Wenn sich im Süden Europas der Sommer langsam verabschiedet, wird es auch in Portugals zweitgrößter Stadt trister. Und genau dann kann ein bisschen Farbe nicht schaden, dachte sich zumindest reisen EXCLUSIV-Autorin Simone Sever, hüllte sich in sattes modisches Pink und folgte dem rosa Faden durch die schöne Stadt Porto am Dourofluss.
Manchmal braucht es einfach Farbe, wenn das Strahlen der Sonne fehlt, die dem Grün der Blätter, dem Rot der Blumen und dem Blau des Himmels noch eine extra Nuance an Intensität hinzufügt. Wenn sich ein Grauschleier über alles legt und selbst die strahlenden Azulejos in Porto kaum dagegen ankommen, was kann man da tun? Trübsal blasen? Auf Reisen? Auf gar keinen Fall! Es gilt, Farbe ins Spiel zu bringen und Farbe zu suchen.
Ich bin für ein verlängertes Wochenende in Porto, der Stadt, die der portugiesischen Hauptstadt Lissabon so langsam den angesagten Rang abläuft. Zumindest glauben das meine Freunde, die bereits seit Jahren schwärmen von der Schönheit am atlantischen Meer. Jetzt will ich mich endlich selbst davon überzeugen. Flug gebucht. Hotel gefunden. Die Reise beginnt.
Auf der Suche nach der rosa Spur
Mein erster Weg führt mich in mein Heim für die nächsten Nächte, ins Menina Colina Guesthouse. Es ist nicht ganz einfach, die Adresse gegenüber des Hospital San Antonio, das mit seiner brutalistischen Rückenansicht im direkten Kontrast zu den Häuserfronten der anderen Straßenseite steht, zu finden. Doch schließlich stehe ich vor einer Art Portal, einer massiven Tür, die sich auf mein Klingeln langsam öffnet und mir den Blick in eine ungeahnte und unerwartete Welt freigibt. Es ist einer dieser Momente, in denen man auf seinen Reisen innehalten sollte, ja gar muss. Einer dieser komplett überraschenden Augenblicke, die so richtig von den Socken hauen. Während die freundliche Rezeptionistin mir sogleich entgegen eilt, stehe ich gebannt da und bitte sie um einen kurzen Moment, denn dieses Entrée muss nachwirken.
Rosa Zimmer
Das Menina Colina ist ein gut gehütetes Geheimnis, eine Familienvilla, deren Geschichte bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreicht. Heute ist sie zu einem Guesthouse umgebaut, einer wahren Perle, denn die neuen Betreiber haben mit geschicktem Händchen, mit Können und exzellentem Geschmack die historische Villa in ein modernes Gästehaus verwandelt. Wer dieses Schmuckkästchen betritt, der findet gleich beim Eingang große Wandgemälde à la Trompe-l’œi sowie Landschaftsmalereien, die zwar nicht Porto zeigen, aber in ihren bildlichen Bann ziehen. Das hölzerne Treppenhaus ist eingerahmt von blassen marmorierten Wänden, die im warmen zarten Rosaton das Holz akzentuieren. Im alten Musikzimmer im zweiten Stockwerk könnte ich beinahe weinen, so schön sind die erhaltenen Wandverzierungen und Gemälde, die einem königlichen Schloss gerecht würden.
Im dritten Stockwerk liegt Camille, eines von zur Zeit insgesamt neun Zimmern. Der Deckenstuck lässt mich erneut staunen, so filigran und flächendeckend füllt er den Himmel des Zimmers aus. Die Farbgebung von Blassrosa in Kombination mit gedecktem Grün findet sich überall im Zimmer. Das rosa Bad, das als Kubus in das geräumige Zimmer mit Bett, Sofa und Schreibtisch eingefügt wurde, gibt dem Historischen jenen notwendigen modernen Touch, ohne dabei zu dominieren. Es ist das Zimmer meiner Träume – so viel steht gleich beim Eintritt fest. Draußen vor meinem Balkon, der mit den typischen blau weißen Kacheln geschmückt ist, schweift mein Blick durch den Garten. Im Sommer ist er sicherlich ein echtes Kleinod, im Moment aber ziehen sich die dichten Wolken zusammen und packen den Himmel in ein schlichtes Betongrau. Im rosa Traumraum zu bleiben, fällt deshalb gerade wenig schwer.
Pink Palace
Porto wartet trotzdem. Am nächsten Tag reißt der Wolkenhimmel immer wieder kurz auf. Zeit für den Pink Palace, das Rosé Museum auf der anderen Seite des Douroflusses im Stadtteil Vila Nova de Gaia, wo das Portweinunternehmen Taylor nicht nur eine neue Welt des Weins genannt WOW, das Fünf-Sterne-Hotel The Yeatman und insgesamt sechs Museen sowie zahlreiche Top Restaurants erschaffen hat, sondern auch den Pink Portwein erfand. Mit Tonic gönne ich mir dieses wundervolle und so lokale Erfrischungsgetränk, das sich bestens als Aperitivo eignet auf der Terrasse des The Yeatman, die einen spektakulären Blick auf die Altstadt Portos erlaubt. Felicidades!
Pink Suit
Es ist Zeit, in meinem Pink Suit das Museum zu besuchen. Pretty in Pink betrete ich den Pink Palace, eines der wohl lustigsten Museen, die es für Erwachsene gibt und zeitgleich ein Ort, an dem Rosé endlich ernst genommen wird. Auf mehreren Stationen spaziere ich durch die pinke Welt, hole mir hier und da ein Probe-Gläschen, das im Eintritt inkludiert ist, positioniere mich mal kopfüber auf einer Picknickdecke, mal in einem Pink Cadillac und springe am Ende und nach dem fünften Gläschen Rosé völlig enthemmt ins rosa Bälle-Bad, aus dem die kleine Simone bitte nicht! abgeholt werden möchte. Aber die anderen Besucher wollen schließlich auch mal.
Rosé Olé
Am Abend zum Dinner sitze ich immer noch passend in Pink im 1828, dem edlen Restaurant der WOW (World of Wine). Als Vorspeise erfreue ich mich an Austern, die in Begleitung eines portugiesischen Sekts, eines Soalheiro Bruto Rosé, besonders munden. Das Beef Tartar, das ich als Hauptgericht ordere, ist ebenfalls eine perfekte Ergänzung zu dem prickelnden feinperlenden Rosé.
Rosa Badewanne
Die große Sammlung zeitgenössischer Kunst im »Museum Serralves im Stadtteil Lordelo do Ouro wartet auf mich. Da ich aber dem rosa Faden folge, stapfe ich nach dem Kunstrundgang durch das herbstliche Parkgelände. Mein Ziel: die Casa de Serralves, eine herausragende Villa, die der portugiesische Architekt José Marques da Silva 1923 im Stil der Stromlinien-Moderne entworfen hat und die ein Farbkleid trägt, das mir mehr als nur besonders gut gefällt. Die Art Deco Villa ist ein Prachtstück in Rosa. Doch es ist nicht nur die äußere Schönheit, die mich erfreut. Auch die inneren Werte können sich sehen lassen. Insbesondere das rosa marmorne Badezimmer, das mich wenngleich auch nicht stilmäßig, aber farblich an meinen Badezimmerkubus im Menina Colina Guesthouse erinnert. Und genau dort lasse ich, mit Camille, mein Pretty in Pink-Wochenende ausklingen.
Mehr Porto gefällig?
Hier verraten wir euch, was man in Porto gesehen haben muss.
Diese typisch portugiesischen Speisen solltet ihr unbedingt probieren.