Die Mücke ist – oh Wunder – tatsächlich das gefährlichste Tier der Welt. Reisende versuchen deswegen mit allen Mitteln, Stiche zu vermeiden. Oder die Folgen eines Stichs zumindest so gering wie möglich zu halten. Uns bewegt deshalb die Frage: Soll die Menschheit tatsächlich die Mücke ausrotten?
Wenn ich nachts nicht schlafen kann, beschäftige ich mich mit allerlei Themen. Letzte Nacht war es die Mücke. Da bin ich in der »Washington Post« auf einen Artikel gestoßen, der für Reisende spannend sein könnte. Ach was, auch für jeden, der an Sommerabenden auf der Terrasse oder dem Balkon sitzt, um den Sommer zu genießen.
Wird die Mücke zum Aussterben gebracht?
Ein Teil der Reisewarnungen für Südostasien, den Amazonas oder Afrika südlich der Sahara dreht sich nicht um Kriminalität oder politische Unruhen, sondern um Malaria! Die Krankheit gilt als eine der gefährlichsten Tropenkrankheiten – und wird durch den Stich einer bestimmten Gattung weiblicher Mücken der Art »Anopheles« übertragen.

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Während Reisende Prophylaxe schlucken oder sich in Moskitonetze einwickeln, feilen Forschende laut »Washington Post« an einer Lösung, die sich anhört wie aus einem Science-Fiction-Roman: Die gefährlichen Mücken könnten bald ganz von der Landkarte verschwinden. Genauer gesagt: ausradiert per Gen-Editing.
Ein internationales Forschungsteam rund um das Projekt »Target Malaria« hat eine Methode entwickelt, um weibliche Mücken genetisch unfruchtbar zu machen. Diese Labormücken tragen einen sogenannten Gene Drive, der sich rasant in der Population verbreitet – mit dem Ziel, ganze Generationen der Malaria-Überträger auszulöschen.
In Versuchen hat sich gezeigt: Schon nach wenigen Generationen schrumpft die Population drastisch. Keine Weibchen, keine Nachkommen, keine Übertragung. Was klingt wie die schönste Nachricht für Tropenreisende seit der Erfindung der Impfung, ist in Wahrheit eine ethische Zeitbombe mit Langzeitfolgen.
Wer ist »Target Malaria«?
Das Projekt bündelt die Arbeit von Fachleuten aus unterschiedlichen Disziplinen und Regionen, die gemeinsam an gentechnischen Lösungen gegen Malaria arbeiten. Das Projekt ist eines der größten und international und interdisziplinär am stärksten aufgestellten Konsortien für die Malariabekämpfung mittels genetischer Mückenmodifikation. Ein wichtiger Geldgeber des Projekts »Target Malaria« ist beispielsweise die »Gates Foundation« von Bill Gates.
Sein persönlicher Antrieb war die hohe Zahl an Todesfällen durch die Mückenstiche. Denn jährlich sterben weltweit mehr als 700.000 Menschen an den Folgen und den dadurch übertragenen Infektionen, wie zum Beispiel Malaria, Dengue, Chikungunya, Gelbfieber, Zika-Virus und anderen durch Mücken übertragbaren Krankheiten.
Traumziel ohne Tropenkrankheit – aber um welchen Preis?
Für viele klingt es verlockend: Einfach nach Sansibar oder Borneo jetten, ohne eine halbe Hausapotheke mitzunehmen. Keine bitteren Tabletten, kein nächtliches Surren am Ohr, kein mulmiges Gefühl nach einem Stich. Wenn die Mücken verschwinden, könnten auch Reisewarnungen fallen und Regionen neu entdeckt werden, die bisher als zu riskant galten.

Ist Malaria bald kein Thema mehr auf Reisen in tropische Länder? Foto: Dieses Foto wurde zur Veranschaulichung mit KI erstellt.
Doch genau hier wird es kompliziert. Denn das vollständige Auslöschen einer Spezies – selbst einer so ungeliebten – ist ein Schritt mit Folgen. Mücken sind Teil komplexer Ökosysteme. Sie dienen Vögeln, Fledermäusen oder Amphibien als Futter. Außerdem sind längst nicht alle Mücken gefährlich. Über 3.000 Arten existieren weltweit und nur ein Bruchteil überträgt Krankheiten.
Die Sorge der Wissenschaft: Wer mit einem Projekt wie »Target Malaria« an einem Faden des ökologischen Netzes zupft, könnte an anderer Stelle einreißen, was sich später nicht mehr flicken lässt. Beispielsweise, dass die Viren sich auf einen anderen Wirt setzen.
Plan B: Mücken, die nicht mehr krank machen
Einige Forschergruppen arbeiten daher an einer sanfteren Methode: Statt Mücken komplett zu vernichten, werden ihre Gene so verändert, dass sie den Malaria-Erreger nicht mehr in sich tragen können. Eine Mutation im FREP1-Gen sorgt dafür, dass sich der Parasit im Inneren der Mücke nicht mehr weiterentwickeln kann, ohne dass die Mücke selbst stirbt oder verschwindet.
Diese Mücken könnten sich wie gewohnt fortpflanzen, Stiche wären aber ganz ohne Krankheitsgefahr. Im besten Fall lebt das Ökosystem weiter wie zuvor und der Mensch ist trotzdem sicher.
Zwischen Fernweh und Forschungsethik
Für die Reisebranche wäre die Malaria-freie Welt ein Gamechanger. Neue Destinationen könnten erschlossen, die Saison verlängert, Gesundheitskosten gesenkt werden. Sogar Versicherungen dürften aufhorchen. Doch gerade in Ländern des globalen Südens regt sich auch Skepsis. Nicht nur, weil dort die Experimente laufen – sondern weil die Entscheidung, eine Tierart zu vernichten, nicht allein in westlichen Labors getroffen werden sollte. Auf der anderen Seite sind da die vielen Opfer, die nicht ausreichend geschützt leben können. Ein Schlamassel.

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Viele Ethiker warnen: Die Auslöschung – auch »nur« einer Mücke – ist ein massiver Eingriff in die Natur. Und was heute gegen Malaria eingesetzt wird, könnte morgen vielleicht aus weniger edlen Gründen zum Einsatz kommen.
Urlaub 2040: Moskitonetz optional?
Ob Malaria bald Geschichte ist, hängt nicht nur von Technik, sondern auch von Mut, Dialog und Verantwortung ab. Natürlich freue auch ich mich, wenn Reisen sicherer wird. Aber nicht, ohne vorher über ökologische Kipppunkte, globale Gerechtigkeit und genetische Schachzüge zu diskutieren.
Wer also beim nächsten Trip noch immer zur Prophylaxe greifen muss – und die ähnlich schlecht verträgt wie ich – darf sich trösten: Die Forschung läuft. Und vielleicht sieht die Reiseapotheke der Zukunft tatsächlich ganz anders aus. Nicht: Mücken adé, sondern: Pillen adé!
Hier geben wir dir Tipps, wie du lästige und gefährliche Mückenstiche vermeiden kannst.
Auf der Webseite des RKI erfährst du, welche Krankheiten Mücken übertragen können.
In diesem Artikel stellen wir die gefährlichsten Tiere der Welt vor.
