Glück malt man mit Punkten. Unlust mit Strichen. Rund und dicht beieinander liegen die 1200 Inselchen der Malediven wie Milchkleckse im brombeerblauen Meer. Und schon von oben, aus dem Wasserflugzeug betrachtet, hüpft das Herz und weiß: Die Malediven sind mit das Schönste, was der Planet zu bieten hat. Doch alles Schöne ist verletzlich … Text: Carolin John
Ein kleiner Tischventilator baumelt kopfüber von der Decke. Wie ein Föhn wirbelt er die warme Luft durch die Kabine der Zehn-Personen-Maschine. Die Haare der Dame vor mir wehen pfeilartig nach hinten. Sanft setzen die Kufen des Wasserflugzeugs vor Rangali Island auf. »Wel – come to the maldives!« Mit dem Zeh schiebt der Pilot seine Flipflops beiseite. Ein Griff aus dem Cockpit zum Kippschalter des Ventilators. Die Haare der Dame fallen schlaff herab. Landing completed. Willkommen im Conrad Maldives auf Rangali Island.
Am Holzsteg wartet Catherine auf uns. Sie beugt sich zum Hotelmanager vor und sagt etwas. Ein Schmunzeln huscht über ihre Gesichter und umgibt sie wie ein Geheimnis. Wir sollten noch erfahren, warum. Catherine ist zu einem großen Teil die Seele des Conrad Maldives auf Rangali Island, einem Fünf-Sterne-Luxusresort mitten am Äquator, mitten im Ozean, mitten im Nichts.
Catherine war es auch, die mich zwei Wochen zuvor anrief und fragte, ob ich spezielle Wünsche, Eigenheiten oder Allergien hätte – was freilich nicht dasselbe ist. Die Kenntnis darüber jedoch hilft, den Aufenthalt auf der Insel so angenehm wie nur möglich zu gestalten. Für beide Seiten. Denn Rangali Island ist winzig. In 40 Minuten läuft man einmal um die komplette Insel (wenn man sehr langsam läuft). Keine Apotheke, kein größerer Shop, nur Sand, Kokospalmen und High-End-Barfuß-Luxus. Damals, als Catherine anrief, wusste ich noch nicht, dass ich meine Brille am Flughafen in München liegen lassen sollte.
Die Luft ist warm, das Wasser frisch wie Pfefferminz
Am nächsten Morgen sickert das Licht wie Honig durch die Holzjalousie. Schon um sechs Uhr früh ist es so hell, wie es zu Hause, addiert man auch alle Sommertage zusammen, niemals wird. Dieses Licht, »oh, welch edle Himmelsgabe«, schrieb schon Schiller. Am Äquator strahlt es so hell, irisierend und klar wie sonst nirgends. Ich beginne den Tag mit einem Sprung in die türkisglitzernde Lagune. Die Luft ist warm, das Wasser ist frisch wie ein Pfefferminz.
Dann wird es Zeit, etwas zu tun. Ich esse einen Joghurt mit frischer Ananas, Papaya und Melone im Mandhoo Spa Restaurant, mit dem Wissen, dass alle frischen Milchprodukte eine Besonderheit sind. Denn die nächste Kuh steht 1 000 Kilometer entfernt auf dem indischen Festland und gilt dort als heilig.
Das Mandhoo ist aus Holz gebaut, steht auf Pfählen im Wasser, und durch die offenen bodentiefen Fensterläden weht mild der Wind vom Meer. Serviert wird ausschließlich organic food. Am nächsten Morgen sitze ich wieder dort. Als ich vom Buffet komme, ein hartgekochtes Ei kullert auf meinem Teller hin und her, liegt an meinem Platz eine elegante, randlose Brille. Der Frage, woher man weiß, dass ich es bin, die diese Brille benötigt, und dass ich an diesem Ort frühstücken werde und nicht in dem anderen, größeren Atoll Market Restaurant, gehe ich nicht auf den Grund. Ich setze sie auf und lese. In der Good Morning Deutschland. Etwa davon, dass die Lokführer streiken und Angela Merkel ihr Kabinett trotz Wahlniederlage in Baden-Württemberg nicht umbilden will. Ich falte die Neuigkeiten zu einem Schiffchen, setze es auf den Ozean und tauche ab.
Das einzige, was ich höre, sind meine Atemzüge
Nur wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche, die sich wie Klarsichtfolie bis zum Horizont spannt, eröffnet sich ein Paralleluniversum. Mit Flossen und Schnorchel gleite ich schwerelos durch eine stille Zeitlupenwelt. Der einzige wahrnehmbare Klang sind meine Atemzüge durch den Plastikschnorchel. Wenn ich ein Star-Wars-Fan wäre, würde es mich an die Geräusche der schwarzen Atemmaske von Darth Vader erinnern. Doch ohne dieses Wissen erinnert es mich an nichts. Ich schwimme mit Makrelenschwärmen, Clownfischen und neongelb fluoreszierenden Zeitgenossen, deren Namen ich nicht kenne.
Mein Blick hakt sich an der Insel fest. Den goldenen Sand und die Kokospalmen in unmittelbarer Nähe zu wissen, beruhigt mich als ungeübte Schwimmerin, ehe ich wieder abtauche. Doch Vorsicht muss sein. Denn jeder kleine, weißviolett-schimmernde Korallenarm, den man berührt, stirbt ab. Die Korallen sind das Schutzschild der Malediven.
Mittagessen fünf Meter tief im Indischen Ozean
Die Inseln selbst ein Paradies auf Zeit. Denn die Malediven erheben sich selten mehr als einen Meter aus dem Wasser. Mittagszeit auf den Malediven. Wir sitzen im Ithaa, einem der ersten Unterwasserrestaurants der Welt – fünf Meter tief im Indischen Ozean. Ithaa bedeutet Perle. Und wie eine Perle liegt das Restaurant auf dem Meeresboden der Lagune.
Sarah Wiener servierte dort unten schon ihre Speisen, und Barbara Becker aß von den glänzend weißen Tellern in Haifischflossen- und Muschelform. Ganz leise Lounge-Musik dringt aus den Lautsprechern. Das Sonnenlicht fällt durch das Wasser und trifft warm auf den hölzernen Boden, die Gläser, die Teller. Die kleinen Wellen an der Wasseroberfläche werfen bewegliche Schatten. Das Ithaa ist ein magischer Ort. Wenn auch künstlich geschaffen, hat er etwas Pränatales, Ruhiges, Geborgenes, Gluckerndes. Und Essen gibt’s auch noch! Zum Beispiel Barrier-Reef-Fisch in Kokosnuss-Apfel-Bett. Und zum Nachttisch Dark-Chocolate-Parfait mit Himbeeren und Pistazien-Crisps.
Am letzten Tag stehen wir am Steg und warten mit Catherine auf das Wasserflugzeug, das uns von der Insel tragen wird. Es landet. Gischt spritzt. Aus der kleinen Tür klettern etwas zerknittert zehn Gestalten. Die Herren mit fahlen Gesichtern und Damen auf hochhackigen Schuhen, nicht ahnend, dass alle Wege, auch die Hotellobby und das Restaurant, mit knöchelhohem Sand bedeckt sind. Catherine beugt sich zu uns rüber und sagt: »Wie blass und verspannt sie aussehen, die Schultern bis zu den Ohren gezogen. Nach drei Tagen werden sie aussehen wie richtige Menschen: barfuß, ohne Make-up, umhüllt von luftig leichter Kleidung.« Wir schmunzeln. Die Malediven sind nicht so, wie man es sich vorstellt. Sie sind schöner. Wattiger, wärmer, heller. Beglückend.
Tops im Conrad Maldives auf Rangali Island
TOP. Ithaa. 32 Treppenstufen und fünf Meter unter der Wasseroberfläche bietet das Unterwasser-Restaurant Ithaa den Rahmen für ein spektakuläres und obendrein köstliches Dinner auf dem Meeresboden. Möchte man lieber über Wasser am Sunset Grill speisen und nur einen Aperitif im Ithaa genießen, beläuft sich die Rechnung auf € 38 pro Drink. Einen Tisch sollte man frühzeitig, spätestens zwei Wochen vor dem Wunschtermin, reservieren.
Sowohl die in die Lagune gebauten Stelz-Villen als auch die von dichtem Dschungelgewächs umgebenen Beach-Villen mit privatem Strand sind von keiner Perspektive aus einsehbar. Absolute Privatsphäre, zu jeder Zeit. Top!
Die Insel überrascht mit einem superb ausgestatteten Weinkeller, sechs Fuß unter dem Meeresspiegel. Ein teurer Spaß, denn pro Flasche versechzehnfacht sich der Preis vom Abfüllort bis zur Insel, allein 35 Prozent Steuern sind für die Alkoholeinfuhr fällig. Die wertvollste Flasche der 3000 Wein- und Champagnerflaschen, über die Sommelier Michael Arcena wacht, ist ein Louis-Roederer-Methusalem-Champagner, Jahrgang 1999, für rund € 50 000.
Das Resort verfügt über zwei unterschiedliche Spas. Ein besonderes Highlight ist das indisch inspirierte Spa auf der kleineren Resortinsel Rangalifinolhu. Auf der Massageliege schlummernd, blickt man, sofern man die Augen aufhält, durch ein Glasfenster im Holzboden auf die Fischlein im Indischen Ozean, während der Rücken gewalkt wird – Streichtechniken und Druckintensität sind dabei abgestimmt auf das persönliche Chakra. Das Art of Love-Treatment dauert drei Stunden und kostet, pro Pärchen € 430. Personal. Wie ein fein abgestimmter Organismus, mit hoher Diskretion und großem persönlichen Engagement arbeitet das Personal des Conrad Maldives Rangali zusammen. Aufmerksam, zuverlässig und in seiner Hilfsbereitschaft und Offenheit so schätzenswert, dass man es am Ende der Reise kaum missen möchte.
Flops im Conrad Maldives auf Rangali Island
Der Weg ins Paradies ist kein leichter: Der Transfer von der Hauptinsel Male zur kleinen Resortinsel mit dem Wasserflugzeug ist nichts für Flugängstliche. Der Transfer mit dem Speedboat ist mitunter holprig und nichts für Menschen mit empfindlichem Magen oder Rückenleiden.
Obwohl die Insel klein ist, möchte man dennoch gelegentlich den Buggy-Fahrdienst nutzen. Die telefonische Buggy-Anforderung hat eine erbetene Vorlaufzeit von einer Stunde, der Buggy kommt dennoch regelmäßig zu spät. Ohne Trinkgeld am Vortag bleibt der Service am folgenden Tag gerne ganz aus.
Der allabendliche folkloristische Showtanz ruft Erinnerungen an kostümierte Schulaufführungen in der Aula wach. Weniger wäre in diesem Fall gewiss mehr.
Trotz der exzellenten Ausstattung und des erstklassigen Service darf man sich fragen, ob die Kosten für einen zehntägigen Aufenthalt, die das Jahresgehalt eines deutschen Angestellten schnell übersteigen, tatsächlich in der Extensivität angemessen sind.
Wissen und bedenken. Asiaten reisen am liebsten im Februar auf die Malediven, Russen trifft man meist im Januar und im Mai auf den Inseln, Deutsche im Dezember sowie im März und April, zur Osterzeit.
Anreise und Auskünfte
Info. Maldives Tourist Information Office, Aschaffenburger Str. 96g, 63500 Seligenstadt, Tel: 06182-9934 857.
Anreise. Flugtickets nach Male gibt es ab € 340 pro Person und Strecke. Von Male geht es weiter mit dem Speedboat (60 Minuten) oder dem Wasserflugzeug (30 Minuten), zum Beispiel mit Trans Maldivian Airways, TMA, bis Rangali Island. Der Transfer mit dem Speedboat kostet etwa € 50, mit dem Wasserflugzeug etwa € 290 pro Person und Strecke.
Hotel. Conrad Maldives auf Rangali Island, 2034 Maldives. Tel.: +960 668 0629, E-Mail: maldivesinfo@conradhotels.com Over-Water-Villa. Reservierungen: Tel.: +800 00 266 723 oder über das Reservierungsformular auf der Website: www.ConradHotels.com.