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Aman Kyoto

Aman Kyoto
Japan, 〒603-8481 Kyoto, Kita Ward, Okitayamawashiminecho, 1 1 Okitayama Washimine-Cho 1
€€€

getestet von Jennifer Latuperisa-Andresen
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Der erste Eindruck

Wenn man wie ich am Bahnhof von Kyoto ankommt und in ein Taxi steigt, um ins Hotel zu fahren, sollte man sich nicht wundern, dass die Fahrt erstens ein wenig länger dauert und zweitens in eine Gegend führt, die so gar nicht nach Großstadt aussieht. Dafür aber – und ich bin nicht esoterisch veranlagt – eine ganz besondere Aura hat. Etwas Magisches. Etwas Bezauberndes. Denn die Natur ist der Hauptdarsteller im Aman Kyoto. Es liegt in einem verwunschenen Garten und ist von mehr als 32 Hektar dichter Wälder umgeben, in denen sich minimalistische Pavillons mit Zimmern, ein ruhiges Spa mit heißen Onsen-Quellen und zwei hochwertige Restaurants befinden.

Wer wohnt hier?

Wir sind zwar in Kyoto - aber nicht unbedingt so, wie Touristen es vor Augen haben. Doch Moment – dieses Kyoto ist nur einen Steinwurf entfernt. Praktisch vor der Haustür des Hotels liegen viele wichtige Sehenswürdigkeiten: Kinkakuji, der Tempel des Goldenen Pavillons, ist nur 15 Minuten zu Fuß entfernt. Auch der Ryoanji-Tempel mit seinem berühmten Steingarten ist nicht weit. Wer wohnt also hier? Jeder, der in Kyoto eintauchen möchte, ohne durch eine großzügige Lobby zu wandeln, in der sich Menschen tummeln. Wer hierher kommt, sucht Ruhe und Abgeschiedenheit, möchte seine Privatsphäre genießen und Kyoto in seinem ganz eigenen Tempo entdecken. Wer hierher kommt, mag es minimalistisch, aber luxuriös. Eben typisch Aman. Für mich eine der besten Hotelketten der Welt. Mit einer treuen Fanbase, die man Aman-Jünger nennt. Denn - wer Gold und Glitzer sucht, ist hier definitiv fehl am Platz.

Gut geschlafen?

Gelassenheit, Ruhe, Minimalismus, Eskapismus: Das sind alles Worte, die einem in den Sinn kommen, wenn man das Aman Kyoto beschreibt. Das Hotel befindet sich – wie bereits erwähnt - in einem Park, der sich irgendwo zwischen gepflegt und wuchernd befindet. Zudem befinden sich um das Terrain 32 Hektar Wald. Und der ist, trotz Großstadt, so frei von Zivilisation, dass sich Rotwild dort wohl fühlt. Derart unberührt mögen wir auch die Welt um uns herum, wenn wir bei Reisen zur Ruhe kommen möchten, oder? Inmitten all dieses Grüns befindet sich eine Reihe von hölzernen Pavillons, die von Kerry Hill entworfen wurden, dem verstorbenen australischen Architekten, der bereits einige Projekte von Aman umsetzte. Sein fertiges Werk hier, aber leider nicht mehr betrachten konnte, weil er vorher verstarb. Doch nun zu den Zimmern: Die insgesamt 26 Suiten sind in sechs Pavillons untergebracht, die auf dem Gelände verstreut sind. Die Gästezimmer sind eine moderne Interpretation traditioneller japanischer Ryokans. Sie sind sehr großzügig, natürlich minimalistisch und strahlen bereits eine gewisse Ruhe aus: Es gibt Bodenbeläge aus Tatami-Matten, traditionelle Pyjamas, einen begehbaren Kleiderschrank, einen versteckten Fernseher und die Aussicht auf den verwunschenen Wald, die - eingerahmt in die bodentiefen Fenster - wie ein Gemälde wirkt.
Das wahre Highlight sind jedoch die Badezimmer mit großen japanischen Badewannen aus duftendem Hinoki-Zypressenholz. Sie sind so gigantisch, dass sie zwei Stöpsel haben und es 30 Minuten dauert, sie zu füllen und zwei groß gewachsene Menschen darin zu zweit bequem Platz finden. Die hölzernen Paravents zwischen dem Kopfteil des Bettes und den Waschbecken im Bad lassen sich öffnen, sodass der Blick auf den Wald bis zu den Badezimmern im hinteren Bereich reicht. Zwei der Pavillons sind in sich abgeschlossen und verfügen jeweils über Suiten mit zwei Schlafzimmern, Tatami-Matten-Zimmer, Wohnbereiche und Küchen für private Mahlzeiten.

Der Wellnessfaktor

Das Herzstück des Gartens ist das Spa. Doch Moment, es entspricht nicht ganz den europäischen Vorstellungen von einem Spa. Denn einen Pool zum Bahnenziehen oder Planschen gibt es nicht. Auch keine Sauna oder Dampfbad. Dafür aber können die Gäste ein Bad im wärmenden, mineralhaltigen Onsen-Wasser nehmen, bevor sie eine wohltuende Behandlung genießen. Doch Achtung! Im Onsen schwimmt man nackt. Ja, richtig gehört. Komplett nackig. Nur als Vorwarnung. Und die Anwendungen? Die Aman Kyoto Signature Journey ist eine tief erholsame Massage mit einer alchemistischen Mischung aus köstlich duftenden Ölen - von Kyoto-Kitayama-Zedern und Yuzu-Zitrusfrüchten, bis hin zu Sakura-Kirsche und grünem Tee - wie sie traditionell von Kyotoer Geishas für ihre Schönheitspflege verwendet werden. Und für alle, die sich doch nach etwas Glitzer sehnen: Es gibt eine Gesichtsbehandlung mit japanischem Blattgold, für die 24-karätiges Gold aus Kanazawa verwendet wird.

Bauchgefühl

Der Living Pavilion ist eine Schönheit. Es ist das Hauptrestaurant, in dessen Mitte sich ein runder Kamin befindet, und in dem die Wände mit handgefertigten Raku-Kacheln verkleidet sind. Hinzu kommt das Panorama in die grüne Oase durch die große, bodentiefe Fensterfront. Morgens kann man zwischen traditionellem japanischen Frühstück wählen (was ich unbedingt empfehlen würde!) oder sich dem klassischen westlichen Eier und Speck-Frühstück widmen. Abends kreiert Chefkoch Tatsuya Ozawa hausgemachte Küche im Kyoto-Stil. Oder westliche Küche mit einem Hauch Kyoto-Esskultur. Die Karte ist klein, aber oho! Schließlich hat das Aman Kyoto auch nur wenige Gäste. Was ich empfehlen würde? Das Wagyu Beef.

Das japanische Restaurant Taka-An ist ein weiterer friedlicher Zufluchtsort, mit Ledersesseln an einer langen Holztheke, an der Chefkoch Shinichirō Takagi mit den Aromen spielt wie ein Maler mit seinen Farben. Dabei habe ich das Bild nicht willkürlich gewählt. Auf der Webseite des Taka-An steht, dass er die Zutaten zubereitet wie ein Künstler ein Gemälde - mit akribischer Präzision. Und dass seine Gerichte wahre Kunstwerke wären. Das Restaurant folgt der japanischen Omakase-Tradition. Doch was heißt Omakase? Eigentlich bedeutet es »ich vertraue dir« und dementsprechend wird serviert, was das kreative Gespür des Chefkochs just hergibt. Bedeutet - es gibt kein Menü. Es gibt keine Auswahl. Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt - quasi in der Deluxeversion. Kleiner Tipp: Japaner trinken NICHT zu jedem Gang einen korrespondierenden Wein. Eher trinken sie zum Essen wenig bis nichts. Es kann Unverständnis verursachen, wenn man sich das dritte Glas Wein bestellt. Hicks. Aber wo wir bei Getränken sind: dringend zum Frühstück den leckersten Orangensaft der Welt bestellen und beim Abendessen im Taka-An den Sake-Sekt!

Das besondere Etwas

Der frühere Eigentümer hatte geplant, auf dem Gelände ein Museum zu errichten, in dem seine umfangreiche Sammlung von Obi, den dekorativen Kimono-Verschlüssen, ausgestellt werden sollte. Der Garten in seiner Wildheit und seiner Größe, die Steine in ihrer Unebenheit und die kleinen Mäuerchen, stimmen allesamt noch vom Vorbesitzer. Das Hotel wurde mit viel Respekt für die Geschichte um das Vermächtnis herum gebaut.

3 gute Gründe, dort zu buchen

1. Nicht nur die Bäume im Wald des Aman Kyoto spiegeln die Jahreszeit, auch der Nachmittagstee passt sich saisonal an. Ob herzhafte Köstlichkeiten wie Lilienknollensuppe, Gänseleber und schwarzer Bohnenzobel, die im Winter am Kamin genossen werden, oder köstliche Kirschblüten- und Erdbeerleckereien, die nach Frühling oder Sommer schmecken. Der Erdbeerkuchen ist sensationell. Doch nun zum Tee, natürlich gibt es Matcha, und es wird eine Auswahl von 20 verschiedenen Teesorten serviert.
2. Meine beste Entscheidung war, eine Tour auf dem E-Bike zu unternehmen. Wir sind quer durch die Stadt von Tempel zu Tempel gedüst und haben nicht nur am echten Stadtleben partizipiert, sondern auch noch eine kulturelle Reise unternommen, die ich niemals vergessen werde. Von Zen-Gärten, zum Goldenen Pavillon - zu den antiken Schiebetüren aus bemaltem Papier. Herrlich!
3. Jedes Zimmer im Aman Kyoto hat Schlafanzüge (wie manch andere Luxushotels auch in Japan) und eine wattierte Kimono Jacke. Die wird – ähnlich wie eine Strickjacke – oft nur im Inneren zum Wärmen getragen. Ich fand sie so toll, dass ich sie nicht mehr ausziehen wollte und hab mir gleich eine gekauft. Jetzt muss nur noch der Winter kommen.
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Fotocredit: © Amanresorts Limited

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