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Seven Summits

Gipfeltreffen über den Dächern der Welt

Sie sind berüchtigt und sagenumwoben: die höchsten Berge der Kontinente. Bekannt als die »Seven Summits« faszinieren sie seit jeher Bergsteiger und Gipfelstürmer. Ihr Antlitz ist ehrwürdig, der Aufstieg eine sportliche Hochleistung. Wir stellen die sieben höchsten Gipfel der Kontinente vor. Text: Marie Tysiak

Europa: Elbrus

Europas höchster Gipfel – das ist doch der Mont Blanc (4.810 Meter). Oder etwa nicht? Hier gehen die Meinungen tatsächlich auseinander, je nachdem wo man die innereurasische Grenze genau zieht. Die ist bis heute nämlich nicht geklärt. Neben der in Europa vorherrschenden Ansicht, nördlich des Kaukasus die Kontinente zu trennen, sieht eine ebenso weit verbreitete Meinung das Kaukasus-Gebirge selbst als Grenze zwischen Asien und Europa. Nach dieser Definition ist der weitaus höhere Mount Elbrus auf russischem Gebiet im Kaukasus die höchste Erhebung des europäischen Kontinents.

Der Mount Elbrus ist ein erloschener Vulkan, der von 22 Gletschern überzogen ist. 145 Quadratkilometer Eis bedecken den Berg samt seinem Doppelgipfel – und stellen Gipfelstürmer vor eine rutschige Herausforderung. Denn auch wenn die Infrastruktur mit ausgebauten Skigebieten, Seilbahnen und Hütten vergleichsweise gut ist, verlangt der Mount Elbrus Bergsteigern nach wie vor eine enorme Fitness ab. Doch wer den Aufstieg meistert, wird mit einem atemberaubenden Panoramablick über den Kaukasus belohnt.

5.642 Metern (Westgipfel) und 5.621 Metern (Ostgipfel)

Der 20 Meter niedrigere Ostgipfel wurde vermutlich früher bestiegen. Für den höheren Westgipfel gelten heute die vier Mitglieder eines britisch-schweizerischen Expeditionsteams als Erstbesteiger (1874).

technisches Können: medium; körperliche Herausforderung: mittelschwer

Mit nötiger Akklimatisierung mind. eine Woche notwendig

Zum Beispiel über Hauser Exkursionen, 10 Tage, ab 2.390 Euro

Südamerika: Cerro Aconcagua

Die Anden durchziehen den gesamten südamerikanischen Kontinent, unzählige weiße Gipfel reihen sich wie an einer Perlenkette von Peru bis an die Südspitze Chiles entlang – es ist die längste Gebirgskette der Erde. In Argentinien befindet sich der höchste Gipfel der Kette: Der unaussprechliche Cerro Aconcagua misst fast 7.000 Meter und ist damit der höchste Berg außerhalb Asiens.

Fünf Gletscher liegen an den Hängen des schroffen Berges, der lange fälschlicherweise für einen Vulkan gehalten wurde – vermutlich aufgrund seiner markanten Form. Für die Inka war der Cerro Aconcagua heilig, 1985 entdeckten Bergsteiger eine Opferstätte samt Mumie und Opfergaben auf einer Höhe von fast 5.200 Metern.   

Verschiedene Routen führen auf den Gipfel – die Nordseite ist technisch vergleichsweise leicht zu besteigen – doch aufgrund der extremen Höhen müssen etliche Tage zur Akklimatisierung unterwegs eingeplant werden. Ein erfahrener Bergsteiger sollte man deshalb in jedem Fall sein.

6.962 Meter

Nach anderen, bereits erfolglosen Versuchen war 1897 schließlich der schweizer Bergsteiger Matthias Zurbriggen mit seiner Expedition erfolgreich.

technisch: mittelschwer, aber die Höhenkrankheit stellt trotz ausreichender Vorbereitung eine Gefahr dar.

ca. 3 Wochen inklusive Akklimatisierung

Bei Hauser Exkursionen lässt sich zu regelmäßigen Terminen bei Gruppenexpeditionen der Aconcagua-Gipfel besteigen. Kosten: ca. 5.490 Euro.

In Australien und Ozeanien kämpfen gleich drei Berge um den Titel als höchsten Berg des Kontinents – das liegt daran, ob man den Kontinent politisch, geografisch oder kulturell betrachtet. Da die drei Gipfel den Titel je auf ihre Weise verdienen, stellen wir sie alle vor.

Australien: Mount Kosciuszko

Schnee in Australien? Ja, den gibt es. Ganz im Südosten des Landes, im letzten Zipfel von New South Wales, hebt sich der Mount Kosciuszko als höchster Gipfel der Snowy Mountains empor, immerhin 2.228 Meter. An 140 Tagen liegt hier tatsächlich Schnee – an seinen Berghängen befindet sich das Zentrum von Australiens Wintertourismus. Den langen, aber machbaren Weg hinauf nahm 1840 erstmals der polnische Entdecker Pawel Strzelecki auf sich und benannte den Gipfel nach seinem Nationalhelden Tadeus Kosciuszko.

Ob der Mount Kosciuszko nun der höchste Gipfel Ozeaniens ist, darüber lässt sich streiten. Fakt ist: Der Gipfel ist der höchste Punkt auf Australiens Festland – und wird kulturell oft als der Gipfel des australischen Kontinents angesehen.

2.228 Meter

1840 durch den polischen Entdecker Pawel Strzelecki

leicht

ohne Begleitung möglich, geführte Touren kosten vor Ort ab ca. 30 Euro

Ozeanien: Aoraki/ Mount Cook

Nimmt man nun allerdings Australien gemeinsam mit Neuseeland und den pazifischen Inseln – so wie Ozeanien inklusive Australien oft politisch gesehen wird – so befindet sich in Neuseeland ein höherer Gipfel. Der Aoraki, auch Mount Cook genannt (beide Namen sind offiziell), ist die höchste Erhebung der neuseeländischen Alpen auf der Südinsel. Er misst 3.724 Meter. Benannt ist er zu Ehren des britischen Entdeckers James Cook, der als erster Europäer Neuseeland umrundete und für die Briten politisch einnahm.  

Der markante und felsige Gipfel, der im gleichnamigen Nationalpark samt seiner umliegenden Gletscher geschützt ist, bildet eine spektakuläre Kulisse. Eine Besteigung ist auf verschiedenen Routen möglich – doch trotz der vergleichsweise geringen Höhe muss man nichtsdestotrotz einige Tage für den Aufstieg einplanen.

3.724 Meter

1894 gelang den drei neuseeländischen Bergsteigern Jack Clarke, Tom Fyfe  und George Graham der Aufstieg

 
 

medium

über alpine Guides New Zealand, ab ca. 3.400 Euro

Australischer Kontinent: Puncak Jaya

Unter Bergsteigern allgemein anerkannt gilt allerdings der 4.883 Meter hohe Puncak Jaya (oft auch Carstenz-Pyramide genannt) in Indonesien als der höchste Gipfel des australischen Kontinents. Was zunächst vielleicht etwas verwirrend klingt, ist eigentlich ganz einfach: Geologisch reicht der australische Kontinent, also die kontinentale Platte, auf der Festlandaustralien liegt, bis nach Neuguinea. Dort liegt, auf der indonesischen Hälfte der Insel in West-Papua der vulkanische Gipfel. Geografisch gehört der Puncak Jaya (zu deutsch etwa Siegesgipfel) zu Australien, politisch gesehen allerdings zu Indonesien.

Die Besteigung des Berges ist trotz seiner vergleichsweise geringen Höhe klettertechnisch dem Mount Everest gewachsen. Selbst professionelle Gipfelstürmer sind vielen Schwierigkeiten ausgesetzt. Wer nicht mit dem Helikopter anreist, muss tagelang durch den Dschungel waten, um schließlich zum Fuße des Berges zu gelangen. Heftige Kletterpassagen über blankem Fels, eine schlechte Infrastruktur und politische Unruhen erschweren das Bergglück.

Denn: An den Hängen des Puncak Jaya liegt die Grasberg-Mine, die größte Goldmine der Welt. Die Ausbeutung West-Papuas und die Umweltverschmutzung durch die indonesische Regierung in Zusammenarbeit mit amerikanischen Unternehmen ist seit Jahrzehnten Ursache für den gewaltsamen Konflikt zwischen Regierung und den Ureinwohnern. Nachdem das Gebiet lange abgeriegelt war, kann der Gipfel seit 2005 behördlicher Genehmigungen wieder bestiegen werden – die Lage kann sich allerdings schlagartig ändern.

4.883 Meter

Nach mehreren Versuchen gelang erst 1962 die Besteigung des höchsten Gipfels. Die Expedition wurde geleitet von dem österreichischen Bergsteiger Heinrich Harrer, seine drei Begleiter waren der Neuseeländer Philipp Tempel, der Australier Russell Kippax und der Niederländer Albertus Huizenga.

schwer

10 bis 21 Tage, je nachdem, ob man mit dem Helikopter anreist

ab ca. 3.400 Euro pro Person über Adventure Alternative 

Nordamerika: Mount Denali

Du hast den Namen Mount Denali noch nie gehört? Das mag vielleicht daran liegen, dass der höchste Berg Nordamerikas bis 2015 offiziell als Mount McKinley bekannt war. Doch unter der Präsidentschaft Obamas erhielt der Berg in Alaska nun final wieder seinen ursprünglichen, einst von der indigenen Bevölkerung Alaskas zugewiesenen Namen: Denali.   

Der Mount Denali ragt stolze 6.190 Meter im Süden Alaskas im gleichnamigen Nationalpark empor – kein anderer Gipfel überblickt sein Umfeld wie dieser. Durch diese freistehende Lage sind die Wetterbedingungen am Mount Denali extrem, oft verhüllt eine dicke Wolkenschicht den Gipfel. Hinzu kommt die Kälte, einst wurden auf dem Mount Denali sogar minus 73 Grad Celsius gemessen! Der heftige Wind, nicht selten bis zu 160 Stundenkilometer schnell, erschwert die Besteigung.

6.190 Meter

Als erster Mensch auf dem Gipfel gilt Walter Harper aus Alaska, der 1913 mit einer Expeditionsgruppe in einer Seilschaft der Aufstieg gelang.

technisch mittelschwer, aber die extremen Wetterbedinungen, das schroffe Terrain und die Höhe erfordern enorme Erfahrung und Anpassungsfähigkeit; nur für erfahrene Bergsteiger geeignet

ca. drei Wochen samt Akklimatisierung

ab ca. 10.000 Euro über Amical Alpin, immer im Mai und Juni

Afrika: Kibo

Der Kibo im Kilimandscharo-Massiv ist der höchste Berg Afrikas. Er liegt nur wenige hundert Kilometer vom Äquator entfernt in Tansania und ist einer der drei erloschenen Vulkane des Bergmassivs. Die vergletscherte Eiskappe des Gipfels wirkt wie eine kitschig-gemalte Kulisse der von Akazien gesäumten umliegenden Savanne. Er ist der höchste freistehende Berg der Welt, denn er hebt sich fast 5.000 Meter aus der Ebene empor.

Jedes Jahr versuchen zehntausende Bergsteiger, den Kraterrand am Gipfel zu erreichen. Doch: Der Kibo hat es mit seinen knapp 5.900 Metern in sich! Trotz guter Infrastruktur machen extreme Temperaturunterschiede und viele Höhenmeter den Gipfel zu einer sportlichen Herausforderung, die man nicht »mal eben« an seinen Safari-Urlaub anschließen kann – auch wenn viele Touranbieter genau das vermitteln wollen. Ausreichend Zeit für Erholung und Akklimatisierung sind unabdingbar.  

Oft wird der Kibo fälschlicherweise synonym mit dem dazugehörigen Gebirge, dem Kilimandscharo, gleichgesetzt. Neben dem Gipfel des Vulkans Kibo ragt südlich der Vulkan Mawenzi felsig empor, seine Besteigung ist weitaus schwieriger (5.148 Meter). Der dritte Gipfel, der Shira, ist mit einer Höhe um 4.000 Metern vergleichsweise leicht zu besteigen. 

Immer wieder kommen Messungen auf eine unterschiedliche Höhe zwischen 5.893 und 5.902 Metern.

Nach mehreren Versuchen gelang es dem deutschen Hans Meyer und dem Österreicher in Begleitung von Einheimischen (deren Namen nicht sicher belegt sind) bei einer Expedition 1899, den Krater und Gipfel des Kibo zu erreichen.

mittelschwer, aber es muss unbedingt ausreichend Zeit eingeplant werden

mindestens fünf Tage

zum Beispiel über Hauser Exkursionen, verschiedene Routen und Termine, ab ca. 1.875 Euro.

Asien: Everest

Er ist der größte Gipfel der Erde, berühmt und berüchtigt: der Mount Everest in Nepal. Über dem Dach der Welt im Himalaya ragt er fast 8.900 Meter in den Himmel und ist damit mit Abstand der höchste der 14 Berge der Welt, die über 8.000 Metern reichen – die übrigens alle in Asien beheimatet sind. Reinold Messner bezwang den Giganten ganz ohne Sauerstoff – der Berg hat längst Kultstatus bei Bergsteigern erlangt.

Leider bringt der Ansturm, besonders in den letzten Jahren, immer wieder negative Schlagzeilen mit sich: Schlangestehen am Gipfel, Müll im Basislager, hunderte Verunglückte entlang des Weges. Es müssen Lösungen gefunden werden. Denn der Mount Everest ist nicht nur einer der extremsten Orte der Welt, er stellt für viele Menschen einen heiligen Ort dar. Einen Ort, der Himmel und Erde verbindet.

Im hinduistischen und buddhistischen Glauben, so auch der des Volkes der Sherpa, der in der Everest-Region lebt, ist der Gipfel Sitz der Götter. Viele Sagen ranken um den höchsten Berg der Welt. Den Sherpas ist es sehr wichtig, dass vor der Besteigung eine sogenannte Puja-Zeremonie durchgeführt wird, um dem Zorn der Berggötter zu entgehen. Erst dann dürfen Bergsteiger auf den Gipfel.

8.848 Meter

1953 erreichten der neuseeländische Bergsteiger Edmund Hillary gemeinsam mit dem nepalesischen Bergsteiger und Sherpa Tenzing Norgay den Gipfel. Die beiden Gipfelstürmer verband eine jahrelange Freundschaft.

brutal

etwa 60 Tage mit Akklimatisierung

zum Beispiel über Adventure Consultants für ca. 60.000 Euro.   

 

Antarktika: Mount Vinson

Der letzte der Seven Summits wurde erst 1958 bei einem Expeditionsflug entdeckt – der Mount Vinson in Antarktika. Denn ja, Antarktika, wie der Name offiziell lautet, ist ein Kontinent. Er umfasst die Klimazone Antarktis samt seiner Eisfläche und dem Südpolarmeer.

Während fast die gesamte Landmasse des Kontinents von dem größten Eisschild der Erde bedeckt ist, durchziehen auch einige massige Gebirgsketten und Vulkane Antarktika und ragen aus dem dicken Eis heraus. Der höchste von ihnen ist mit 4.892 Meter der Mount Vinson, benannt nach dem amerikanischen Politiker und Unterstützer der Antarktis-Forschung Carl G. Vinson. Er erhebt sich in der sogenannten Sentinel Range auf dem von Chile beanspruchten Gebiet.

Auch wenn der Mount Vinson als vergleichsweise einfach zu besteigen gilt, sind besonders die Wetterbedingungen mit extremer Kälte und Stürme oft unberechenbar und erfordern eine Menge Flexibilität, Erfahrung und Durchhaltevermögen. Alleine die Anreise dorthin ist ein Abenteuer. Belohnt werden die Bergsteiger allerdings mit zahlreichen Gletscherüberschreitungen, steilen Abhängen, offenen Höhenplateaus und spektakulären Gipfelketten. 

4.892 Meter

1966 gelang insgesamt zehn Bergsteigern und Polarforschern einer medial groß angelegten und internationalen Expedition die Erstbesteigung.

mittelschwer

etwa 20 Tage

zum Beispiel über Alpin Welten als Gruppe inklusive Flug für ca. 40.000 Euro oder über Polar Adventures 

Gipfelstürmer

Die Idee, alle Seven Summits zu erreichen, wird dem amerikanischen Unternehmer Richard »Dick« Bass zugeschrieben. Erst im Alter von rund 50 Jahren entdeckte er seine Liebe für die Berge und schaffte es bis 1985 – als er 55 Jahre alt war – als Erster die jeweils höchsten Berge der Kontinente zu besteigen. Da für ihn der auf dem Festland Australiens liegende Mount Kosciuszko als höchster Berg Australiens gilt, bezeichnet man diese Zusammenstellung der Seven Summits auch als Bass-Liste.  

Bergsteiger-Legende Reinold Messner sieht den Puncak Jaya in Neuguinea als den höchsten Berg Australiens an – und vollendete nur ein Jahr später, 1986, als Zweiter diese Variante aller Seven Summits. Als Messner-Liste bezeichnet man daher diese schwierigere Zusammenstellung mit dem Puncak Jaya als höchsten Berg Australiens. Reinold Messner bestieg zudem bis 1986 als erster Mensch alle 14 Achttausender – und das ohne Sauerstoffflaschen!

Bis 2016 haben über 400 Bergsteiger nach einer der beiden Listen die Seven Summits bestiegen, etwa 17 Prozent von ihnen waren Frauen. Der jüngste Bergsteiger war bei der Vollendung gerade einmal 15 Jahre alt (Jordan Romero aus den USA), der älteste 74 Jahre (Takao Arayama aus Japan).