Schon mal darüber nachgedacht, auf dem Pferd durch blutrote Feldlandschaften zu reiten, monumentale Canyons zu durchwandern oder einen ausgedehnten Roadtrip auf staubigen US-Highways zu unternehmen? Kannst du alles auf einmal haben: in Utah, im Westen der USA. Autor Norbert Eisele-Hein opferte sich …

So viel ist von Anfang an klar: Dieser Weg wird kein leichter sein. Selbst unsere Minimalroute – die kleine Schleife im Südwesten Utahs, die wir in der kommenden Woche auf jeden Fall schaffen wollen – kratzt bereits locker an der 3.000-Kilometer-Grenze. Hier reihen sich spektakuläre Trails und gewaltige Nationalparks aneinander wie Perlen an der Kette. Wir haben uns für möglichst viel Abwechslung entschieden, Motto: Evolution rückwärts. Was muss, wird mit dem Auto bewältigt, wo es geht, kommen Pferd, Mountainbike und Wanderstiefel zum Einsatz. Könnte hart werden? Na hoffentlich!

Etappe 1: vom Valley Of Fire in den Zion National Park

Wir sind zwar nach Las Vegas geflogen, aber für urbane Späße fehlt uns die Zeit.

Las-Vegas-Schild-Schriftzug

Norbert Eisele-Hein

Meine Reisegenossen und ich ignorieren die Glitter-Metropole und tuckern schon früh am Morgen durch das Valley of Fire, das rund 80 Kilometer nordöstlich von Las Vegas noch im Bundesstaat Nevada beginnt. An sich eine öde Mondlandschaft mit wild durcheinandergewirbelten Sandhaufen. Einerseits. Beeindruckend daran aber: Das Farbspektrum der Sandschichten reicht von Zartrosa bis Tiefschwarz. Immer wieder halten wir kurz an, um uns aus der Nähe von diesem Phänomen zu überzeugen. So dauert es ein wenig länger, bevor wir Saint George in Utah erreichen, den Verwaltungssitz des Washington County.

Welcome to Utah Highway

Norbert Eisele-Hein

Unser Ziel: das monumentale Felsenkino des Zion National Parks. Der Park gehört zu den meistbesuchten Attraktionen Utahs, dementsprechend ist auf der zentralen Parkstraße einiges los. Auf einen Stau gerade in solch einem Naturspektakel haben wir keine Lust. Also greifen wir nach unseren Rucksäcken und nehmen den Canyon Overlook-Trail in Angriff. Prima Entscheidung! Schon nach wenigen Minuten ruht die märchenhafte Landschaft in stiller Einsamkeit und offenbart atemberaubende Ausblicke in das dramatische Felsenrund des Parks. Zum erste Mal auf unserem Trip durch Utah durchströmt uns das Gefühl von: angekommen.

Etappe 2: vom Zion National Park zum Bryce Canyon

Weiterfahrt am nächsten Morgen – und was für eine: Die Passstraße nach Brian Head schraubt sich hoch auf fast 3.000 Meter.

Campingwagen in Utah

Norbert Eisele-Hein

Wem das zu abstrakt ist: Wir reden über Zugspitze-Niveau. Hier sind die Espen bereits im Oktober quietschgelb gefärbt, ein betörender Kontrast zu den schwarzen Lavafeldern und den bereits vom ersten Neuschnee leicht angezuckerten Berggipfeln. Um an solch außergewöhnlichen Schauspielen der Natur nicht achtlos im Auto vorbeizuhasten, halten wir an, um wieder ein Stück zu wandern. Wir trekken auf dem grandiosen Ramparts Trail im Cedar Breaks National Monument, einem kleineren Nationalpark, der aufgrund seiner landschaftlichen Ähnlichkeit oft als der kleine Bruder des Bryce-Canyon-National Parks gilt.

Der Trail führt auf 3.100 Metern Seehöhe stets am Abgrund des 600 Meter tiefen Jericho Canyons entlang. Am sogenannten Spectra Point des Trails wird uns plötzlich der direkte Einblick in ein Amphitheater aus rosafarbenen, purpurroten und ockerfarbenen Steinnadeln, gewundenen Säulen und ausgefransten Zinnen gewährt. F … unbelievable! Es dauert, bis wir uns von diesem Anblick lösen können. Schweigend machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel, dem Bryce Canyon, an dem wir eine längere Pause planen.

Horse-Tour-Häuschen in Utah

Norbert Eisele-Hein

Dort entfaltet Erosion kreativ und kraftvoll seit ca. zehn Millionen Jahren eine bizarre Zauberlandschaft aus sogenannten Hoodoos – den überall im Südwesten Utahs anzutreffenden turmartigen Gebilden aus Sedimentgesteinen. Angeblich gibt es im Bryce Canyon die weltweit meisten Hoodoos auf kleinstem Raum. Erneut einer dieser Anblicke aus einer anderen, fast surrealen Welt, die uns in Utah seit unserem ersten Tag auf Schritt und auch so manchem Ritt begegnen.

Etappe 3: vom Bryce Canyon zum Capitol Reef National Park

Diesmal wollen wir nicht aus dem Wagen aussteigen. Die Fahrt auf dem Highway 12 wurde mehrfach zu einer der zehn schönsten Routen Amerikas gewählt. Warum, wird sehr schnell deutlich: rote Felsen, verschlungene Canyons, versteinerte Wälder … der Blick aus dem Fenster offenbart ein Open-Air-Museum, Sparte: Geologie. Selbst die zentrale Durchfahrtsstraße des Capitol Reef National Parks bietet grandiose Ausblicke.

Mann streckt vor Zelt die Hände in die Höhe

Norbert Eisele-Hein

Die Twin Peaks etwa, zwei fast identisch aussehende, massive Steinmonolithen, oder den Chimney Rock mit seiner hohen, messerscharfen Sandsteinkante. Wer es nicht so lange im Auto aushält, für den hätten wir einen spannenden Wandertipp: Die Hickman Bridge, ein wahrlich perfekter Sandsteinbogen, ist in einer knappen Stunde zu erreichen. Dort kann man sich ganz in der Nähe des Visitor Centers historische Zeichnungen der Fremont-Kultur aus der Zeit um 700 bis 1.300 n. Chr. ansehen.

Etappe 4: vom Capitol Reef National Park nach Moab

Am nächsten Tag machen wir über den Highway 70 einen gewaltigen Satz an Hanksville und Green River vorbei bis nach Moab, dem Verwaltungssitz des Grand County. Mit seinen rund 5.200 Einwohnern ist das auch der beste Ort in Utah, um perfekte »Outdoor Activities« zu erleben.

In überhängenden Granitwällen tummeln sich Extremkletterer, auf den furchteinflößenden Schaumkronen des Colorado River tänzeln Kajaks und Schlauchboote. Zudem gilt das Hügelmeer aus versteinerten Sanddünen als Mekka für Mountainbiker – vor allem der knapp zehn Meilen lange »Slickrock«-Rundkurs genießt unter Kennern Kultstatus, selbst Motocrosser und 4×4-Experten schätzen die steilen Rampen des rauen Gesteins. Doch auch schlichten Wanderern wird es im Arches- und Canyonlands-National Park nicht langweilig. Die beiden Parks gehören mit ihren riesigen Sandsteinbögen zu den schönsten Nationalparks der Vereinigten Staaten.

Unser Tipp: eine kleine, feine Wandertour namens Park Avenue. Sie ist nur knapp eine Meile lang, führt aber spektakulär zu einer Reihe glatt geschliffener Gipfel, die schmal wie Spielkarten im Sandboden stecken. Wer sich über den merkwürdigen Namen des Trails gewundert hat, tut das nun vor Ort nicht mehr: Die gestalterische Ähnlichkeit zu den Hochhauszeilen in der Parkavenue Manhattans ist verblüffend.

In der Abenddämmerung treffen sich müde und hungrige Hiker, Biker und Kajaker dann übrigens einträchtig bei »Milt’s Stop&Eat«. Hier werden seit 1954 grandiose Burger von Hand mit den Wunschzutaten jedes einzelnen Gastes belegt und frisch zubereitet. Die Besitzerin von »Milt’s Stop&Eat« gehörte lange Zeit dem Leichtathletik-Nationalteam der USA an. Das hat ihrer Form offenbar nicht geschadet: Die deftigen Burger schmecken also nicht nur, sie liefern anscheinend auch die richtige Energie …

Burger mit Spiegelei auf Bratfläche

Norbert Eisele-Hein

Etappe 5: von Moab ins Monument Valley

Wieder liegt eine lange Fahrt Richtung Süden vor uns, über 150 Meilen sind wir unterwegs. Schon beim ersten Anblick des Monument Valley wabern Endlosschleifen mit Western-Melodien durch unseren Kopf. Der ultimative Soundtrack zu den tiefroten Sanddünen, die jedes Kind aus Western-Klassikern oder Werbespots kennt. Einst ritten hier Hollywoods Haudegen über die staubige Prärie und prägten ein völlig schiefes Bild von den Ureinwohnern des Landes, den Indianern.

Monument Valley Utah

Norbert Eisele-Hein

Seit 1958 gehört das Land nun wieder den Navajos. Mit 4×4-Pickups organisieren sie Rundtouren durch die wohl berühmteste Filmkulisse der Welt. Am Steuer unseres Geländemobils sitzt Jane, eine Navajo. Live am Mikrofon referiert sie drei Stunden ohne Punkt und Komma, geht auf individuelle Fotowünsche ein und lenkt uns wie eine erfahrene Rallye-Pilotin über die tückische Piste in einen gnadenlos kitschigen Sonnenuntergang. Gerüchte besagen, dass die Navajos die grausigen Straßen absichtlich nicht ausbessern, damit Touristen wie wir uns nicht trauen, auf diesen »Gravel Roads« selbst zu fahren. Möglich wäre das – und verdient haben wir es auch nicht besser …

Etappe 6: vom Monument Valley nach Page

Das Monument Valley liegt direkt an der Staatsgrenze zu Arizona. Von hier aus führt uns ein radikaler Westschwenk durch die Navajo Tribal Lands über Kayenta und Kaibito bis hoch nach Page in Arizona. Unser Ziel dort sind die beiden Antelope Canyons, der Lower und der Upper Antelope Canyon. Das schmale Felsenlabyrinth wirkt, als habe der liebe Gott das Felsplateau persönlich mit der Handkreissäge durchtrennt.

Antelope Canyons

Norbert Eisele-Hein

Vor allem im steilen Mittagslicht entsteht in den Korkenzieher-ähnlichen Gängen ein fast schon psychedelisches Farbenspiel. Ein bisschen mulmig fühlen wir uns hier unten schon, obwohl das Wetter gut ist und Gott sei Dank an diesem Tag auch so bleibt. Bei Regenfällen nämlich dürften wir uns gar nicht in der Schlucht aufhalten: Sturzflutgefahr.

1997 kamen im Canyon dabei elf Touristen ums Leben. Immer wieder schauen wir hoch zum Himmel, ob sich da erste Wolken zeigen … zurück in Page, steht das nächste »Abenteuer« auf dem Programm. Wir paddeln in kleinen Kanus über den Lake Powell zum Castle Rock.

Kajakfahrer in Utah

Norbert Eisele-Hein

Die Hauptattraktion des Lake Powell ist die Rainbow Bridge – der größte natürliche Steinbogen der Welt. Dieser Regenbogen aus Stein ist eine Augenweide – und für die Navajos heiliges Areal. Betreten oder gar Klettern sind hier strengstens verboten.

Etappe 7: von Page nach Las Vegas

Rückreise, leise Melancholie bestimmt unseren Tag. Irgendwo im Basement unseres Bewusstseins spielt eine Mundharmonika traurig nur für uns …. Währenddessen cruisen wir auf dem Highway 89 wieder Richtung Norden zurück nach Utah. Wir müssen wählen: noch mal durch den Zion National Park oder doch über Fredonia und Colorado City direkt auf die große Interstate 15? Keine schwere Entscheidung: Im Abendlicht tauchen wir ein letztes Mal in das rosarote Felsenmärchen des Zion National Parks ein und passieren schon bald danach die Staatsgrenze nach Nevada.

Hier wartet ein prügelhartes Kontrastprogramm auf uns: Die tiefen, staubigen Canyons werden von den Fluchten gigantischer Hoteltempel abgelöst, Bellagio statt Monument Valley

Mandalay Bay Hotel Las Vegas nachts

Norbert Eisele-Hein

Das Funkeln der Milchstraße draußen in der Wildnis wird von Milliarden Lichtern am Las Vegas Boulevard beinahe noch übertroffen. Eine Gemeinsamkeit allerdings haben die Nationalparks im wilden Westen der USA mit dem viele Meilen langen Strip der Glücksspieler in Las Vegas: Beide erkundet man am besten zu Fuß. Aber dafür sind wir nach diesem Trip ja auch bestens vorbereitet!

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Reiseveranstalter. DIAMIR Erlebnisreisen GmbH, Telefon: +49 351 31207-7. Der Reiseveranstalter bietet kongeniale Wander- und Fotoreisen in Utah an, z. B. 21 Tage »Land der Canyons«.

Nützliche Informationen rund um Utah findest du hier und hier.