Im Süden des Sultanats Oman liegt die Wiege des Weihrauchs. Das hat der Region einst Reichtum und Ruhm geschenkt. Wir haben unsere Redakteurin Marie Tysiak nach Salala geschickt, um zu sehen, was vom alten Zauber übrig blieb und was heutzutage Magie versprüht.
Karge, schroffe Landschaften ziehen unter mir vorbei. Manchmal hat ein reißender Fluss tiefe Furchen in die Wüste geschnitten, doch nun liegen die sogenannten Wadis ausgetrocknet da, manche der Täler weitaus breiter als der Rhein. Es ist Trockenzeit im Oman, seit Wochen hat es nicht mehr geregnet. Schließlich erhebt sich ein Felsenmeer aus der Ebene, minutenlang erstrecken sich die Gebirgsketten wie zerknittertes Papier bis an den Horizont. Bis das Arabische Meer erst unerreichbar fern und dann allmählich ganz nah in geraden weißen Linien an den kilometerlangen und unberührten Sandstrand rollt. Nicht nur Surfer bekommen bei diesen perfekten Wellen ganz große Augen. Touchdown Salala, das sich weitläufig in einer Küstenebene verteilt. Die Hauptstadt der Region Dhofar ganz im Süden des Landes wird bei der Aussprache auf der zweiten Silbe betont, und so klingt Salala wie eine Verheißung – ein Ort, der nur in Träumen existiert.
Doch Salala gibt es wirklich, und die Geschichte der Stadt hat tatsächlich etwas Sagenhaftes an sich. Schon 100 Jahre vor Christus stand hier ein befestigter Hafen, denn genau an diesem Ort als einziger auf der gesamten arabischen Halbinsel – bringt jährlich die Meeresströmung den indischen Monsun her. Die Wolken bleiben vor dem Dhofargebirge im Inland haften, und es nieselt von Mitte Juni an drei Monate ohne Unterbrechung. Resultat: Die Lufttemperatur knackt die 90 Prozent. Diese Jahreszeit wird Charif genannt, die der Region um Salala ihr tropisches Klima beschert. Ein wahrer Segen für die Natur, die sich schnell in ein Tiefgrün hüllt und dadurch zu leuchten beginnt. Wasserfälle rauschen die Berge hinab, der Nebel hängt tief in den Tälern. Dank der fruchtbaren Böden sprießen Bananen, Kokospalmen und Tropenfrüchte im Überfluss. In diesem Paradies ließen sich schon vor über 100.000 Jahren verschiedene Völker nieder, erst 2011 fand man in der Wüste die Überreste einer Stätte der Nubier, eines Volkes aus Nordafrika, dessen Existenz man bisher noch nicht auf der Arabischen Halbinsel nachweisen konnte.
Ein Harz wertvoll wie Gold
Dann in der Antike wurde der sagenhafte Ort Salala weltberühmt. In den Bergen im Hinterland fand man heraus, dass das Harz des knorrigen Boswellia-Baumes, der nur aufgrund dieser besonderen klimatischen Bedienungen hier prächtig gedeiht, herrlich duftet und gleichzeitig Krankheiten und Schmerzen lindert. Das Heilmittel wurde schnell in fast allen Weltreligionen in Ritualen unentbehrlich: Weihrauch. Der Handel mit dem Wunderharz, der von Salala über die Weihrauchstraße in die ganze Welt ging, brachte der Region Dhofar ungeahnten Reichtum. Schiffe transportieren vom größten Hafen der Arabischen Halbinsel das getrocknete Boswellienharz bis nach China, Kamele trugen kiloweise Weihrauch durch die Wüste Richtung Europa.
Noch heute wird Weihrauch genau auf diese Weise von den Bäumen, tief in der Wildnis des Hinterlandes versteckt, gewonnen. Im Wadi Dawkah, wo sich unzählige Weihrauchbäume in der Ebene verteilen, kann man sich das Prozedere live anschauen, Erntezeit beginnt im Frühjahr. Alle paar Wochen wird die Baumrinde dann angeschnitten, um nach einigen Wochen endlich das reine Harz zu gewinnen. Domestizieren kann man Weihrauch schwer, die wertvollen Bäume, manche mehrere Jahrhunderte alt, befinden sich alle in Privatbesitz. Nach wie vor gilt der Weihrauch aus Dhofar als der beste der Welt.
Zwischen Dürre und Monsun
Nun bin ich also angekommen in Salala. Mein Taxi passiert Laundry-Shops und Obsthändler, Kamele grasen zwischen Palmen gleich am Straßenrand. Die Hafenstadt ist heute nicht mehr weiter sehenswert, bis auf einige Ausgrabungsstätten und den Weihrauchsouk vielleicht. Doch es sind zwei komplett unterschiedliche Gründe, warum Salala vor einigen Jahren auf der touristischen Landkarte aufgeploppt ist und sich langsam, aber sicher als Destination entwickelt: Sonnenreiche Strände und das Tor zu einer wundersamen Natur im Hinterland locken im Winter Europäer, kühlere Temperaturen und Regen im Sommer sind das größte Glück für Besucher von anderen Ecken der sonst brutal heißen und trockenen Arabischen Halbinsel. Zuvor war nur der Norden rund um Maskat bereits touristisch erschlossen, bis nach Salala, getrennt durch zehn Autostunden Wüste, schafften es nur die wenigsten. Jetzt wird der kleine Provinzflughafen zum Beispiel über das Drehkreuz Katar gut international angebunden.
Es sind nun zwei völlig unterschiedliche Typen Reisender, die dennoch ein Wunsch vereint: der nach stilvollem Luxus. Und so säumen heute eine Handvoll Luxushotels die breiten Sandstrände rund um Salala. Bei deutschen Reisenden besonders beliebt ist das Al Baleed Resort Salalah by Anantara – gleich neben der Ausgrabungsstätte des alten Hafens und dem Weihrauchmuseum, nur einen Katzensprung vom Flughafen entfernt. 136 Zimmer und Villen, viele davon mit eigenem Pool, reihen sich hinter den Privatstrand und setzen neue Standards für Luxusurlaub. Ich passiere eine große Palmenallee, bevor ich vor dem modernen Bau aussteige. Während mein Koffer sogleich in meine Villa gebracht wird, geleitet mich ein freundlicher Herr mit einem »Salam alaikum« zu einem Sessel und mit Blick auf den langen Infinitypool, der sich in Terrassen bis zum Meer erstreckt. Man reicht mir ein Glas frische Weihrauchlimonade und ein kühles Tuch.
Sonnengeküsste Strände und ein abenteuerliches Hinterland
Die kommenden Tage verbringe ich zwischen Pool und Meer und bei allerlei Ausflügen. Meine Guides Mahad und Kahlid führen mich tief ins Inland mit dem Allradwagen über die Sanddünen der Wüste Rub al-Chali – der größten Sandwüste der Erde. Zu den versteckten Stränden mit Delfinen ganz im Süden, nur wenige Kilometer von der Grenze zum Jemen entfernt. In die Bergwelt des Jabal Samhan, wo Jahrtausendealte Affenbrotbäume über die Landschaft wachen und der Arabische Leopard bis heute lebt. Und zum Wadi Darbat, das mich nachhaltig beeindruckt. Tieftürkis fließt hier der Fluss in mehreren Wasserfällen und sammelt sich schließlich in einem riesigen Becken. Kamele genießen das kühle Nass. Im Sommer zur Regenzeit, wenn das Wasser weitaus höher steht, schippern Ausflugsboote über den See. Jetzt, zur Trockenzeit, sind kaum Besucher da. Nur wenige Ausflügler machen ein Picknick im Schatten eines großen Baumes – eine sehr beliebte Freizeitaktivität im Oman.
Durch meine beiden Guides bekomme ich einen tiefen Einblick in die Kultur und Geschichte des Landes. Für mich ist es die erste Reise nach Arabien, wie man die Halbinsel umgangssprachlich nennt. Ich lerne, dass das Königreich Oman bis 2020 über Jahrzehnte vom geliebten Sultan Qabus bin Said geführt wurde, der aus Salala stammt. Es ist unter anderem seiner Politik zu verdanken, dass der Oman heute als eines der aufstrebendsten Länder auf der Arabischen Halbinsel gilt und als eines der liberalsten. Gerne bezeichnet man den Oman auch als »Schweiz von Arabien«, denn die Regierung hält sich aus den meisten politischen Konflikten, wie zum Beispiel im Jemen, raus. Nach dem Tod des Sultans regiert nun sein Cousin das dünn besiedelte Land – auch er möchte weiter den Tourismus und die Annäherung zum Westen fördern und betreibt eine Politik des Ausgleichs.
Ein Blick hinter die Kulisse
Doch man darf natürlich nicht vergessen: Der Oman ist nach wie vor ein tiefreligiöses Land, Staatsreligion ist der Islam. Auch meine Guides beten fünfmal am Tag, egal, wo wir gerade sind. Während im Norden die meisten Menschen Ibaditen sind, leben in der Region Dhofar im Süden vorrangig Sunniten. Tradition wird im Oman großgeschrieben. Immerhin die Mehrheit der Bevölkerung stellen Omanis. Der übrige Teil der Bevölkerung sind Einwanderer, die hauptsächlich zum Arbeiten herkommen – vorrangig aus Bangladesch, Indien, Südostasien und Europa.
Zum Abschluss meiner Reise in der Region Dhofar lädt mich Mahad zu seiner Familie ein. Es ist ein herzerwärmendes, sehr besonderes Erlebnis. Während Mahad in den Bergen im Inland beheimatet ist, wo er mit seiner Frau, seinen Brüdern und den über 100 Kamelen inmitten der Natur lebt, hat seine Tante in eine Familie geheiratet, die nicht weit von Salala wohnt. Traditionell ziehen die Frauen nach der Hochzeit mit zu der Familie des Mannes, der wiederum, wie auch Mahad, mit den Eltern und Geschwistern ein großes Mehrgenerationenhaus teilt.
Zu Besuch bei der Familie vom Guide
Draußen werden wir herzlich begrüßt, es ist schon dunkel. Stolz zeigt man uns die Ziege, die man extra für uns geschlachtet hat und die nun auf heißen Steinen nach traditioneller Art gegrillt wird. Die Männer, Hand auf der Brust, verbeugen sich leicht vor mir zur Begrüßung, die Hand wird nur den Männern gereicht, alles andere wäre unsittlich. Jemand kommt und sprüht mir Parfüm auf meine Kleidung – eine gastfreundliche Geste im Oman. Der süße Duft kitzelt in der Nase. In einer Ecke wird Weihrauch in dem dafür typischen Tongefäß verbrannt, der Rauch vertreibt die Mücken. Überall liegen Teppiche verteilt, auf denen Männer zum Gespräch Platz genommen haben. Ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen und grüßen soll.
Als Frau ist es mir erlaubt, auch die Frauen drinnen zu begrüßen, die zwar die Vorbereitungen erledigt haben, aber nicht draußen öffentlich teilnehmen dürfen… Sie schauen sich ein Tanzfest im Fernsehen an und sind sichtlich interessiert, ob ich denn schon verheiratet bin und Kinder habe. Fünf Kinder sind im Oman selbstverständlich, und so flitzen auch hier viele Kinder umher. Meistens heiratet ein Mann eine Frau, im Gegensatz zum Rest der Arabischen Halbinsel. Allerdings oft aus dem pragmatischen Grund, dass sich die wenigsten Männer zwei Frauen und somit auch zwei Familien leisten können.
Ein krönender Abschluss einer eindrucksvollen Reise
Es soll ein Abend voller Essen, Musik und vielen Selfies werden. Nachbarn stoßen dazu, und der Familienälteste erzählt von der Zeit, als er noch mit den Kamelen durch die Wüste gezogen ist – Mahad übersetzt fleißig. Sein Wunsch für die Zukunft des Tourismus im Oman sei, dass man sich gegenseitig mit Respekt begegnet. In einer Welt wie dieser sei dies wichtiger denn je. Wir könnten kaum aus unterschiedlicheren Welten kommen, doch in diesem Moment fühle ich mich tief verbunden mit dem alten Araber und bin froh, diese Reise nach Salala angetreten zu haben. Der alte Herr verabschiedet mich mit einem »Salam alaikum«. Ich nicke – und bedeute, dass ich ihm ebenso Frieden wünsche.
Mehr Infos zu Salala im Oman
Salala in der Region Dhofar ist mit Oman Air von Deutschland (Frankfurt oder München) über Maskat oder ab Frankfurt, München oder Berlin mit Qatar Airways über Katar gut angebunden. Die beste Reisezeit ist von November bis April. Mehr Informationen zum Oman und der Region Dhofar bietet das Fremdenverkehrsamt von Oman.
Übernachten. Al Baleed Resort Salalah by Anantara, 136 Zimmer und Villen in Salala mit privatem Strand. Deluxe Room für zwei Personen ab € 350 die Nacht inkl. Frühstück.
Alila Hinu Bay, 112 Zimmer und Suiten in der historischen Fischersiedlung Mirbat mit privatem Strand. Zimmer für zwei Personen ab ca. € 440 die Nacht inkl. Frühstück und Aktivitäten.
Hier findet ihr ein paar weiter Gründe, warum sich eine Reise nach Oman lohnt.
Autor Markus Grenz war auch schon in dem Sultanat, hier lest ihr seine Reportage über den Oman.
Hier stellen wir euch das Kempinski Hotel Muscat vor.