Alberta, tiefster Winter. Ein Glamping-Zelt irgendwo im Nirgendwo, knietiefer Schnee. Draußen tanzen, mit viel Glück, die Nordlichter, drinnen klappern die Zähne – zumindest, wenn die richtige Kleidung fehlt. Der kanadische Winter testet gnadenlos, wer vorbereitet ist und wer in der Kategorie »eisiges Elend« landet.

Nach Sternegucken bei minus 30 Grad, Schneeschuhwanderungen bei knackigen minus 25 und einer eiskalten Begegnung mit einer gefrorenen Felswand im Johnston Canyon steht fest: Ohne die richtige Kleidung wird aus dem Abenteuer im kanadischen Winter schnell eine frostige Tortur. Hier die wichtigsten Erkenntnisse, damit ihr richtig packt.

Gruppe im kanadischen Winter

Jennifer Latuperisa-Andresen

1. Thermounterwäsche – Die unsichtbare Rettung

Kein Schickimicki, kein modisches Statement – Thermounterwäsche ist pures Überlebenstraining. Ein guter Baselayer aus Merinowolle hält warm, ohne, dass sich innerhalb von Minuten ein eigenes Mikroklima entwickelt. Wer auf Baumwolle setzt, lernt den Begriff »eisnass« auf die harte Tour. Es gibt auch gute synthetische Fasern, die sehr gut warm halten. Ich habe tatsächlich die Heattech-Reihe von Uniqlo ausprobiert und diese für sehr gut befunden.

2. Merinowolle – Die Königin der Kälte

Ein dünner Rollkragenpullover aus Merinowolle rettet den Tag – und die Nacht. Kein Kratzen, keine unangenehme Feuchtigkeit, dafür pure Wärme.Wer denkt, dass Schichten überbewertet sind, darf sich gerne mal im Glamping-Zelt bei zweistelligen Minusgraden einrollen und überlegen, wo genau das Leben eine falsche Abzweigung genommen hat. Das Gute: Der Rollkragen lässt sich im Notfall auch mal hochklappen und tatsächlich halten die dünnen Pullover wunderbar warm über Nacht.

gute Handschuhe sind Pflicht im kanadischen Winter

Kelly Sikkema

3. Fleece – Der verlässliche Begleiter

Fleece ist die freundliche Umarmung in Stoffform. Superleicht, wärmend und schnell trocknend – die perfekte Zwischenschicht für alle, die nicht als wandelnder Eisblock enden wollen. Beim Schneeschuhwandern in den Rockies ein Lebensretter. Aber nicht nur dort!

4. Winterjacke – Mehr als nur ein Mantel

Ein echter Kältepanzer ist unverzichtbar. Wasserabweisend, winddicht und gut gefüttert – am besten mit Daunen oder Hightech-Fasern. Nicht umsonst tragen die meisten Kanadier die berühmten Canada Goose Parka. Allerdings muss man dafür wirklich ganz tief in die Tasche greifen, denn die wirkungsvollen Jacken kosten vierstellig. Ich habe mir einen sehr warmen und sehr leichten Mantel aus der Reihe Extreme mit 2L GORE-TEX face fabric von Peak Performance gegönnt. Extra groß, damit im Notfall noch eine Jacke drunter passt. Ich sah auch ein wenig aus, wie ein wandelnder Berg. Wer auf Style statt Funktion setzt, friert schneller als der heiße Kakao im Becher.

Frau im Wald im Schnee

encierro/Shutterstock.com

5. Fuß- und Handwärmer – Kleine Helfer, große Wirkung

Selbst mit der besten Ausrüstung gibt es eine frostige Wahrheit: Hände und Füße sind immer zu kalt. Winzige Einmal-Heizpads, sind in Großpackungen bei Amazon erhältlich und sorgen für angenehme Wärme. Die Fußwärmer werden auf die Socken auf die Zehen geklebt, wobei die Gebrauchsanweisung von »unter den Füßen« spricht. Aus meiner Erfahrung ist es oben auf besser. Die Handwärmer sind auch sehr wichtig und verhindern, dass die Finger bereits nach zehn Minuten Eisklettern den Dienst quittieren.

Persönlicher Tipp: Die Handwärmer eigenen sich auch wunderbar, um sie vorweg schon mal unter die Bettdecke zu legen, wenn keine Wärmeflasche zur Hand ist.

6. Gefütterte Schneestiefel – Ohne geht nichts

Sneaker? Ugg Boots? Netter Versuch. Ohne richtige Schneestiefel mit dickem Futter und isolierender Sohle ist jeder Schritt ein direkter Gruß aus der Arktis. Wer nicht frieren will, investiert in robustes Schuhwerk – sonst wird jede Tour zur Rutschpartie Richtung Frostbeulen. Ich habe mir Sorel-Snowboots gegönnt (zwischen 120 und 200 Euro, kommt auf das Modell an, ich würde die höhere Variante bei viel Schnee empfehlen). Ich finde es sind die hässlichsten Schuhe der Welt – aber sie sind eine lohnende Investition.

7. Balaclava & Mütze – Gesicht retten leicht gemacht

Minus 25 Grad beim Schneeschuhwandern? Der Wind zieht durch jede Ritze. Eine Balaclava oder zumindest eine dicke Mütze sind essenziell, um die Ohren nicht als Eiszapfen nach Hause zu tragen. Auch zu beachten: Durch das Ausatmen gefriert gern alles, was sich um das Gesicht befindet. Bart, Haare, Wimpern und eben auch die Kapuze oder der Anorak.

Chefredakteurin Jenny im kanadischen Winter

Jennifer Latuperisa-Andresen

8. Wasserdichte Handschuhe – Fingerspitzengefühl behalten

Ohne Handschuhe rauszugehen klingt mutig, ist aber in Wahrheit einfach nur dumm. Wer schon mal versucht hat, mit steifgefrorenen Fingern eine Kamera zu bedienen oder einen Karabinerhaken zu öffnen, kennt das Problem. Allerdings reicht auch ein Paar Handschuhe nicht. Ich empfehle Thermohandschuhe – eher dünn – am besten wo die Innenflächen mit Silikon besetzt sind für einen gewissen Grip. Der ist wichtig für das Anziehen von Schneeschuhen beispielsweise oder anderen Items.

Darüber bitte unbedingt Thermo-Fäustlinge. Das ist wirklich ein Game-Changer. In diese lassen sich dann wunderbar die kleinen Handwärmer legen, die tatsächlich zehn Stunden richtig warmhalten. Wer es edler mag, könnte sich die beheizbaren Fäustlinge beispielsweise von Bertschat kaufen. Der Preis liegt um die 200 Euro. Die haben einen kleinen Akku, mehrere Heizstufen und halten sehr gut warm. Allerdings ist Vorsicht geboten – manche LVS-Geräte (Lawinen-Peilsender) senden in der Nähe der Handschuhe keine sauberen Signale. Wer also wilde Abenteuer plant, inklusive Lawinenschutzausrüstung, sollte lieber auf die Handschuhe verzichten.

9. Skihose – Die beste Verteidigung gegen Schnee

Schneeschuhwandern ohne Skihose? Keine gute Idee im kanadischen Winter. Eine doppel-lagige, wasserabweisende Skihose hält nicht nur warm, sondern verhindert auch, dass sich der Schnee in jede Ritze verirrt. Denn es gibt kaum etwas Unangenehmeres, als nach einer anstrengenden Tour festzustellen, dass die Beine komplett durchnässt sind. Eine gut isolierte Hose sorgt dafür, dass die Kälte keine Chance hat.

Schneestiefel im kanadischen Winter

Jennifer Latuperisa-Andresen

Fazit: Schicht für Schicht zum Überleben

Der kanadische Winter hat eine einfache Regel: Entweder, die Kleidung stimmt – oder die Reise endet in einer einzigen frostigen Lektion. Mit dem richtigen Outfit wird aus der Eiseskälte eine grandiose Erfahrung. Ohne? Nun ja, dann bleibt nur noch das Zittern als einzige sportliche Aktivität.