondiere er die Lage, sich bei genauer Betrachtung aber als Fels entpuppt.

Insel der Sehenswürdigkeiten?

Wir kommen vorbei an Weinreben, die der Wind flachgelegt hat und die dennoch unermüdlich weiter wachsen und den bernsteinfarbenen Inselwein Verdelho hervorbringen. Schlängeln uns auf schmalen Sträßchen durch stufenförmige Terrassen in den Berghängen, Überbleibsel einer Landwirtschaft, die neben der Fischerei die Einwohner ernährt hat. Machen einen Fotostopp an den pittoresken kleinen Windmühlen, die neben dem Sandstrand wohl das meistfotografierte Motiv der Insel sind.

jefras/Shutterstock.com

Bewundern den Pico do Facho, die höchste Erhebung der Insel von 517 Metern Höhe, und die drei weiteren Vulkankegel, die die 400-Meter-Marke knacken und sich im Norden der Insel versammeln. Staunen nicht schlecht, als wir oberhalb des 18-Loch-Golfplatzes im Südwesten Rast machen. Ein Profi-Golfplatz mitten im Nirgendwo – fast wirkt er ein wenig fehl am Platze. Fahren parallel zur Landebahn, die sich fast genau in der Mitte der Insel querlegt. Sie ist – niemand würde es vermuten – eine der längsten Portugals, deren Bau von der Nato in den 60er-Jahren mit finanziert wurde. Und nicht zuletzt schwelge ich im Hochgenuss, als ich das Nationalgericht – Schwarzer Degenfisch mit gebackener Banane – probiere.

Schließlich sind wir einmal herum

Und nun? »Heute ist Feiertag. Das Columbus Museum hat leider geschlossen, sonst hättest du dir das noch angucken können«, sagt Rita achselzuckend.

Columbus verbrachte damals einige Monate auf der Insel, verliebte sich in die Tochter des Gouverneurs, die er später auch heiratete.

Der gemeinsame Sohn Diego wurde dann 1480 auf Porto Santo geboren, erzählt mir Rita noch schnell die Geschichte des wohl berühmtesten Besuchers. Zu Columbus‘ Zeit wuchsen auch noch unzählbare Drachenbäume auf der Insel, die von den Siedlern allesamt abgerodet wurden. Gräser und Heidekrautgewächse bestimmen nun das Landschaftsbild.

Knapp drei Stunden hat die Rundum-Inseltour gedauert. Keine weiteren Sehenswürdigkeiten mehr. Ein beruhigendes Gefühl von Seltenheitswert.

Der Strand ruft. Ein Sonnenbad mit dem guten Gewissen, alles gesehen zu haben. Nichts lenkt ab von der Erholung.

Inselhopping: Ab nach Madeira

Außer der Gedanke, dass ich bald die Insel verlassen muss. Die Abendfähre nach Funchal wartet. Ein bisschen Bammel habe ich, schließlich pustet der Wind sich heute die Seele aus dem Leib.

Tausende blinkende Lichter – das ist mein erster Eindruck von Madeira, als die Fähre nach zweieinhalb Stunden in der Dunkelheit auf Funchal, die Hauptstadt, zusteuert. Ich bin froh, Land in Sicht zu haben, hat sich der Atlantik doch von seiner unruhigen Seite gezeigt. Ich checke im altehrwürdigen Belmond Reids Palace ein. Ein Fünf-Sterne-Haus mit reichlich Geschichte, ohne dabei verstaubt und eingerostet zu wirken. Am nächsten Morgen bin ich zunächst sprachlos. Beeindruckt von der Lage des Hotels hoch oben auf einer Klippe, der weitläufigen Poolanlage, dem Park, der einem exotischen Blumenparadies gleicht, der schwarz-weiß gefliesten Terrasse, die für ihren Afternoon-Tee bekannt ist, und dem reichhaltigen Frühstücksbuffet.

Die wunderschöne Insel Madeira, Portugal. Heimat von Christiano Ronaldo.

Tiago Aguiar

Zunächst fällt es mir schwer, mich nach der Einsamkeit auf die trubelige Blumeninsel Madeira einzulassen. Alles an der Landschaft ist höchstdramatisch: der dunkle Stein, der sich in sagenhaft steilen Klippen zum Atlantik hinabwirft. Die schwarzen Strände, die kaum einladend wirken. Die Bananenbäume, die so saftig-grün um die rot geziegelten Dächer wachsen, die ein wenig asiatisch anmuten.

Die kaum zu übertreffende Blumenpracht aus Bougainvillea, Geranien und Liebeslilien. Letztere ersetzen sogar die Leitplanken am Straßenrand, da sie genauso gut abfedern.

Der Kontrast zum kargen, von Erosionsfurchen geprägten Porto Santo mit seinem goldgelben Sand könnte kaum größer sein. Auch wenn beide Inseln durchaus Gemeinsamkeiten haben. Sie sind beide vulkanischen Ursprungs und bieten konstant gute Temperaturen, die auch im Winter nicht unter 18 Grad sinken. Dabei haben Atlantik und Luft nie eine größere Differenz als zwei Grad. Doch während Madeira geradezu nach Wanderurlaub und Aktivsein schreit, ist Faulenzer-Strandurlaub die einzige Urlaubsform, die Porto Santo zulässt. Und genau diese Unterschiede ergänzen sich wiederum ganz wunderbar. Eben die perfekte Urlaubssymbiose!

Wer, wie, was, wo

Anreise. Mit Condor von Düsseldorf direkt nach Porto Santo. Oder mit Condor von Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg nach Funchal, Madeira.  Zwischen Madeira und Porto Santo verkehrt eine Fähre, die circa zweieinhalb Stunden braucht. www.portosantoline.pt

Reiseveranstalter. Bei Olimar Reisen kann man Kombinationsreisen buchen. 7 Tage (4 Nächte Funchal, 3 Nächte Porto Santo) ab € 886 p. P. inkl. Frühstück, Hin- und Rückflug nach Funchal, alle Transfers, Fährüberfahrt Funchal-Porto Santo-Funchal, halbtägige Wanderung. Zudem kann man sich eine Kombinationsreise individuell zusammenstellen lassen und selbst Dauer, Hotel, Ausflüge etc. im Bausteinsystem frei wählen. Buchbar in jedem guten Reisebüro, telefonisch unter Tel. 0221 20590 490, info@olimar.com.

Wohnen. Auf Porto Santo: Das Hotel Porto Santo wird gerade teilweise renoviert, liegt ideal für den Strandurlaub einen Steinwurf vom Meer entfernt und bietet gute Küche. Bis zum Hauptort Vila Baleira sind es 25 Gehminuten. Eine Nacht im DZ kostet € 79. Auf Madeira im Belmond Reids Palace kostet die Nacht im DZ € 415.

Den ausführlichen reisen Exclusiv-Guide finden Sie hier.