Fern von jeglichem Massentourismus geht es im nördlichsten der Vereinigten Arabischen Emirate eher gemütlich zu. Ein bisschen Jasmintee trinken und den Scheichs beim Quasseln zuhören, anschließend im Souk Tücher kaufen und bei schönem Wetter könnte sich sogar ein Abstecher ins Hajar-Gebirge lohnen. Text: Andreas Dauerer

Erst einmal vorstellen

»Mein guter Name ist Mohammed«, erklärt uns der Mann hinter dem Lenkrad, ganz ins weiße arabische Gewand, Dhishdasha genannt, gehüllt. »Mein böser lautet Nadr«, fährt er fort, als niemand im Auto auf seinen fragenden Blick in den Rückspiegel reagiert, der durch die dicke RayBan auf seiner Nase nicht wirklich zu erkennen ist. »Ihr könnt dann selber entscheiden, wie ihr mich nennen wollt, je nach Situation.« Noch kann er nicht viel falsch machen. Es ist acht Uhr morgens, die Klimaanlage im Jeep ist wohltemperiert, was bei 36 Grad und mehr auch anzuraten ist, und auf der breiten Emirates Road, die Dubai und das 100 Kilometer entfernte Ras Al Khaimah verbindet, könnte sogar sein zwölfjähriger Sohn unbeschadet in die Stadt kommen. Aus den Boxen wimmert arabischer Singsang, der sich mit dem stetigen Piepton vermischt, den das Auto von sich gibt, wenn Nadr wieder einmal das Gaspedal zu sehr durchdrückt und die Nadel jenseits der 120 Stundenkilometer zappelt.

Gordonontour/flickr.com

Also alles im grünen Bereich

Und das ist nicht nur sprichwörtlich gemeint. Weil das nördlichste Emirat mit zahlreichen Gebirgszügen gesegnet ist, regnet es hier häufiger als etwa in Dubai oder Abu Dhabi. Von kleinen Ausnahmen mal abgesehen, wird das jedoch vor allem in den Wintermonaten sichtbar. Dann nämlich fungieren die Getreidefelder sowie die Gemüse- oder Obstplantagen als grüne Verschnaufpausen in der sonst so kargen, ockergelben Wüstenlandschaft. Doch der Winter dauert in der Regel nur von Dezember bis April. Die meiste Zeit des Jahres wird deshalb künstlich bewässert. Und fast scheint es so, als durchzögen schwarze Wasserschläuche das ganze Land, damit die Rasenflächen in der Hauptstadt auch das ganze Jahr über saftig grün leuchten.

Das Thermometer klettert 42 Grad 

Mohammed bremst, und wir stolpern aus der angenehmen Kühle geradewegs in die Gluthölle Arabiens. Das Thermometer ist binnen einer Stunde auf 42 Grad geklettert, und auf dem riesigen Parkplatz vor der größten Moschee Ras Al Khaimahs herrscht gähnende Leere. Nur ein Arbeiter verirrt sich auf den Vorplatz, um ein wenig zu fegen. Wer schon andere Emirate besucht hat, wird beim Anblick der Scheich-Zayed-Moschee ein Déjà-vu bekommen. In allen sieben Emiraten steht ein Abbild, das an den prunkvollen Bruder in Abu Dhabi erinnert. Doch auch diese Miniausgabe kann sich sehen lassen. Ihre Gelbtöne strahlen um die Wette, und die goldenen Halbmonde auf den Minaretten glänzen unter der unbarmherzigen arabischen Sonne. Besucht man anschließend die älteste Moschee im alten Stadtkern, wird man unweigerlich enttäuscht werden. Minarette sucht man an dem spröden, nicht gänzlich hässlichen, aber älteren Flachbau vergebens. Dutzende weiß getünchte Säulen halten im Inneren das Dach zusammen, und jede einzelne beherbergt in einer kleinen Nische mindestens eine Ausgabe des Korans. Ein Umstand, der den Gläubigen wichtiger sein dürfte als ein prunkvolles Gebäude.

 

Doch was wäre ein Besuch einer arabischen Stadt ohne eine Stippvisite auf dem Souk?

Ungefähr 500 Geschäfte sind es in Ras Al Khaimah, die ihre Waren Tür an Tür unter das Volk bringen möchten. Von kleinen Petroleumlampen über Sättel für die Kamelrennen bis hin zu quietschbunten aufblasbaren Gummitieren und Tausenden von Stoffen ist die Bandbreite entsprechend groß. Natürlich bekommt man hier auch alles, was die Scheichs am Leibe tragen, wenngleich diese Kleidung hierzulande wohl nur zum Karneval ans Licht geholt werden dürfte. Wer nicht direkt zu den Kaufwütigen gehört, der lässt sich auf einen Jasmintee mit leckeren Datteln nieder und beobachtet das bunte Treiben aus der Statistenrolle. Die Frauen, in ihre schwarze Abaja gehüllt und nur mit dem Farbklecks aus Einkaufstüten ausstaffiert, auf der einen, und die in Weiß gewandeten Männer, die unmittelbar neben einem auf der Bank sitzen, mit oder ohne Handy am Ohr ins Gespräch vertieft sind und ab und an ihren Tee schlürfen, auf der anderen Seite.

Sam Nabi/flickr.com

Zur schönen Aussicht

»Auf in die Berge«, ruft Mohammed, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er den schönsten Aussichtspunkt kennt, von dem man nicht nur in den Oman, sondern sogar über das Meer hinüber in den Iran sehen kann. Vorbei an ausgetrockneten Wadis und vereinzelten, teils verfallenen Steinhütten der Bauern, vorbei an Ziegenherden und alten Wachtürmen, die ein klein wenig von der reichen Geschichte zeugen, geht es hinauf auf knapp 1800 Meter. Statt zu arabischem Singsang pfeift Nadr jetzt zu »Cheri Cheri Lady« von Modern Talking, und die wachsenden Unmutsbekundungen aus dem Fond quittiert er mit einem »Old is gold« und einem Anheben der Lautstärke.

70 Minuten Serpentinen und Ruckelpiste können da verdammt lang werden. Nachdem »You’re my heart, you’re my soul« zum dritten Mal verklungen ist, dürfen wir Nadrs Auto endlich verlassen. Leider ist der Aussichtspunkt so mäßig wie die Lieder von Modern Talking: Man sieht so gut wie nichts. Der nachmittägliche Wind hat den Sand in die Höhe getrieben, und mit viel Fantasie sieht man gerade mal das Meeresufer. Vom Oman oder Iran fehlt jede Spur. Mohammed ist’s egal. Er freut sich schon jetzt auf die Rückfahrt mit uns. Und sein Alter Ego Nadr auf seine Lieblingsband.

Anreise. Flüge nach Dubai, etwa mit Oman Air von Frankfurt a. M. oder München. Anschließend mit dem Shuttle nach Ras Al Khaimah.

Veranstalter. Asian Adventure organisiert individuelle Luxusreisen nach Ras Al Khaimah und in die übrigen Emirate

Schlafen. Fünf-Sterne-Hotel Banyan Tree Al Wadi mitten in der Wüste. 7 Übernachtungen mit Frühstück in einer Al Rimal Deluxe Pool Villa ab 2.090 Euro pro Person (im DZ) inkl. Flug sowie einem Dinner und einer 90-minütigen Spa-Behandlung im Resort. Buchung unter www.asian-adventure.de, Tel.: 02104 97310, per E-Mail: info@asian-adventure.de