Die kleine Insel Saint Lucia könnte karibischer nicht sein: freundliche Bewohner, immergrüne, abwechslungsreiche Vegetation und an jeder Ecke Rum in sämtlichen Variationen. Dazu traumhafte Strände, dunkelblaues Meer und eine kreolische Küche, die einfach ist, aber hervorragend schmeckt. Text: Andreas Dauerer

Schon nach dem ersten Schritt aus dem Flieger auf Saint Lucia kann man sie fühlen. Sie duftet nach Salz, mitunter auch ein bisschen nach Schweiß, sie ist heiß und strömt eine ungeheure Gelassenheit aus. Die Rede ist von der Karibik. Es dauert keine Minute, und ich befinde mich im Zeitlupenmodus. Ob ich will oder nicht. Und das ist gut so. Denn auch wenn die Autos hier in normaler Geschwindigkeit über die kurvigen Straßen auf Saint Lucia heizen, der Rest im Tagesablauf der Inselbewohner ist vor allem eines: laid back.

Wer hier tatsächlich seinen Computer und das BlackBerry als Arbeitsgerät mitgeschleppt hat, wird es wohl am zweiten Tag nicht mehr aus der Tasche ziehen wollen. Diese entspannte Atmosphäre steckt an, und wichtig werden auf einmal ganz andere Dinge. Zum Beispiel, wo ich jetzt nach dem langen Flug endlich etwas Ordentliches zu essen bekomme.

Andere Länder – neue Köstlichkeiten

»Ich kenne da einen kleinen Grill an der Straße«, sagt David, der mich vom Flughafen abgeholt hat und in den Norden von Saint Lucia bringen soll; eine Insel, die flächenmäßig nicht einmal so groß wie Hamburg ist. »Aber hier brauchst du drei Stunden, um sie einmal zu durchfahren«, lacht David und wackelt mit seinem Rastafarikopf und zeigt seine weißen Zähne. Wir halten an einem kleinen Kiosk mitten an einer Kurve. Irgendjemand hat hier zwei Holzkioske aufgebaut, und draußen brutzeln auf einem überdimensionierten blechernen Holzkohlegrill halbe Hühnchen und Koteletts vor sich hin.

Andreas Dauerer

Eines liegt dann recht schnell auf dem Teller vor mir, dazu die berühmte scharfe, orangefarbene Soße, die hier zu fast jedem Fleischgericht serviert wird. Der Inhalt? Viel Chili und ein paar verirrte Fruchtstückchen. Eigentlich ist die »Caribbean Hot Sauce« ein Sinnbild für die Karibik selbst. Nett anzusehen, heiß und gleichzeitig süß, so wird sich Saint Lucia mir während des ganzen Aufenthalts präsentieren. Natürlich darf auch ein eisgekühltes Bier zum Essen nicht fehlen. Schließlich erfährt man beim Biergenuss schon sehr viel über ein Land – wenn schon nicht geschmacklich, dann wenigstens vom Etikett.

Das Piton Beer hat den Vorteil, dass es gleich zwei Dinge lehrt. Zum einen prangt darauf das Wahrzeichen der Insel, die beiden grünen Vulkanhügel, die fast so aussehen wie der Zuckerhut in Rio de Janeiro, ihn aber mit 770 und 743 Metern doch in den Schatten stellen und eben gleich im Doppelpack auftreten. Zum anderen leuchten sie ganz blau vor dem goldgelben Bierhintergrund – ein Hinweis, dass selbst das etwas dünn schmeckende Bier bei übermäßigem Genuss auch seine gewohnte Wirkung entfalten kann – und dies auch tut.

Und dann ’ne Buddel Rum …

Nummer eins auf Saint Lucia ist aber ein ganz anderes Getränk: Rum, in allen nur erdenklichen Variationen. Große Bedeutung hat hier der »Spiced Rum«, also ein Rum versetzt mit verschiedenen Gewürzen und Kräutern, aus dem auch der berühmte Rumpunch mit Zuckersirup, Limetten und ein bisschen Orangensaft gezaubert wird. Der kann 24 Stunden lang am Tag ein treu ergebener Begleiter sein, lässt sich der Alkoholgehalt doch über Zumischen von Saft, Wasser und Eis so regulieren, dass er immer wunderbar passt. Natürlich sollte man sich nach dem Genuss keinesfalls mehr selbst hinter das Steuer setzen, diese Regeln gelten selbst hier in der Karibik.

RUM vom Feinsten auf Saint Lucia.

Andreas Dauerer

Am Vormittag legt man sich gemütlich an den Strand, mittags oder am frühen Nachmittag kann man ihn auch bei einer gemütlichen Siesta – schließlich ist man ja im Urlaub – ganz entspannt wieder aus den Gliedern schütteln. Doch gerade am Abend entfaltet der Rum jene Wirkung, für die er von Kuba bis Barbados so berühmt, bisweilen sogar berüchtigt ist: Er fährt in die Glieder. Und wo könnte man die Beine besser bewegen als bei der Friday Jump Night in Gros Islet?! Auf diesem hippiesken Fest füllen sich die Poren mit Schweiß, und der Rum wird ganz automatisch aus den tanzenden Körpern geschwitzt.

Party pur bei der Friday Jump Night

Zwei Straßen sind es, auf denen getanzt, getrunken, gefeiert wird. Eine bunte Mischung aus Weiß und Schwarz und ganz vielen Zwischentönen. Herzstück des Fests ist die Hauptkreuzung des kleinen Städtchens, wo sich aus überdimensionierten Bassboxen fette Beats ihren Weg durch die Menge bahnen. Mittendrin sitzt ein Mittfünfziger, mit Schiebermütze, wettergegerbtem Gesicht, zerschlissener Hose. Mit seinen zwei Stöcken quält er unaufhörlich die alte Regentonne, die als Schlagzeugattrappe herhalten muss. Und immer wenn amerikanische Touristen an ihn heranrücken, um ein Erinnerungsbild zu schießen, setzt er sein hübschestes Vierzahnlächeln auf, was sich so fest ins Gedächtnis brennt, dass es gar nicht schlimm ist, wenn man bei dieser Nacht keinen Fotoapparat dabeihat.

Pünktlich um ein Uhr morgens öffnet dann auch der Himmel seine Schleusen, und neben den Beats patschen dicke Regentropfen auf das noch immer warme Pflaster. Rastazöpfe fliegen durch die Luft, ein klein wenig erinnert die Szenerie an Woodstock. Eine ältere Dame im langen weißen Kleid und grauen Haaren hüpft barfuß auf der nassen Straßen herum, und ihre Enkelinnen tun es ihr gleich. Kaum jemand verlässt die Kreuzung, es wird einfach weiter getanzt, weiter gezecht, weiter gefeiert. So lange, bis die Sonne sich bald wieder wärmend über das kleine Hafendorf legt und die müden Neohippies in ihren Hotels mühsam, aber glückselig in den Schlaf finden.

Der alte Mann und das Meer

Die Meeresluft auf der Fahrt mit einem Wassertaxi in Richtung Soufrière lässt aber eine kurze Nacht schnell wieder vergessen. Die Insel macht auch vom Boot aus eine gute Figur, und die unterschiedlichsten Grün- und Blauschattierungen begleiten mich auf dem Weg in die Piton Bay. Doch auch das Meer hält eine Überraschung bereit: Grindwale eskortieren das Boot. Nichts Ungewöhnliches, wie Skipper Mario sagt.

»Je nach Jahreszeit sehen wir auch andere Wal- und Delfinarten. Eigentlich haben wir jeden Tag Begleiter am Boot«, lacht er.

Vielleicht haben sie auch nur den Rumpunch gewittert, der mittlerweile auch seinen Weg aus der Kühlbox in die Plastikbecher gefunden hat. Beim majestätischen Anblick der zwei dicht bewachsenen Pitons verstehe ich gut, warum David das Boot als Transportmittel empfohlen hat. Wie hingemalt rahmen sie die Bucht mit dem feinen, goldgelben Strand ein, der am Jalousie Hotel noch einen Tick weicher scheint. Hat man den feinen Sand dann erst einmal betreten, möchte man am liebsten nicht mehr herunter. Was viele nicht wissen: Der Sand für die Piton Bay wird aus Guyana importiert und ist deshalb nicht nur bei den Gästen des Jalousies, sondern auch bei den Ausflugsschiffen sehr beliebt.

Und sonst: wandern, tauchen, schnorcheln

Wem der kurze nachmittägliche Trubel am Strand zu hektisch ist oder wem das alleinige Sonnenbaden zu langweilig scheint, der braucht nicht lange nach Abwechslung auf Saint Lucia suchen. Egal, ob man durch feuchtwarme Tropenwälder in einer der fünf Naturschutzzonen im hügligen Inneren der Insel wandert, an den unzähligen Tauch- und Schnorchelspots Halt macht, einen Abstecher zu den Schwefelquellen bei Soufrière macht oder gar einen der Pitons besteigen möchte – die Möglichkeiten sind vielfältig und breit über die ganze Insel verstreut.

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Weil ihre Größe überschaubar ist, kann man den Sonnenuntergang dann trotzdem noch bequem von der eigenen Hotelterrasse erleben. Der geht zwar ähnlich schnell vonstatten wie überall anders auch auf der Welt. Aber der eisgekühlte Rumpunch in der Hand schafft eine entspannte Atmosphäre, dass die intensiven karibischen Farben auch nach dem Verschwinden hinter dem Horizont noch eine ganze Weile nachwirken.

Info. St. Lucia Tourist Board – Antje Rudhart, Tel.: 069 89 00 90 81, www.jetzt-saintlucia.de, www.stlucia.org

Anreise. Nonstop mit der Condor einmal die Woche ab Frankfurt a. M. nach Saint Lucia, www.condor.de. Vor Ort empfiehlt sich ein Mietwagen.

Unterkunft. Im Süden auf Saint Lucia liegt die luxuriöse Jalousie Plantation am attraktivsten Strand der Insel und lässt kaum Wünsche offen. Preise variieren teilweise stark nach Saison. Offseason in der Luxury Villa ab € 520. In der Hochsaison zwischen 16. Dezember und 3. August kostet die Villa € 960, www.jalousieplantation.com. Im Nordteil der Insel empfiehlt sich das Hotel Cap Maison. Eine Bedroom Villa Suite inkl. Jacuzzi ab € 563 in der Lowseason. In der Hauptsaison kostet sie dann € 820.

Reisezeit. Saint Lucia ist ein Ganzjahresurlaubsziel. In den Sommermonaten von Juni bis November fallen etwas mehr Niederschläge. Die Lufttemperatur liegt zwischen 21 und 31 Grad, das Meer ist mit 26 Grad angenehm warm.

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