Langsam versinkt die Sonne im Arabischen Meer. Elegant gleitet die einhundertzehn Meter lange Emerald Azzurra durch das Wasser. Auf den Kronen der sanften Wellen blitzt das Sonnenlicht wie funkelnde Diamanten und glitzert zum Abschied des Tages mit der Metropole Dubai um die Wette. Auf dem Balkon einer der nur 50 Suiten schaut reisen EXCLUSIV-Autorin Simone Sever meditativ auf das Meer, während die luxuriöse Motoryacht Kurs auf Oman nimmt.
»For I can’t help. Falling in love with you«, haucht Chloë Ashton-Milton ins Mikrofon. Die Passagierschar der Luxusmotoryacht Emerald Azzurra hängt ihr an den Lippen. Im hochgeschlitzten Kleid und mit Pumps so high, dass man sich fragt, wie sie darauf den ganzen Abend stehen, geschweige denn laufen oder später gar tanzen kann, ist Chloë der Star der Nacht. Als neu zugestiegener Passagier an Bord braucht es jedoch einen kurzen Moment, bevor man begreift, wer da die Showbühne rockt. Dann lächelt die talentierte Schönheit, und man erinnert sich an die Einschiffung, an die junge Frau in Shorts und Turnschuhen, mit Pferdeschwanz, sportlich, den Kumpeltyp und an das »Willkommen an Bord, ich bin Chloë Ashton-Milton, ihre Cruise-Managerin auf der Emerald Azzurra.«
Emerald Azzurra: Los geht die Fahrt in Fujairah
Die arabische Sonne brennt. Fast alle Passagiere sind in Fujeirah, einer Hafenstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, von Bord gegangen. Jetzt ist es ganz still auf der Luxusyacht. Ich fühle mich ein bisschen wie eine Multimillionärin auf einer dieser Superyachten. Mit großer Sonnenbrille, im superschicken Missoni-Bademantel, der für die Passagiere hübsch zusammengerollt bereitliegt.
So finde ich auf dem Skydeck beim Whirlpool meinen Platz auf einem der riesigen Loungebetten. Ein leichter Wind weht. Hier und da schiebt sich ein Wölkchen vor die Sonne. Das süße Nichtstun katapultiert mich in einen Zustand des Dösens, bis ich mich, von eigener Unruhe getrieben, in den Whirlpool schwinge – so lange, bis meine Fingerkuppen so schrumpelig aussehen wie bei einem Neugeborenen. Zeit für einen kleinen Snack und einen Kaffee im Aqua Café am Infnitypool, am Heck der Superyacht, das gläsern den freien Blick aufs Meer garantiert. Da spring ich jetzt auch noch mal hinein.
Schlemmen, was die Bordküche hergibt
Der Dresscode an Bord des Luxusliners ist elegant-sportlich. Wer mag, kann mehr. Weniger will keiner, und so sitzen beim Captain’s Dinner im Fine-Dining-Restaurant La Cucina die Damen fein herausgeputzt neben den Herren, die in lässigen Anzügen und gut sitzenden Hemden Platz genommen haben. Mediterranes À-la-carte-Essen wird angeboten: Emerald-Shrimps-Salat, gegrillter Lachs, Calamari, Grilled-Sirloin-Steak, Lamm – Küchenchef Li und sein Team haben in der überschaubar kleinen Bordküche der Superyacht alle Hände voll zu tun und meistern die Herausforderung mit Bravour.
Es wird viel gelacht am Kapitänstisch. Captain Julian Burgees, der Mann in der schicken Uniform, hat ähnliches Unterhaltungstalent wie die Cruise-Managerin Chloë. Nicht, dass er singen könnte, aber er erzählt Geschichten aus seinem Leben, die nicht nur durch britischen Humor gekennzeichnet sind, sondern auch von der Pandemiezeit berichten, in der er ohne Schiff klarkommen musste und LKW fuhr. Ein Mann für alle Fälle. Ein Captain, den man zu jeder Zeit auf der Brücke besuchen darf. Und das ist genau das Besondere dieser Luxusreise: die Nähe zu den Emerald-Azzurra-Crewmitgliedern.
Schön treiben lassen
In meiner geräumigen und stylischen Balcony-Suite in vorherrschendem und dezentem Grau auf Deck vier hat mir Franz von den Philippinen mein Zuhause an Bord ordentlich hergerichtet. Jedes Mal, wenn ich Franz in den Korridoren über den Weg laufe, begrüßt sie mich freudestrahlend mit »Hello Ms Simone, how are you today?« Dass ihr Name in Deutschland ein Männername ist, das hat man ihr schon häufig erzählt. Na ja, mein Name ist in Italien ebenfalls ein Männername. Franz und ich, wir verstehen uns. Und auch die restlichen 75 Crewmitglieder aus insgesamt 22 Nationen, die auf dieser Reise dabei sind, kann man nur ins Herz schließen.
In mondheller Nacht bei geöffneter Balkontür liege ich im Bett und lausche den Wellen, durch die die Emerald Azzurra so weich gleitet wie ein angewärmtes Messer durch eine Vanilleeistorte. Es schunkelt mich in einen tiefen Schlaf, und Jetlag sei Dank wache ich pünktlich zum Sonnenaufgang über dem goldglitzernden Meer auf. Das sind die Momente einer Schiffsreise, die pure Glücksgefühle bescheren. Die Temperatur lässt es zu, auf dem Balkon Platz zu nehmen und sich an der gold-orangenen Farbwelt sattzusehen.
Anders als geplant: Ankunft in Oman
Wir haben Oman erreicht. Aufgrund ihrer geringen Größe kann die Emerald Azzurra auch kleine Häfen ansteuern, die gern stadtnäher liegen als die Terminals für die Ozeanriesen. Der schlanken Motorschönheit ist es zudem möglich, in Buchten und Fjorde zu fahren, die für die großen Luxusliner unerreichbar sind. Noch beim Dinner am Vorabend hatte Captain Julian Burgees stolz verkündet, dass es der Emerald Azzurra von offizieller omanischer Seite erlaubt wurde, in den Musandam-Fjord hineinzufahren, dort zu ankern und dann die Passagiere mit den Zodiacs in die Badebuchten zu fahren.
Nun, es kommt anders. Die omanische Wasserpolizei begleitet uns steuer- und backbordseits des Schiffs. Offizielle kommen an Bord, und am Ende dürfen wir nicht mit der Yacht in den Fjord. Aber wenn nicht so, dann eben anders. Captain Burgees richtet es. Der Hafen von Khasab wird angesteuert, und Passagiere und Crew gehen an Bord einer traditionellen Dhau, einer dieser hölzernen schwimmenden Zeitzeugen. Auf arabischen gemusterten Kissen mit Datteln und Tee machen wir es uns bequem und schippern durch eine karge, unwirtliche Gegend. Steinige Berge ragen links und rechts auf. Da blüht kein Grün. Da entspringt kein Fluss aus der Mitte des Gesteins. Es ist eine Szenerie so trist wie beeindruckend und dennoch so wunderschön.
Synchron-Springen der Crew
In einer Badebucht an einem kleinen Strand hat sich das dunkelblaue Wasser smaragdgrün gefärbt. Wir sehen Delfine und machen uns startklar, um ins Wasser zu springen. Allen voran Captain Burgees, gefolgt von seinem Crewmitglied, Hoteldirektor Cristhian Castro, und Future-Cruise-Sales-Manager Slavko Karadaglic. Letztere springen so gekonnt ins Wasser, als hätten sie schon an Synchronspringer-Wettbewerben teilgenommen. Sie holen zeitgleich Schwung, zeigen vollkommen synchron eine Rückwärtsrolle und tauchen mit wenig Spritzwasser in das Grün der Arabian Sea. Die Jungs sind der Hammer. Passagiere und Crew applaudieren.
Am Abend wird es wild an Bord. Chloë hat sich ein teambildendes Gesangsspiel mit Bordgitarrist und musikalischem Begleiter Omar Portillo ausgedacht. Alles singt, swingt und tanzt. Chef Li, Hoteldirektor Cristhian, Cruise-Sales-Manager Slavko und natürlich die zauberhafte Chloë. Die Moves der Crew können sich sehen lassen. Ob nun die Hüften zum YMCA geschwungen werden oder die Textsicherheit bei Abbas Dancing Queen zur Geltung kommt, nebenbei sprudelt der Schokobrunnen ebenso voller Energie wie die internationale Gästeschar. Es ist ein Abend mit Freunden.
Maskat landestypisch erkunden
Ein letzter großer Landgang steht an: Maskat, die Hauptstadt von Oman, hat einiges im Programm. Für den Besuch der Sultan Qaboos Grand Mosque müssen Haare, Hände und Knöchel verhüllt sein. Ein Stand mit Abayas zum Ausleihen vereinfacht das Prozedere. Ordentlich verhüllt wird Frauen der Zutritt zur größten Moschee des Landes gewährt. Der Gebetsraum der Männer ist deutlich opulenter als der viel kleinere Gebetsraum der Damen. Der Marmor im Innenhof so sauber und glatt, dass es einer Freude gleichkommt, barfuß darüberzulaufen.
Im Bail-al-Zubair-Museum gibt es viel über Land und Leute und die Geschichte zu lernen. Prachtvolle Schmuckstücke, herrliche Gewänder, die arabische Welt im Schnelldurchlauf der Geschichte und immer wieder zwischendurch die Geschichten unseres Guides Mo, der uns von seiner Familie erzählt. Und davon, wie er auf Brautschau geht und welche Rolle die Mutter beim Finden der Braut spielt. Auch hier scheint es, als wären wir in der kurzen Zeit Freunde geworden.
Abschied von Freunden
In der gemütlichen Amici-Lounge wird vor dem letzten Abendmahl an Bord die gesamte 76-köpfige Crew beklatscht und verabschiedet. Ab morgen wird die Emerald Azzurra ohne Passagiere für mehrere Seetage Kurs Richtung Jordanien nehmen. Es gibt letzte Worte vom Captain und natürlich von der sympathischen Chloë, die das Motto der Reise mit der Emerald Azzurra nicht besser in Worte hätte packen können. Sie erhebt ihr Glas:
»To the tall ships, to the small ships, to ships that sail the sea, best ships are friendships so here’s to you and me.«
Und hier und da sind feuchte Augen zu beobachten, denn es haben sich viele neue und besondere Freundschaften an Bord gefunden.
Mehr Infos zur Emerald Azzurra
Emerald Azzurra. Die Doppelkabine kostet € 500 pro Tag und pro Person.