Das Ende der Covid-19-Pandemie – noch Anfang 2021 schien die Rückkehr zur Normalität nah. Aber auch 2021 war alles andere als normal. 2022 beginnt nun schon das dritte Jahr mit der Pandemie. Doch was halten die kommenden Monate in puncto sicherheitsrelevante Entwicklungen auch abseits von Covid-19 bereit? Die Travel Security Analysten von A3M warnen vor möglichen Sicherheitsrisiken, die Reisen in Zukunft beeinträchtigen könnten. 

Der Blick in die Zukunft gleicht bekanntlich dem in eine Glaskugel. Was heute noch eine Selbstverständlichkeit ist, kann morgen schon auf tönernen Füßen stehen. Die Covid-19-Pandemie war und ist ein Paradebeispiel dafür. Konnten wir bis Anfang 2020 relativ unbeschwert nahezu die ganze Welt bereisen, war es damit plötzlich vorbei. Einreisebeschränkungen, Grenzschließungen, Einstellungen des Flugverkehrs und Lockdowns ließen vielerorts die Reisepläne wie Seifenblasen platzen. Erst seitdem immer mehr Menschen geimpft sind und eine offenkundig weniger gefährliche Coronavirus-Variante namens Omikron zirkuliert, gibt es die Hoffnung, dass es mittelfristig wieder zurück Richtung Normalität gehen wird.

Urlaub in der Nach-Corona-Zeit: Was wird »normal«?

Aber was heißt Normalität? Wird es in naher Zukunft »normal« sein, dass Urlauber mehr oder weniger strengen Einreisebestimmungen und Testverpflichtungen unterworfen sein werden? Werden auch in Zukunft beim Aufkommen weiterer Virusvarianten oder hoher Inzidenzen Einreisesperren oder Quarantänezeiten in den betroffenen Länder verhängt werden? Oder wird man die Entwicklung der Corona-Zahlen in Zukunft gelassener sehen? Man weiß es nicht.

Schild mit Aufschrift Sorry we are closed

Tim Mossholder

Im Moment jedenfalls machen vielerorts die Entwicklungen Hoffnung auf eine Erleichterung des internationalen Reiseverkehrs. In einigen Ländern Europas dürften schon in Kürze die Einreisebestimmungen weiter liberalisiert werden, Forderungen nach Lockerungen oder gar einem kompletten Wegfall der Corona-Beschränkungen werden in immer mehr Ländern lauter. Selbst Australien, das sich fast zwei Jahre lang in Selbstisolation begab, öffnet wieder seine Grenzen für Touristen aus dem Ausland.

Für die Travel Security Analysten von A3M, ein Unternehmen, das nach eigenen Angaben »Frühwarn-, Informations- und Kommunikationssysteme für ein professionelles und effektives Krisenmanagement entwickelt«, ist die Corona-Pandemie nun ein Anlass, über den Tellerrand hinauszuschauen und einen Ausblick auf sicherheitsrelevante Entwicklungen auch abseits von Corona zu wagen. Im Fokus stünden dabei unter anderem Demonstrationen und Unruhen, politische Krisen und Umweltgefahren. Diese reise- und sicherheitsrelevanten Entwicklungen könnten nach Meinung von A3M im Jahr 2022 bedeutsam sein:

Corona-Pandemie: Was 2022 passieren könnte

Laut den Analysten von A3M sei die Welt mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Impfstoffen und neuen Covid-Medikamenten heute besser gegen die kommenden Herausforderungen gerüstet als noch vor einem Jahr. Experten zufolge werde Covid-19 in absehbarer Zeit endemisch. Auch die WHO gehe davon aus, dass die akute Phase der Pandemie bis Mitte 2022 überstanden sein könnte, wenn bis dahin 70 Prozent der Weltbevölkerung geimpft seien. Eine Endemie bedeute aber auch, dass die Bevölkerung mittelfristig mit dem Virus werde leben müssen.

Start in eine Ära der Pandemien?

War oder ist die Corona-Pandemie ein einmaliges Ereignis, das nie wieder kommen wird? Wohl kaum. Vielmehr zeige sie einen größeren globalen Trend auf, der bereits als Ära der Pandemien bezeichnet werde, glaubt A3M. Einer Studie zufolge, welche die potenzielle zukünftige Entwicklung von Pandemien modelliert, läge die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Pandemie in den nächsten 25 Jahren bei 47 bis 57 Prozent.

Eine andere Studie der National Academy of Sciences in den USA kam im Herbst vergangenen Jahres zu dem Ergebnis, dass jedes Jahr eine 2-prozentige Chance einer Pandemie besteht. Und diese Wahrscheinlichkeit nehme weiter zu. Das vermehrte Aufkommen von Pandemien ist Experten zufolge vor allem auf menschengemachte Lebensbedingungen in einer globalisierten Welt zurückzuführen. Charakteristisch dafür seien Klimawandel, die Intensivierung der Landwirtschaft und Viehhaltung sowie zunehmende Eingriffe in die Natur.

Zunehmende soziale Spannungen in vielen Ländern

Einen weiteren Fokus legt A3M auf Unruhen, politisch motivierte Gewalt und Kriminalität. Sie hätten in letzter Zeit weltweit zugenommen. Eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) stelle einen Höhepunkt des Protestgeschehens 24 Monate nach Ausbruch einer Pandemie sowie ein mittelfristig erhöhtes Risiko für Unruhen und Anti-Regierungsproteste durch Ungleichheit und Arbeitslosigkeit fest. Das Virus verändere vieles grundlegend. Es verschärfe die Situation in armen, von Sanktionen betroffenen, stark bevölkerten oder von Kriegen gezeichneten Ländern zusätzlich, stellte jüngst die Bundeszentrale für politische Bildung fest.

Demonstrant hebt die rechte Hand, im Hintergrund Feuer

Andrew Valdivia

Aber nicht nur dort: Auch in den westlichen Ländern kommt es vielerorts zu Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen und die Impfpflicht. In Kanada etwa protestieren seit einigen Tagen LKW-Fahrer in der Hauptstadt Ottawa. Die Stadt rief deshalb nun den Notstand aus. 2022 könnte ein unruhiges Jahr werden.

In der Krise erhält der Terrorismus Auftrieb

Im letzten Jahr bewegte unter anderem der internationale Truppenabzug aus Afghanistan die Menschen weltweit. Folgt man der Argumentation von A3M, könnte ein langfristiger Regierungserfolg der Taliban auch zu einem Modell für islamistische Gruppierungen in Syrien, Jemen oder Westafrika werden – in Ländern, in denen islamistische Aufstände in den letzten Jahren stark zugenommen hätten. Außerdem sei aufgrund der Stärkung der Organisation und Mobilisierung extremistischer Gruppierungen in der Pandemie im kommenden Jahr mit einem vermehrten Auftreten terroristischer Anschläge sowie extremistischer Gewalttaten zu rechnen.

Foto von 9/11

Fred Moon

So hätten Terrorgruppen längst damit begonnen haben, die Krise zu instrumentalisieren, warnte bereits im Mai 2020 Gilles de Kerchove, der beim Europäischen Rat im Kampf gegen Terrorismus europäische Pläne und Strategien koordiniert.

Wenngleich kaum noch zwischenstaatliche Kriege geführt würden, gebe es laut A3M heute mehr lokale Konflikte auf niedriger Intensität als je zuvor. Sie forderten mehr zivile Opfer durch Hunger, Nahrungsmittelknappheit und Vertreibung. Zu den Krisen, die 2022 in den Fokus rücken könnten, zählt das  Unternehmen unter anderem Konflikte im Sudan, in der Ukraine, in Kasachstan und in Israel.

Klimabedingte Wetterextreme häufen sich

Das Jahr 2021 sei Schätzungen des schweizerischen Rückversicherers Swiss Re zufolge eines der teuersten Naturkatastrophenjahre aller Zeiten gewesen, erläutert A3M. Auch in der kommenden Zeit sei keine Besserung in Sicht. Die EU-Umweltagentur EEA teilte jüngst mit, dass auch in Europa in Zukunft mit einem Anstieg der wirtschaftlichen Schäden durch Klimaextreme zu rechnen sei.

Plakat mit der Aufschrift "One World"

Markus Spiske

Anderenorts auf der Welt sieht es noch düsterer aus. Ganze Regionen könnten in den nächsten 50 Jahren unbewohnbar werden, wodurch sich auch langfristig neue gewalttätige Konflikte und Fluchtbewegungen entwickeln könnten. Das Travel Security Team führt aus: »Auch wenn viele dieser Entwicklungen noch einige Jahrzehnte entfernt liegen mögen, sind klimawandelbedingte Wetterextreme schon jetzt ein wachsender Risikofaktor.«