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Umiltà 36 Shedir Collection

Umiltà 36 – Shedir Collection
Via dell'Umiltà | 36 | 00187 Roma RM, Italien
+39 06 87 80 80
www.umilta36.com
27 Zimmer, 20 Suiten
€€€

getestet von Harald Braun
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Der erste Eindruck

Das ist das Wunderbare an Rom: Hier gibt's überall was zu sehen. Bevor man das Umiltà 36 überhaupt erreicht, passiert man die Galleria Sciarra - rund 100 Meter entfernt - und muss schon aufpassen, dass man sich beim Staunen keine Nackenstarre einfängt. Zu schön ist dieser gewaltig hohe Innenhof des Sciarra Palazzos mit seinem Glas- und Eisendach aus dem 19. Jahrhundert. Fürst Maffeo Sciarra ließ dieses Gebäude 1880 erbauen, hier sprechen wir von präraffaelitischer Kunst der feineren Art.

Kaum hat man die prächtige Passage verlassen, winken auch schon zwei Herren in grauen Dreiviertel-Mäntelchen. Das Gebäude, vor dem sie stehen, kann man auf den ersten Blick als schickes historisches Mietshaus mit genau dieser farblich changierenden Patina bezeichnen, die in Rom so häufig zu beobachten ist. Ohne die beiden Portiers des Umiltà 36 kommt man nicht auf die Idee, dass es sich hier um ein Hotel handelt. Doch die Herren kennen den suchenden Blick, wegen dem sie mit einem Kofferträger auf der Via dell'Umiltà unterwegs sind und wissen genau, was zu tun ist.

Auf der Stelle ist der römische Shabby-Chic der Hotelfassade vergessen. Überwiegend bunt und lebendig geht's zu im Umiltà 36 – very artsy und trotz seines gedeckten Designs angenehm licht. Erste Bonuspunkte macht das Hotel allein durch die Candy Bar vor der üppig floralen Tapete: Noch schnell ein Marshmallow oder etwas Confetti Bianchi? Ein letzter Blick noch in die farbig-gediegenen Räumlichkeiten des Hotels, das auch eine avantgardistische Kunstgalerie sein könnte. Claudio Ceccherelli selbst, der CEO der Shedir Collection, beschrieb das Umiltà 36 einmal: »Dieses Juwel ist in den Prinzipien der Einfachheit, Frische und kulturellen Raffinesse verwurzelt und vermittelt dennoch ein Gefühl von unaufdringlichem Luxus!«. Und genau so ist es.

Wer wohnt hier?

Der diskrete Charme der Bourgeoisie wurde einst von Luis Buñuel filmisch eingefangen, 1972 war das. Im Umiltà 36 hätte er die Zielgruppe für diesen Streifen auch heute noch gefunden. Überwiegend junge und mittelalte Damen und Herren mit einem gediegenen Hang zum Understatement sind es, die das ein wenig versteckt gelegene Haus frequentieren. Menschen in touristischer Mission, die ohne großes Show off von zeitgenössischer Kunst umschmeichelt werden möchten und dabei aber ihren Sinn für einen gewissen Pragmatismus nicht verloren haben.

Denn - wichtig: Das Umiltà 36 liegt wirklich nur einen Steinwurf vom Trevi Brunnen im touristischen Herzen Roms entfernt. Von hier aus erreicht man all die Orte schnell, die man als Tourist in Rom besuchen möchte. Trotzdem wirkt die Via dell'Umiltà nicht wie eine dieser Straßen, in der man als Fußgänger nur im Stop-and-Go-Modus vorankommt. Das Beste aus beiden Welten: Perfekt zentrale Lage, aber ohne die Unannehmlichkeiten, die häufig damit verbunden sind.

Wen man im Hotel eher selten sieht: Familien mit Kindern. Kann Zufall sein, dürfte aber auch mit den zahllosen Artefakten zu tun haben, die im Restaurant- und Café-Bereich an Wänden hängen und auf Tischen verteilt stehen. Die öffentlichen Räume des Umiltà 36 sind von reiner Zweckmäßigkeit weit entfernt und möchten dann doch, bitte sehr, auch mit dem Respekt des Kenners wahrgenommen werden.

Gut geschlafen?

Blicke in die Hinterhof-Gerippe städtischer Umgebungen haben gern mal eine trostlose Note. Doch anders als z.B. in Berlin oder London ist Rom selbst in der Hinteransicht charmant. Ockergoldfarbene Häuserfronten mit blassblauen Fensterläden sind die letzten Bilder vor dem Einschlafen – so kann man getrost darauf verzichten, das Hotelfenster aus ästhetischer Notwehr zu schließen.

Dass das Umiltà 36 auch indoor zumindest originell eingerichtet sein würde, ist nach den ersten Eindrücken in der Eingangshalle des Hauses nicht anders zu erwarten. Der Begriff Eklektizismus ist für Zimmer wie diese erfunden worden: Im Living Room einer der kleinen Suiten stehen friedlich vereint ein Marmortisch und ein asymmetrisches, braun-weißes Fünfzigerjahresofa nebeneinander - ein Paar, auf das nicht jeder Designer spontan gekommen wäre. Man muss sich das vorstellen wie eine Beziehung von, sagen wir: Philipp Amthor und Carolin Kebekus. Oder von einem Kantholz mit einer Tüte Popcorn. Trotzdem wirkt das ungleiche Ensemble vor blauer Tapete und den beiden surrealistischen Unterwasser-Tanz-Fotos über dem Sofa munter bis stimmig. Einem gesunden und ungestörten Schlaf im dankenswerterweise nicht überdimensionierten Bett vor einer Mid-Century-Holzvertäfelung tut es jedenfalls keinen Abbruch.

Der Wellnessfaktor

Wellness fängt hier bereits im Nassbereich der 47 Zimmer, Suiten und Appartements an. Die charmanten Badestuben sind allesamt mit Marmor verkleidet und verfügen über eine breite Regendusche.

Wellness hört im Umiltà 36 dann allerdings auch schon mit dem Badezimmer und der Regendusche wieder auf. Das wird aber nicht so bleiben, der geplante und angekündigte Spa- und Fitnessbereich ist derzeit noch in der Fertigstellung.

Bauchgefühl

Wenn der Hotelmanager einen am Vortag im Kreise einer größeren Gruppe begrüßt und sich am folgenden Morgen noch an den korrekten Namen erinnert, wird man sich einen Moment lang sehr, sehr gut fühlen. Trotz des Wissens, dass der Mann bloß ein Profi ist – und man selbst ein gewöhnlicher Hotelgast. Es sind Details wie dieses, die das Besondere vom Guten unterscheiden. Im Umiltà 36 herrscht an derartigen Details kein Mangel.

Das Frühstücksbuffet des Hauses ist groß, vielfältig und frisch. Es dürfte die kulinarischen Wünsche der meisten Gäste am Morgen erfüllen. Und doch wird es noch flankiert von einer kleinen Frühstückskarte, von der man sich aufwendigere Spezialitäten wünschen kann.

Auch das Dandy Café – das schon im Namen daran erinnert, dass entspannter Müßiggang und feiner Lebensstil stets die Leitplanken eines Weltbürgers sein sollten, so wie er im Umiltà 36 geschätzt wird – überzeugt durch einfallsreiche moderne Fusions-Küche.

Doch, doch – so ein Aufenthalt im Herzen Roms in einem so eleganten und gleichzeitig zugewandten Haus wie dem Umiltà 36 macht schon gute Laune und hinterlässt beste Erinnerungen. Auch wenn man eines Tages nicht mehr so genau wissen sollte, warum eigentlich. Mit Abstand nämlich gilt ja stets: Forget the details, remember the feeling.

Das besondere Etwas

Ist es der fast nostalgisch anmutende Strip Club »Elite«, der gleich vis-à-vis des Hotels ab 23 Uhr öffnet? Hier werden die Damen noch nach guter alter Rummelplatzdevise von einem knarzigen DJ mit Applauso! Applauso! von der Bühne gebeten. Von der niedrigen Decke plätschert derweil das Kondenswasser. Aber nein, mit dieser Art von Elite hat das Umiltà 36 - bis auf die räumliche Nähe - nichts zu tun. Trotzdem passt der Club gar nicht schlecht zu der künstlerisch-verspielten Aura des eleganten Hotels gleich gegenüber.

Die zahlreichen und sehr gezielt nicht zueinander passenden Kunstwerke in der Eingangshalle des Umiltà 36 – Skulpturen, Ölbilder, Fotografien – vermitteln im Hotel ein Lebensgefühl lässiger Bohème. Welches wiederum durch die strengen Formen und teilweise recht schroffen Materialien der formgebenden Architektur im Inneren des Hauses konterkariert wird. Reizvoll – für Menschen mit künstlerischen Interessen oder auch nur einem intuitiven Verständnis für kreative Unordnung, dürfte es in Roms Zentrum wenige bessere Optionen geben.

3 gute Gründe, dort zu buchen

1. Nach Italien zu reisen und nicht der italienischen Küche zu huldigen, ist im Grunde ein Sakrileg. Im Umiltà 36 aber hat man dafür eine wunderbare Entschuldigung: Das hauseigene El Porteño Gourmetrestaurant bringt argentinische Küche auf den Teller – und das in allerhöchster Qualität.
2. Die Lage ist unübertroffen. Sehr viele der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Rom liegen in unmittelbarer Nachbarschaft des Hauses. Trotzdem wirkt das Haus wie das sprichwörtliche Auge im Sturm.
3. Das Preis-Leistungs-Verhältnis für ein Hotel dieser Qualität ist – gerade in diesem zentralen Umfeld in Rom – ganz hervorragend. Und wenn das Terrazza Flores – die Rooftop-Lounge-Bar mit Rundumblick auf die herrliche Kulisse Roms, im Sommer 2023 eröffnet werden wird, gilt das umso mehr.
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Fotocredits: Umiltà36 Shedir Collection

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