Brandenburger und Berliner wissen: Der Spreewald ist da, wo das Wasser vor der Tür steht. Die lagunenartige Flusslandschaft becirct seit Jahrhunderten die Sinne der Besucher. Fast 1.000 Kilometer Wasserwege, romantische Kähne, die Kultur der Sorben und Spreewaldgurken bis zum Abwinken gibt es zu entdecken. Text: Frank Störbrauck
Anreise. Fast jeder hat schon vom Spreewald gehört, aber besonders im Westen Deutschlands beginnt oft das große Schulterzucken, wenn es darum geht, ihn genau zu lokalisieren. Und hier die Aufklärung: Rund 100 Kilometer südöstlich von Berlin befindet man sich in Lübbenau, dem Zentrum des Spreewaldes.
Wem die Anreise über die Autobahnen zu stressig ist, kann mit der Bahn fahren. Ab Berlin Hbf ist man eine Stunde mit dem Regionalexpress unterwegs, ab Dresden rund zwei Stunden.
Mit dem Flieger steuert man am besten den Flughafen BER an (80 Kilometer entfernt). Von dort geht’s weiter mit dem Auto oder der Bahn. Eine Alternative ist der Flughafen Dresden (ca. 100 Kilometer entfernt).
Im Schloss oder in der Kolonieschänke übernachten
Übernachtung. Eine der ersten Adressen im Spreewald ist Schloss Lübbenau. Das Vier-Sterne-Haus, 44 Zimmer und Suiten und einen Wellnessbereich bietet es, ist die richtige Unterkunft für alle, die es rustikal und heimelig mögen. Wer Glück hat, begegnet dem Hausherrn, Rochus Graf zu Lynar, persönlich. In der Winterzeit hat das Hotel einige Arrangements im Angebot. So können Gäste zum Beispiel drei Übernachtungen im Doppelzimmer inkl. Frühstück, 2- und 3-Gänge-Menüs, Schokofondue, Kutschfahrt und Massage ab 339 Euro pro Person buchen.
Ebenfalls sehr historisch kommt die Kolonieschänke mit 18 Gästezimmern in fünf verschiedenen Kategorien im benachbarten Burg daher. Was allen Zimmern gemein ist: eine natürliche Einrichtung mit unterschiedlichem, rustikalem Ambiente. Jedes der Zimmer ist komfortabel und stilvoll ausgestattet. Auf W-Lan und TV-Gerät müssen die Gäste allerdings verzichten. Wer sich daran nicht stört, findet hier ein ziemlich beschauliches Plätzchen in der Natur. DZ ab 68 Euro.
Das Kur- und Wellnesshaus Spreebalance im beschaulichen Burg heißt Gäste mit dem Bonmot »Willkommen lieber Gast, tritt ein, gib mir die Hand und bringe Glück!« willkommen. In dem schönen Fachwerkhaus wird Romantik und Wellness ganz besonders großgeschrieben. Alle, die eine Auszeit vom stressigen Alltag suchen, sei das Winter-Arrangement »Spreewaldromantik« ans Herz gelegt (bis Ende März 2018), inklusive drei Übernachtungen und vielem mehr.
Feine Küche im Linari, Gesundes bei Peter Franke
Essen. Im Linari, dem Restaurant von Schloss Lübenau, dreht sich im Advent alles um Gans und Ente. Mit dem Martinstag beginnt dort unter der Ägide von Schlossküchenchef Dirk Lehmann die Gänsezeit. Der Klassiker in der Weihnachtszeit wird als Braten oder Menü serviert, auch zum Mitnehmen für die heimische Küche. Immer sonntags zur Mittagszeit gibt’s einen deftigen Sonntagsbraten auf den Tisch. Zünftig dagegen wird es im Januar beim Eisbeinessen mit Musik von den Bertianern. Gespeist wird im Restaurant, in der Jagdstube oder – bei schönem Wetter – auf der Schlossterrasse.
Ein besonderes Kulinarikerlebnis ist der Besuch der Spreewald-Ikone und Frohnatur Peter Franke. Der um keine heitere Anekdote verlegene Koch setzt in seiner Kräutermanufaktur auf das aufgeflammte Interesse an Wild- und Heilpflanzen. In seinem Doppelstubenhaus in Burg kommt gemütliche Atmosphäre auf – von den köstlichen und gesunden Speisen ganz zu schweigen. Teilnehmer erfahren, dass sich Rote Bete, Topinambur und Pastinake nicht nur als Wintergemüse zur Beilage, sondern ebenso als Hauptgericht eignen. Termine und Preise gibt es hier.
Nicht minder unterhaltsam ist ein kulinarischer Abstecher zu Jörg Thiele. In seiner Kolonieschänke in Burg beglückt der durch die Fernsehsendung »The Taste« einem breiteren Publikum bekanntgewordene Jungkoch mit Kursen und gemeinsamem Essen. Wer lieber im Restaurant speisen möchte, kann sich z.B. an der »Sülze vom geräuchertem Spreewaldaal mit Speckcrunch« als Vorspeise und »Sauerbraten von der Rinderbacke mit aufgepumpten Rosinen, Kartoffelklößen und Spitzkraut mit Aroniabeeren vom eigenem Feld« versuchen.
Kahnfahrten im Spreewald
Unternehmungen. »Und das dem Netze dieser Spreekanäle nichts von dem Zauber von Venedig fehle, Durchfurcht das endlos wirre Flussrevier in seinem Boot der Spreewalds-Gondolier.« Schon Theodor Fontane war während seines Aufenthalts im Jahre 1853 begeistert von der Kahnfahrt durch den Spreewald.
Man kann es ihm nicht verdenken. Hunderttausende Besucher tun es ihm bis heute nach und lassen sich während einer Fahrt mit dem Kahn durch die Fließe alle Sinne betören. Ein guter Ort, um loszulegen, ist der Große Hafen der Kahnfährgenossenschaft in Lübbenau. Das volle Spreewaldprogramm erfahren Besucher während der acht- bis neunstündigen »Großen Tagesfahrt in den Hochwald«. Sie findet vom 15. Mai bis 15. September immer dienstags, donnerstags, samstags und sonntags ab 9:30 Uhr statt, Reservierung ratsam.
Im Advent lockt die Hafenweihnacht. Erst kann man über den Weihnachtsmarkt in Lübbenau schlendern, anschließend geht’s mit Wolldecke und Glühwein in den Kahn. Unterwegs unterhalten die Spreewälder Lutken die Weihnachtsmärkte mit Anekdoten. Ziel der Kahnfahrt ist der pittoresk anmutende Weihnachtsmarkt im Freilandmuseum Lehde. Er atmet den Charme vergangener Zeiten. Beim Bummel über den Handwerkermarkt trifft man die Spreewälder Geschenkebringer Bescherkind und Rumpodisch, schaut Holzfällern bei der Arbeit zu, lauscht in der Kinderstube einer Märchenerzählerin oder nascht von den Köstlichkeiten, die auf dem Markt feilgeboten werden. Zurück geht’s mit dem Kahn oder per Fackelwanderung.
In der Kahnschule ein richtiger Fährmann werden
Wer keine Lust hat, sich mit dem Kahn durch den Spreewald gondeln zu lassen, kann auch selbst Hand anlegen. In der Kahnschule Gahl nimmt man das Zepter, pardon, das Ruder selbst in die Hand und stakt eigenhändig durch die idyllische Landschaft. Während des Kurses werden die nötigen Techniken des Kahnfahrens vermittelt. Es werden aber auch Verhaltens- und Verkehrsregeln auf dem Wasser erklärt. Mit Zertifikat und Erkundungsdrang geht es anschließend auf eigene Faust durch die Fließe, vorbei an Wald und Wiesen – wie ein richtiger Fährmann eben!
Das Spreewald-Museum in Lübbenau verspricht Einblick in die Geschichte der Region. Hier kann man typischen Handwerkstätten, Lädchen und Geschäfte einer kleinen Spreewaldstadt um die Jahrhundertwende entdecken; so zum Beispiel einen Bäcker, Fleischer, eine Kneipe und einen Kolonialwarenladen. Aber auch der Handwerkskunst wird gehuldigt. So kann man eine originale Schuhmacherwerkstatt besuchen, Trachten im Textilladen anprobieren oder dem Kürschner beim Verarbeiten edler Pelze über die Schulter schauen. Tipp: die Lübbenauer Ostereimesse. Im Mittelpunkt stehen kunstvoll gestaltete Ostereier von über 30 Händlern.
Wer den Spreewald betritt, ist schnell fasziniert vom Zauber der Natur. Neugierige Besucher werden sich schnell fragen: Wie ist diese wunderschöne Landschaft eigentlich entstanden? Welche Tiere und Pflanzen leben hier? Wo finde ich den Biber?
Antworten auf diese Fragen und vieles mehr finden Besucher im Informationszentrum des Biosphärenreservates im Haus für Mensch und Natur in Lübbenau. Geöffnet ist das Infozentrum im Sommer (April bis Oktober) dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr und im Winter (November bis März) dienstags bis freitags von 10 bis 15 Uhr. Bei fünf Naturerlebniswanderungen in Schlepzig und Lübben können Familien mit Kindern und Kindergruppen individuell und altersgerecht den Spreewald erkunden. Infos und Anmeldung u.a. unter der Tel. 035472-276.
Ausflug nach Cottbus
Sieht man einmal von den Thermen und den Museen, ist der Spreewald ziemlich outdoor-lastig. Klar, bei einer solchen Naturschönheit kein Wunder. Wenn dann aber einmal schlechtes Wetter ist, könnte – gerade bei Kindern – der Haussegen während des Urlaubs schnell schief hängen. Warum also nicht einen Ausflug in die Stadt unternehmen? Die Rede ist nicht von Berlin, sondern von Cottbus. Die schmuck sanierte Altstadt rund um den Altmarkt, der Grüngürtel an der Spree, die Stadtmauer und der Platz um das Staatstheater laden zum Flanieren ein. Zum Pflichtprogramm gehört der Branitzer Park samt Schloss und Museum. Der schöne Landschaftsgarten mit seinen Pyramiden des Orient-begeisterten Fürsten, die Gartenflächen entlang der Wasserläufe und die bunte Pflanzenwelt laden zum Flanieren ein.
Auch schön: die Klosterkirche, auch »Wendische Kirche« genannt. Von Ende März bis Ende Oktober empfiehlt es sich, eine Abendführung mit dem Cottbuser Postkutscher mitzumachen (jeden Samstag ab 18 Uhr, 7 Euro).
Entspannen lässt es sich in der Spreewald Therme in Burg. Im SoleBad laden sieben Badebecken und ein Warmaußenbecken mit Strömungskanal mit Temperaturen zwischen 18 und 38 Grad und unterschiedlichen Solekonzentrationen ein. In der Saunalandschaft gibt es ein Sanarium, Caldarium, Dampfbad, eine Aufgusssauna sowie eine Feuer- und Spreewaldsauna. Die Tageskarte ist für 32 Euro zu haben (inkl. Nutzung des Fitnessstudios und Kursbesuchen).
Osterfeiern, Lichtnacht-Kahnfahrten und Festungsspektakel
Veranstaltungen. Die Osterfeierlichkeiten haben im Spreewald eine lange Tradition. Auf der großen Ostereimesse im Spreewald werden traditionelle sorbische Ostereier präsentiert – entweder zum Kaufen, Schauen oder Selbstgestalten. Über 30 Künstler zeigen ihr Handwerk.
Im Sommer locken die Spreewälder Lichtnacht-Kahnfahrten. Besucher können den Spreewald dann in einer ganz besonderen Atmosphäre entdecken. Denn obwohl die Fahrten erst um 22 Uhr beginnen, wird es während der Entdeckungsreise keineswegs ganz dunkel. Denn während der Kahnfahrt werden Lichter sichtbar. Bäume, Brücken und Häuser leuchten in verschiedensten Farben – ein ziemlich einzigartiges Erlebnis. Die Fahrt kostet im Vorverkauf 22 Euro.
Die Stadt Senftenberg lädt im Sommer zum Großem Festungsspektakel in Sachsens Festung in Brandenburg ein. Besucher erwartet dabei ein Kanonendonner und barocke Festkultur aus dem 18. Jahrhundert. Schaugefechte, ein großes Feldlager, Musik, Barocktanz, Handwerk und ein historischer Markt laden zu einer Zeitreise in die Vergangenheit ein.
Muss in den Koffer: Spreewaldgurken, Kräuter und Meerrettich
Mitbringsel. An typischen Leckereien mangelt es dem Spreewald nicht. Was wohl jeder kennt: die Spreewaldgurke. Das feuchte Klima des Spreewalds, die Struktur des Bodes und die hohe Wasserqualität bieten ideale Bedingungen für den Anbau. Rund 40.000 Tonnen Gurken werden jährlich geerntet. Wer seinen Liebsten etwas mitbringen möchte, sollte neben den Gurken handgemachte Marmeladen, Wurstwaren und Meerrettich mitnehmen. In Cottbus sollte man das Brandenburgische Apothekenmuseum besuchen. Im angeschlossenen Shop werden unzählige Kräuter, z.B. für Teemischungen, verkauft (dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr).
Persönlicher Tipp. Haben Sie schon einmal den Baumstriezel probiert? Bestimmt, oder? Wenn nicht, tun Sie es unbedingt im Spreewald. Hier schmeckt er gleich doppelt so gut. Besonders in der Weihnachtszeit findet man Händler, die ihn frisch zubereiten: Ein mit dem Teig umwickeltes Holzglut wird dabei auf zwei mit halbrunden Kerben versehen Ziegelsteinen über der Glut gedreht.
Nicht ohne Karte lospaddeln
Besser nicht …
… im Sommer auf Mückenschutz verzichten. Die Stechviecher können für Unbedarfte an feuchten Sommerabenden im Spreewald zum Alptraum werden. Daher gut eincremen!
… den Winter unterschätzen. Besonders wer aus dem Breisgau, Rheinland und vom Niederrhein kommt, wird an manchen Wintertagen im Spreewald feststellen: Ganz schön knackig kalt hier. Daher Schal, lange Unterhose und Handschuhe nicht vergessen.
… bei den Naturwanderungen und Kanufahrten erwarten, dass einem der Biber vor die Nase läuft. Er ist meist nachtaktiv und nimmt oft Reißaus, wenn er Menschen hört und sieht.
… ohne Karte allein mit dem Kanu in die Tiefen des Spreewaldes paddeln – hier hat sich schon manch einer verirrt.
… Spreewaldkrimi-Atmosphäre pur erwarten. Denn so düster und schaurig wie in der ZDF-Krimireihe ist der Spreewald dann doch nicht.
Spreewald-Reiseführer-Tipp
Reiseführer. Der Reiseführer »Spreewald« aus dem Trescher Verlag stellt mit Lübben, Lübbenau und Burg die Touristenzentren des Spreewaldes vor, führt seine Leser jedoch auch zu weniger bekannten Orten wie der Slawenburg bei Raddusch oder der Spreeaue bei Dissen. Auch der nahe gelegenen Stadt Cottbus und dem berühmten Branitzer Park widmet er ein eigenes Kapitel. Die fundierte Einführung in die landschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung der Region vermittelt Hintergrundinformationen zu Schleusen, Sagengestalten, der sorbischen Sprache und vielem mehr. Mit detaillierten Tourenbeschreibungen zu Wasser und zu Land, zahlreichen Hinweisen für Tagesausflüge und umfangreichen Empfehlungen für Wellnesswochenenden wendet sich dieser Reiseführer gleichermaßen an Aktivurlauber, Familien und Kulturtouristen.
Infos. Tourismusverband Spreewald, Raddusch, Lindenstr. 1, 03226 Vetschau/Spreewald, Tel. 035433-72299. und auf der Website von Tourismus-Marketing Brandenburg.