Das geheimnisvolle Land am östlichen Rand des Himalajas steht für Tradition und Spiritualität wie kein anderes. Zwischen atemberaubenden Landschaften und einer reichen Artenvielfalt ist es vor allem die Architektur, die Besucher aus aller Welt in ihren Bann zieht. Kaum ein Bauwerk in Bhutan ist nicht liebevoll gestaltet und inspiriert von der buddhistischen Philosophie und Mythologie des Landes. Wir verraten euch mehr über Bhutans Meisterwerke der Architektur!

Dzongs: Zwischen Tempel und Verwaltungsgebäuden

Wer Bhutan bereist, wird unweigerlich auf die unverwechselbare buddhistische Architektur aufmerksam, die so charakteristisch für das kleine Land ist. Gerade die sogenannten Dzongs stechen besonders ins Auge. Die auffälligen Gebäude ähneln einer Mischung aus Festung, Burg und Tempel und dienen zugleich als religiöse und administrative Zentren. Sie beherbergen oft Klöster und Regierungsämter! Hier trifft sich das Volk für Zeremonien, Kulturveranstaltungen, aber auch für öffentliche Versammlungen.

Bhutan Architektur: das Dzong Trashigang

Chandan Chaurasia

Ihre Innenräume sind mit prächtigen Schnitzereien und bunten Fresken aufwendig dekoriert. Fast wirken sie wie kleine Museen. Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie mit all ihren Wandmalereien, Holzarbeiten und Statuen einen Großteil der Kulturschätze des Landes beherbergen! Besonders berühmt sind der Dzong in Punakha aus dem 17. Jahrhundert und der Thimphu Dzong in der Landeshauptstadt. Hier befindet sich unter anderem der legendäre Thronsaal von König Jigme.

die Fassade eines Dzong

Amp Sripimanwat

Stupas: Orte der Spiritualität

Vielerorts spielt der buddhistische Glaube in Bhutan eine große Rolle, wie zum Beispiel in den sogenannten Stupas. Überall im Land können Besucher die monumentalen Strukturen entdecken, die als heilige Stätten gelten. Sie repräsentieren unterschiedliche Aspekte des buddhistischen Glaubens, wie zum Beispiel die Lehre des Dharmas. Auch wenn es sie in verschiedener Größe und Gestalt gibt, so haben sie doch eines gemeinsam: Alle Stupas haben einen runden Grundriss und ein kegelförmiges Dach. Sie dienen als Grabstätten von Heiligen oder als Schreine, die entweder buddhistische Reliquien oder heilige Texte enthalten.

Architektur in Bhutan_ eine Stupa

Aaron Santelices

So leben die Menschen in Bhutan

Aber auch die Wohnhäuser des Landes wirken nicht weniger imposant auf das europäische Auge! Oft sind die hölzernen Balken, Fenster oder Türen mit buten Malereien oder Schnitzereien dekoriert. Ein ganz besonders beliebtes Bild ist dabei der Phallus, der nicht nur als Symbol der Fruchtbarkeit gilt, sondern auch böse Geister fernhalten soll.

Frau in den Bergen von Bhutan

Gaurav Bagdi

Die Wände hingegen sind meistens ganz einfach weiß getüncht, aber dennoch überraschend interessant. Tatsächlich sind sie nämlich schräg! Hinzu kommen noch schräge Dächer, deren Schindeln mit Steinen beschwert sind, und Fenster, deren Größe mit den Stockwerken zunimmt. Apropos Stockwerke – davon gibt es meistens genau drei. Das liegt daran, dass traditionell das erste Stockwerk als Stall genutzt wurde, das zweite als Lagerraum und das dritte als Wohnraum! Übrigens sind nicht nur Wohnhäuser dreistöckig, sondern auch religiöse Gebäude. Hier symbolisieren die drei Geschosse Erde, Himmel und Hölle.

Und dann gibt es da noch eine kleine Stolperfalle! Die Türen in Bhutan sind traditionell mit Stufen, auch Genthoe genannt, versehen. Ihnen werden gleich mehrere Bedeutungen zugemessen. Einerseits sind sie ein Zeichen des Respekts vor Tradition und Kultur, andererseits schützen sie vor bösen Geistern.

Tempel im Himalaya-Gebirge

Aaron Santelices

Was gebaut wird, steht im Regelkatalog, ob gebaut wird, in den Sternen!

Dass die meisten Häuser und Gebäude nach sehr ähnlichem Prinzip gebaut sind, ist übrigens kein Zufall! Bereits im Jahr 1993 wurde in Bhutan das Werk «An Introduction to Traditional Architecture of Bhutan» veröffentlicht, in dem alle Regen der lokalen Baukunst festgehalten wurden. 2014 gab es schließlich eine Überarbeitung unter dem Namen «Guidelines für Bhutanese Architecture», ein Nachschlagewerk, an das sich ganz Bhutan in Sachen Architektur hält. So bleibt der Baustil einheitlich, und die reiche Tradition des Landes wird auch in Zukunft bewahrt!

 

Wer in Bhutan bauen möchte, braucht dabei aber nicht einfach nur die Zustimmung des Amtes. Sowohl die Ausrichtung als auch das Baudatum werden von Astrologen bestimmt. Sie berechnen ganz genau, wie und wann das Gebäude am besten errichtet wird. Die Baugenehmigung steht also quasi in den Sternen! Hinzu kommen verschiedene Rituale, die das Gelingen des Vorhabens garantieren. Zum Beispiel wird zunächst um Erlaubnis gebeten, bei den Göttern und lokalen Geistern, die das Grundstück schützen. Um nach der Fertigstellung alles Böse zu vertreiben, werden eine Gebetszeremonie und traditionelle Tänze organisiert.

Kindermönch in Bhutan

CC Leong/Shutterstock.com