Leonardo da Vinci gilt als der größte Universalgelehrte aller Zeiten. Er war Maler, Ingenieur, Philosoph, Naturwissenschaftler, Musikant, Querdenker. In diesem Jahr jährt sich am 2. Mai sein 500. Todestag. Stefan Weißenborn verrät, was sich Reisende im Da-Vinci-Jahr 2019 ansehen sollten.

Das Jubiläum wird die Faszination an Leonorado da Vinci weiter nähren und auch den Tourismus ankurbeln – etwa in der Toskana, wo er aufwuchs oder auf dem Loire-Schloss, in dem er starb, mancher Überlieferung nach sogar in den Armen des weinenden König Franz I. In diese Kreise hatte es der umtriebige Leonardo geschafft, der kaum ein Projekt abschloss, vieles begann und ausprobierte und so aus eher prekären Verhältnissen als unehelicher Sohn einer 16-jährigen Magd geboren und beim Großvater aufgewachsen zu der Lichtgestalt der italienischen Renaissance avancierte.

Portrait Leonardo da Vinci

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Wo alles begann: da Vinci, Toskana

Der Geburtsort: Der Name sagt es: da Vinci. Aus dem toskanischen Vinci stammt der Universalgelehrte, der dort 1452 als unehelicher Sohn einer Magd und eines Notars geboren wird. Schon als Kind interessiert sich der kleine Leonardo für Naturphänomene wie das variierende Blau des Himmels.

Mit außergewöhnlicher Begabung zeichnet er Landschaften und Tiere, fertigt Portraits an. Der Vater, der das Talent erkennt, schickt den Sohn zur Ausbildung in die Werkstatt des Bildhauers und Malers Andrea del Verrocchio in Florenz. Im Vinci-Ortsteil Anchiano empfängt das Geburtshaus da Vincis Besucher. Allerdings ist wissenschaftlich nicht belegt, dass in dem sich als Casa natale die Leonardo da Vinci vermarktenden Steinhaus der kleine Leonardo tatsächlich das Licht der Welt erblickte. Die dortige Dauerausstellung zeigt eine Sammlung von Modellen, die nach da Vincis Zeichnungen angefertigt wurden. Seine weltbekannten Gemälde hängen allerdings woanders.

Sein berühmtestes Bild: die Mona Lisa

Das Gemälde: Bereits in der Ausbildung bei Andrea del Verrocchio arbeitet Leonoardo da Vinci neben Tonmodellen an Gemälden. Sein bekanntestes, das zu einem der berühmtesten und geheimnisvollsten Werke der Geschichte werden soll, fertig da Vinci um das Jahr 1503 an. Die Mona Lisa reist allerdings über Jahre an der Seite da Vincis, der es dem Auftraggeber nie aushändigt.

Mona Lisa hinter Busch

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Da Vinci wendet eine neue Maltechnik an, mit der er die Mona Lisa über Jahre immer weiter verfeinert. Stark verdünnte Ölfarben trägt er Schicht für Schicht auf, dadurch verschwimmen die Konturen, da Vinci perfekte Frau bekommt etwas Entrücktes, das vor allem die Kunstwelt des 20. Jahrhunderts, zu dessen Beginn die »Mona Lisa« einmal geraubt wird, inspiriert.

Andy Warhol kolorierte sie in den 1960er-Jahren nach, Marcel Duchamp verpasste dem bekannten Grinsen respektlos einen Schnäuzer, in Film und Literatur übernahm Mona Lisa diverse Rollen. Wer das Original besichtigen möchte, muss den Pariser Louvre besuchen, wo das Renaissance-Werk seit über 200 Jahren hängt, nachdem es das Schlafgemach Napoleons geschmückt hatte.

Louvre in Paris

Chris Karidis

Eine vermutlich von einem da-Vinci-Schüler angefertigte Kopie befindet sich in der Sammlung des Prado in Madrid. Das wohl zweitbekannteste der insgesamt nur 14 erhaltenen Gemälde des italienischem Genies, das Wandgemälde »Das Abendmahl«, schmückt seit 1498 in vollendeter Pracht das Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie in Mailand aus.

Da Vincis Erfindungsgeist kannte kaum Grenzen

Das Gerät: Da Vinci studiert den menschlichen Körper, die Natur, ersinnt Maschinen und Geräte, die zivilen wie kriegerischen Zwecken dienen. Viele Projekte beginnt der von Neugier getriebene Wissensdurstige, ohne sie zu beenden. Oft existieren von seinen Ideen nur Zeichnungen und Skizzen, wie sie funktionieren sollten, teils sind sie fehlerhaft, als habe er sie absichtlich vor Nachahmern schützen wollen. Sein Lebenswerk umfasst tausende Manuskriptseiten, die da Vinci größtenteils in Spiegelschrift verschlüsselte. Nachbildungen seiner Geräte und Maschinen sind etwa im Mailänder Technikmuseum zu sehen.

Altes Buch von Leonardo da Vinci

Adam Winger

Unter ihnen ist auch eine, die kaum ein Tauchtourist in Lagunen, Riffen und türkisen Unterwasserwelten mehr missen möchte: ein Taucheranzug, der die Versorgung mit Atemluft unter Wasser sicherstellen sollte. Um 1500 stellt da Vinci seine Tauchvorrichtungen in Skizzen dar. Er befasst sich mit einem Brustschutz gegen den Wasserdruck, dem Abführen verbrauchter Luft. Allerdings dachte der Mann mit der Lockenmähne nicht an moderne Sporttaucher, sondern daran, wie sich Venedig mit einer Unterwasserarmee gegen Invasoren wehren könnte: Leonardos Zeichnung zeigt neben dem Taucheranzug eine Vorrichtung zum Anbohren feindlicher Schiffe.

Auf da Vincis Spuren in Italien wandern

Die Wanderung.  Die Jahre zu Beginn des 16. Jahrhunderts sind da Vincis Wanderjahre. Sein Multitalent als Musiker, Architekt, Künstler und Ingenieur, seine Umtriebigkeit auf der Suche nach Aufträgen sowie diverse Dienstverhältnisse, aber auch Kriegswirren führen ihn von Mailand aus durch Mittelitalien, an die Adriaküste, nach Rom und schließlich wieder zurück in die Toskana.

Landschaft in der Toskana

Anton Sulsky

In der von Olivenhainen und Weinhängen geprägten Kulturlandschaft des Rennaissance-Kernlands kann man heute auf den Spuren da Vincis wandern – auf eigene Faust oder über Angebote von Spezialanbietern, die zum Beispiel nach Montalbano führen, wo Leonardo seine ersten Naturbeobachtungen und Skizzen machte, oder an den 414 Meter hohen Monte Ceceri nördlich von Florenz, an dessen hängen seine Flugversuche zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit selbstgebauten Geräten scheitern.

Zeichnung von Leonardo da Vinci

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Sein Assistent soll sich dabei Rippen und ein Bein gebrochen haben. Die Ergebnisse des Experiments hält da Vinci im berühmten »Kodex über den Vogelflug« fest, der ihn zum frühen Begründer der Bionik qualifiziert, die sich Naturphänomene technisch nutzbar macht. An die historischen Ereignisse erinnert am Monte Ceceri ein Gedenkstein.

Wanderreisen gibt es unter anderem bei Michelangelo Travel, bei Wikinger Reisen oder bei Berr Reisen.

Ruhestätte im Château du Clos Lucé

Die Ruhestätte: Nach seiner Zeit am Vatikan, in der er vom Papst wegen seiner als pietätlos abgestempelten anatomischen Studien mehr geduldet als geschätzt wird, nimmt da Vinci die Einladung des französischen Königs Franz I. an, nach Frankreich zu kommen, um als »erster Maler und Ingenieur des Königs« zu dienen. Ab 1517 verbringt das ergraute Universalgenie im Château du Clos Lucé bei Amboise an der Loire seine letzten Lebensjahre.

Château du Clos Lucé

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Der Mann, den der französische Souverän nur »Vater« nannte, verstirbt dort in seinem Schlafgemach vor 500 Jahren am 2. Mai 1519, Historikern zufolge sogar in den Armen des weinenden Souveräns. Seine Gebeine ruhen heute unter einer Grabplatte in der Hubertuskapelle von Schloss Amboise – es ist jedoch umstritten, ob es sich dabei tatsächlich um da Vincis Überreste handelt. Die Betreiber von Château du Clos Lucé als letztem Wohnsitz aber versprechen, auf einer Tour durchs Schloss sei da Vincis Geist stets anwesend. Sein letzter Willen war, dass sein Nachlass mit Manuskripten, Zeichnungen, Instrumenten und seinen bei ihm verbliebenen Kunstwerken in die Hände seiner Lieblingsschüler fallen sollte. Nach deren Tod aber verteilt sich das Erbe des großen Genies vorübergehend in alle Winde.

Wo Leonardo da Vincis Hinterlassenschaften heute zu sehen sind

Dem Jubiläumsjahr widmet sich im Pariser Louvre eine große Retrospektive.

Besucher im Louvre in Paris

Alicia Steels

Die Uffizien in Florenz beheimaten den weltweit größten Da-Vinci-Bestand. Weitere Gemälde hängen in der Eremitage in Sankt Petersburg (»Madonna Benois«), in der National Gallery of Art in Washington (»Bildnis der Ginevra de’ Benci«) oder im Vatikanischen Museum in RomDer heilige Hieronymus«). Einziges dauerhaft in Deutschland beheimatete Gemälde ist die »Madonna mit der Nelke« aus Leonardos Florentiner Lehrjahren, das zur Sammlung der Alten Pinakothek in München zählt. Das teuerste je versteigerte Gemälde wird auch da Vinci zugeschrieben, obwohl wenig dafür spricht: »Salvator Mundi« brachte 2017 bei Christie’s in New York 397 Millionen Dollar ein und soll künftig im Louvre Abu Dhabi zu sehen sein. Seine Enthüllung dort wurde jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben.