Vorbei sind die Zeiten, als Malaga noch hässlich und das Schmuddelkind der Costa del Sol war. Heute lockt Andalusiens größte Küstenmetropole mit einer blitzesauberen Altstadt, mit Museen und Kulinarik zum Dahinschmelzen. Und auf die Sonne ist eh Verlass. Text: Frank Störbrauck

Das junge Pärchen aus China gibt sich alle Mühe. Irgendwann muss er doch gelingen, der perfekte Schnappschuss. Sie, vielleicht Mitte 20, räkelt sich am Brunnenrand und zieht nun schon seit fünf Minuten lasziv ein Duck Face. Ihr Freund kniet und bewegt sich derweil einige Meter vor ihr in allen möglichen Positionen hin und her. Klick, klick, klick. Ja, das müsste es nun sein. Aber vorbei ist das kleine Shooting auf dem Platz vor der Santa Iglesia Catedral Basílica de la Encarnación in Malaga noch lange nicht.

Santa Iglesia Catedral Basílica de la Encarnación in Málaga

Frank Störbrauck

Denn nun kommen wir ins Spiel. Er kommt nämlich auf uns zu.

»Excuse me?«, fragt er und zeigt mit dem rechten Zeigefinger auf seine Uhr. Was will er bloß? Sollen wir ihm auf Spanisch die Uhrzeit sagen? Will er uns gar seine Uhr verkaufen? Nichts da. Nada. Auf seiner Hightechuhr, die er selbstbewusst am Arm trägt, können wir einen Text lesen. Extra für uns. »¿Podrías por favor tomarnos una foto?« Wow. Nicht schlecht, diese Uhr. Eine Uhr, die einen mal eben die eigenen Wünsche in die Landessprache übersetzt. Aber klar doch, si, si, antworten wir. Das bekommen wir doch hin mit dem Foto von den beiden. Knips, knips, knips. Zufrieden schaut das Pärchen auf die Fotos, die wir geknipst haben. Sehr schön – adios, mis queridos!

Málaga am frühen Sonntagmorgen: eine Oase der Ruhe

Ein paar Minuten zuvor träumte ich noch vor mich hin. Ich war schon oft in den großen Städten Spaniens unterwegs. Madrid, Barcelona, Valencia, Sevilla. Aber noch nie bin ich so früh am Morgen fast allein in den Gassen einer spanischen Großstadt unterwegs gewesen – und war dabei so fasziniert von ihrem Charme. Keine plärrenden Bar-Besucher, keine marktschreierischen Sonnenbrillenverkäufer, keine Familien mit quengelnden Kindern. Weit und breit waren nur wenige Touristen unterwegs. Keine Frage: Es war eine gute Idee, so früh am Sonntagmorgen aufzubrechen. Malaga ist noch im Tiefschlaf. Die Stadt erholt sich von der langen Samstagnacht.

Málaga mit seinen über 320 Tagen Sonne im Jahr und seinem mediterranen Lebensgefühl ist eine Verlockung sondergleichen. Die Stadt ist nicht so überlaufen wie Barcelona, wo die Einheimischen mittlerweile die Nase vollhaben von den vielen Touristen. Besonders in den Herbst- und Wintermonaten gibt es selbst in der quirligen Innenstadt Orte, in denen man ganz allein ist.

Die Altstadt ist Malagas Prestige- und Vorzeigeort. Die Stadtverwaltung und private Investoren haben in den letzten Jahrzehnten viel investiert. Es wurde gehämmert, gebaut, restauriert. Herausgekommen ist dabei ein Schmuckstück neben dem anderen.

Plaza de la Constitucion in Malaga

Frank Störbrauck

Die Gegend rund die Plaza de la Constitucion, das Herz der Altstadt, die im Westen durch das Flussbett des fast schon vertrockneten Rio Guadalajara (wirklich leider nur noch ein Schatten seiner selbst) und im Osten durch die Festung Gibralfaro begrenzt wird, ist heute der Hotspot für Einheimische wie für Touristen.

Málaga lockte in den vergangenen Jahren immer mehr Touristen an

Und die Letztgenannten kommen in Scharen. Denn Malaga ist im Aufwind. Seit Jahren schon. Das Instituto Nacional de Estadística, das nationale Amt für Statistik, spuckte im Herbst letzten Jahres die neuesten Zahlen heraus. 122.040 Reisende besuchten demnach im Oktober 2017 die Stadt. Im Oktober 2010 waren es knapp 87.000. Das ist eine Steigerung von fast 50 Prozent binnen sieben Jahren. Allein zwischen Januar und Oktober 2017 besuchten mehr als 60.000 Deutsche die Stadt. Und die meisten von ihnen strömen in die Altstadt.

Neben mehreren Dutzend gemütlicher Tapas-Kneipen, Szene-Cafés und schicken inhabergeführten Modeboutiquen auf der Haupteinkaufsstraße Calle Marqués de Larios ist hier auf wenigen Quadratmetern eine ganze Menge von dem zu finden, was man sich in Málaga unbedingt ansehen sollte: allen voran das Geburtshaus von Pablo Picasso, das Museo Picasso und die Alcazaba.

Die Alcazaba ist auch mein Ziel an diesem Vormittag. Die wuchtige Festungs- und Palastanlage thront dominant über der Stadt. Sie wurde im 11. Jahrhundert erbaut und war Palast und Festung der muslimischen Herrscher der Stadt.

Unten am Eingang, an der Calle Alcazabilla, ist ein kleines Kassenhäuschen aufgebaut. Besucher, die Eintritt begehren, zahlen 2,50 Euro. Wer mag, kann sich einen Info-Flyer einstecken. Auch in deutscher Sprache. Es ist noch ruhig an diesem Sonntagvormittag.

Eingang Alcazaba in Malaga

Frank Störbrauck

Ein paar Dutzend Touristen tummeln sich in der Anlage, vorwiegend Familien und Senioren. Die meisten von ihnen flanieren ohne Reiseführer durch die Anlage. Durch das Tor »Puerta de la Boveda«, auf gepflasterten Wegen und vorbei an pittoresken Brunnen sowie akkurat geschnittenen Rosensträuchern und Orangenbäumen bis zum Herz der Anlage. Wer sich die Mühe gemacht hat und bis nach ganz oben zum Turm von Maldonado gestiegen ist, wird mit einem formidablen Ausblick über den Hafen und die Stadt belohnt.

Museo Picasso und Museo Automovilístico

Von hier oben erblicke ich einen der Museumshöhepunkte der Stadt: das Museo Picasso. Es beherbergt im Palacio de Buenavista in der Calle San Augustinfür viele Einwohner und Touristen die schönste Straße der Stadt – über 200 Meisterwerke des Ausnahmekünstlers. Dazu muss man wissen: Picasso ist das berühmteste Kind der Stadt. Schon zeit seines Lebens äußerte Picasso den Wunsch, dass auch in seiner Geburtsstadt seine Kunstwerke gezeigt werden können. Aber erst 1997, als Picassos Familie der Stadt Malaga Dutzende Werke übergab, wurde der Plan in die Tat umgesetzt. Besuchern wird hier ein bunter Strauß an Picasso-Kunstwerken geboten: viele Gemälde, natürlich. Zeichnungen, Skulpturen und Keramiken. Und auch kurzweilige Filmchen, die den Künstler bei der Arbeit zeigen.

Einen eher ungewöhnlichen Ausstellungsmix findet man im Museo Automovilístico de Malaga auf dem Gelände der ehemaligen Tabakfabrik der Stadt.

Auto im Museo Automovilístico de Málaga

Frank Störbrauck

Gezeigt werden hier Oldtimer und Fashion. Museumspatron Joao Manuel Magalhaes, ein Geschäftsmann aus Portugal, hat sich mit dem Museum einen Lebenstraum erfüllt. Sein Credo: das Auto als Kunstwerk. »Schon mein Vater sammelte Autos, weil er von alten Autos fasziniert war. Als er starb, blieb ich beim Sammeln.« Heute ist die gesamte Geschichte des 20. (Auto-) Jahrhunderts in dem Museum zu sehen. Ein Bentley hier, ein Ferrari dort, ein Jaguar da und ein Rolls Royce hier.

Süßer Wein und leckere Tapas

Aber was zum Teufel haben die Haute-Couture-Stücke der Damen zwischen den Autos zu suchen? »Es gibt eine gute Beziehung zwischen dem Auto und der eleganten Frau und der Haute Couture«, erläutert Magalhaes. Ja, das kann man so sehen, denke ich. Man könnte aber auch eine gewiefte Strategie dahinter vermuten; dass nämlich von Autos gelangweilte Frauen ihren Mann eher ins Museum begleiten, wenn sie Dinge bestaunen können, die sie womöglich viel mehr interessieren: Haute Couture, die von Weltstars getragen wurde.

Nach dem vollen Alcazaba- und Museumsprogramm knurrt mein Magen vernehmlich. Ich möchte nun endlich in den berühmten Kulinarikhimmel von Malaga gehoben werden. Eine gute Adresse, um sich mit einem Appetizer zu stärken, ist die Antigua Casa de Guardiaeine typische andalusische Bar, in der süßer Wein und leckere Tapas serviert werden. Bloggerin Lola Bernabé, die mich in die proppenvolle Bar begleitet, schwärmt von der Atmosphäre: »Das hier ist typisch Malaga.« Sie ordert Conchas Finas – zu Deutsch: feine Muscheln mit Zitrone und ein Glas süßen Malagawein.

Conchas Finas

Frank Störbrauck

Der süße Wein wird in der Provinz Malaga hergestellt; er verfügt über ein eigenes Gütesiegel und wird der Kategorie der likörartigen Weine zugeordnet. Insgesamt gibt es 16 verschiedene Arten dieses Weines, wie beispielsweise Dulce Color, Moscatel oder Lágrima.

Am typischsten für Málaga sind aber die Boquerones, erläutert Bernabé. Für die Einheimischen sind die kleinen Fische ein Geschenk des Meeres. Sie sind das ganze Jahr über, vorzugsweise aber in den Sommermonaten, eine beliebte Attraktion vieler Strandrestaurants, der sogenannten Chiringuitos. Die Sardinen werden auf einfache Schilfrohrspieße gesteckt, über Feuer gegrillt und schmecken zu Bier oder spanischem Rotwein. Und nicht wundern: Wer sich in Malaga als Boquerones bezeichnet, ist nicht unbedingt jemand, der für sein Leben gern Sardinen isst, sondern schlicht und einfach ein Bewohner Malagas.

Mittagessen mit Meerblick im Balneario Baños del Carmen

Für ein richtiges Mahl muss aber nun ein Restaurant her. Eine der schönsten Adressen dafür ist das Strandrestaurant Balneario Baños del Carmen am Rande des Pedregalejo-Bezirks. Das ist rund drei Kilometer vom Zentrum entfernt – und lockt mit einer riesigen Terrasse, auf der locker 300 Gäste Platz nehmen können. Heute ist Sonntag, ein strahlend sonniger Tag dazu, und die Terrasse ist sehr gefüllt.

Viele Pärchen haben Platz genommen, vor allem aber Großfamilien. Wer Glück hat und einen Platz nah am Meer ergattert hat, kann von der Tischkante aus vorbeifliegende Möwen mit Brot füttern. Auf den Tisch kommt man hier alles, was die Region hergibt. Allen voran natürlich die Boquerones. Die werden vor den Augen der Gäste von einem Grillmeister live und open-air-frisch zubereitet.

Grillmeister im Balneario Baños del Carmen in Malaga beim Zubereiten der Boqueróns

Frank Störbrauck

Serviert wird hier eine eher einfache mediterrane Kost, die – wen überrascht es – sehr fischlastig daherkommt: sautierte Coquinas, Muscheln, gekochte oder gegrillte Shrimps, Sardellen, Tintenfisch, Kabeljau, dazu gibt es Reis und gegrilltes Gemüse in verschiedenen Variationen. Man kann hier den ganzen Nachmittag verbringen, von diesem und jenem naschen, die Leute beobachten und sich in der Sonne aalen. Die scheint in Málaga immer. Garantiert.

Hinkommen mit Air Europa, übernachten im Barcelo Málaga

Anreise. Die Fluggesellschaft Air Europa fliegt täglich von Frankfurt (ab 10:55 Uhr) über Madrid nach Malaga (Ankunft 16:15 Uhr). Zurück geht es ab Málaga um 12:05 Uhr, Ankunft in Frankfurt ist um 17:45 Uhr. Tickets für den Hin- und Rückflug gibt es ab 183 Euro.

Unterkunft. Eine gute Adresse zum Übernachten in Malaga ist das Hotel Barcelo. Das 4-Sterne-Haus bietet Ankömmlingen und Abreisenden eine sensationell gute Lage: Es befindet sich im Gebäude des Hauptbahnhofes – von wo aus man direkten Zugang zu den Gleisen des Nah- und Fernverkehrs hat. Im Hauptbahnhof befindet sich darüber hinaus eine riesige, moderne Einkaufspassage mit Dutzenden Modeshops, Boutiquen, Elektrofachmärkten, einem Supermarkt und einer Essmeile.

Obwohl sich das 4-Sterne-Hotel vornehmlich an Geschäftsreisende richtet (riesiges Kongresszentrum und 16 Tagungsräume), ist es auch für Touristen empfehlenswert. Pluspunkte des Hotels: super leckeres und frisches Frühstücksbuffet, kostenloses WLAN, Kissenmenü, große Zimmer, Dusche mit Hydromassage-Turm oder Standard-Badewanne.

Zimmer im Barcelo Málaga

Barcelo

Das Highlight des Hotels ist aber eine Rutsche, die vom 1. Stock in die Lobby führt – macht Fun! Die Altstadt erreicht man zu Fuß in rund 15 bis 20 Minuten. Preis fürs DZ bei Doppelbelegung im Frühling ab 99 Euro.

Restaurant-Tipps und weitere Infos über Málaga

Restaurant-Tipps. Los Patios de Beatas, Calle Beatas 43, 29008 Malaga. Großes, traditionelles Restaurant in der Altstadt. Empfehlenswert sind die Tapas und die große Auswahl an Weinen. Publikum vornehmlich ab 30 aufwärts, Preise durchschnittlich.

El Refectorium, C/Postigo De Los Abades, 4, 29015 Malaga. Modernes, stylisches Restaurant mit hohen Decken und hohen Fenstern, das ein großes Angebot an Fischgerichten bereithält. Viele Geschäftsleute und Einheimische; Touristen trifft man eher weniger an. Reservierung empfehlenswert. Preisniveau leicht gehoben.

El Andén, Restaurant im ersten Stock des Barcelo-Hotels, das auch exquisite und gehobene Haute Cuisine bietet. Tipp: vorzügliche Kalbslende mit Sherry, Speck und Kartoffeln – ein Gedicht. Tolles Weinangebot.

Kalbslende mit Sherry, Speck und Kartoffeln im Restaurant El Anden im Barcelo Malaga

Frank Störbrauck

 

 

Infos. Ein exzellentes Buch zur Vorbereitung und auch während des Aufenthaltes in Malaga ist der Reiseführer »Andalusien« von Thomas Schröder aus dem Michael Müller Verlag. Auf sage und schreibe 720 Seiten präsentiert Schröder informativ die Highlights der Region und macht Appetit darauf, sofort die Koffer zu packen. Allein die Provinz Malaga wird auf mehr als 50 Seiten vorgestellt. Daneben natürlich auch die Glanz­lich­ter An­da­lu­si­ens: die drei gro­ßen Städ­te Gra­na­da, Cór­do­ba und Se­vil­la, jede mit be­ein­dru­cken­den Denk­mä­lern mau­ri­scher Bau­kunst – und eine Küs­ten­li­nie von über 800 Kilometern, die sich auf zwei Meere ver­teilt und viel Platz für Son­nen­an­be­ter und Strand­läu­fer bie­tet. Das Rei­se­hand­buch ent­hält neben aus­führ­li­chen Be­schrei­bun­gen aller an­da­lu­si­schen Pro­vin­zen und ihrer tou­ris­ti­schen In­fra­struk­tur auch 10 Wan­de­run­gen und gibt Hin­wei­se zu Aus­flü­gen nach Ma­rok­ko. ISBN 978-3-95654-417-0 für 24,90 Euro.

 

 

 

 

 

Informationen zu Unterkünften, Sehenswürdigkeiten, Restaurants, Reiseführern und vielem mehr erteilt das Tourismusbüro der Stadt: Oficina Municipal de Turismo de Malaga, Plaza de la Marina, 11, 29001 Malaga, E-Mail: info@malagaturismo.com, Tel.:+34 951926020.