Peter Gaymann kann die Tücken der ersehnten Ferientage ziemlich schräg und spöttisch auf den Punkt bringen. Mit ironisch angespitzter Feder zeichnet er Witziges und Skurriles aus der schönsten Zeit des Jahres. Seine Cartoons in »Typisch Urlaub« amüsieren in Wort und Bild und machen augenzwinkernd klar: Urlauber sind eine eigene Gattung. Zeit für ein Gespräch. Interview: Frank Störbrauck
Peter Gaymann, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Cartoons über die schönsten Tage des Jahres zu zeichnen?
Verreisen, Urlaub machen, Entspannung suchen, aber auch Neues entdecken, das ist mir, seit ich denken kann, mehrmals im Jahr ein Bedürfnis. Schon mit meinen Eltern sind wir jedes Jahr im VW-Käfer in den nahen Schwarzwald oder über die Alpen in die Schweiz oder nach Südtirol gefahren. Immer nur in deutschsprachige Länder, aus der Furcht heraus, sich nicht verständigen zu können. So kam es, dass ich das Meer zum ersten Mal mit 18 Jahren gesehen habe. Schon als junger Mann habe ich angefangen, Urlaubstagebücher zu schreiben oder kleine Zeichnungen anzufertigen. Auf diese Weise haben sich im Laufe des Lebens im Kopf und in den Skizzenbüchern Bilder angesammelt, die irgendwann einmal raus mussten.
Viele verbinden mit dem Urlaub Ruhe und Erholung. Das scheint nicht immer zu gelingen, oder?
Na klar, manche Menschen wünschen sich einfach nur Ruhe, wollen viel schlafen, lesen, faulenzen. Andere allerdings suchen auch das Neue, das Unbekannte, das Abenteuer, die Party. Manchmal kommt es dann anders als erwartet. Es regnet oder es ist zu heiß, oder zu laut und zu eng am Strand. Oder das Essen schmeckt nicht. Das Hotelzimmer ist zu klein etc. Jeder kennt diese Momente, wenn er erkennt, dass Erwartungshaltung und Realität nicht ganz deckungsgleich sind. Das kann ganz schön enttäuschend sein, denn schließlich soll in der begrenzten Urlaubszeit doch alles perfekt sein. Manche sind dadurch genervt, andere lassen sich auf die Situation ein und machen etwas daraus.
Urlaub kann in der Tat anstrengend sein: Bikini-Figur war mal, der Pool entpuppt sich als Pfütze, der Nachwuchs erfordert stählerne Nerven. Da sind doch sicher alles Steilvorlagen für Sie, oder?
Ich beobachte ja prinzipiell meine Umgebung. Und auf Reisen natürlich auch. Gerade da findet sich viel Stoff. Das fängt bei der Urlaubsbekleidung an, und hört beim Ehestreit am Strand oder beim Gemecker über den Espresso auf. Der Umgang mit der fremden Sprache kann lustig sein oder wenn man zuschauen muss, wie sich erwachsene Menschen am Essensbuffet um die besten Stücke streiten. Für einen Cartoonzeichner ist das ein gefundenes Fressen. Manchmal sitze ich mit meiner Frau abends vor einer italienischen Bar und beobachte die vorbeiflanierenden Einheimischen und Touristen. An einem dieser Abende sagte ich zu meiner Frau: »Wenn ich nicht schon Karikaturenzeichner wäre, hier müsste ich es werden.«
Sind die Ideen der Zeichnungen Ihrer Phantasie entsprungen oder haben Sie selbst schon einige skurrile Situationen im Urlaub erlebt?
Natürlich habe ich viele schräge Situationen erlebt, und manches zeichne ich dann in meinem Hotelzimmer abends in mein Notizbuch. Aber viele Zeichnungen entstehen auch wieder zu Hause im Atelier. Ich kann ganz gut einmal gesehene Bilder wieder abrufen und verdichten. Damit es ein gutes Cartoon wird, muss man Situationen verstärken oder so eindeutig darstellen, dass sie vom Betrachter sofort verstanden werden. Auch die Dialoge müssen auf den Punkt gebracht werden. Am Ende muss der Betrachter sagen: »Genau so isses. Wo hat der Mann uns beobachtet?«
Wo verbringt Peter Gaymann am liebsten seinen Urlaub?
Einmal im Jahr fahre ich in die Einsamkeit der umbrischen Berge unweit von Spoleto und Assisi. Dort habe ich seit über dreißig Jahren ein kleines Feriendomizil. Ohne Fernseher und fast ohne Netz. Dort ist es sehr ruhig und etwas einsam. Aber schön zum Wandern, Lesen und leckere Sachen essen. Aber ich bin auch gerne am Meer. Oft waren wir auf der Insel Ischia bei Neapel. Italien ist mein Favorit. Ich habe ja auch einmal fünf Jahre in Rom gewohnt. Aber am schönsten finde ich es, wenn ich mit meiner Frau einfach drauflos fahre, ohne irgendetwas gebucht zu haben. Hotels buchen wir dann während der Autofahrt übers Internet oder direkt vor Ort. Wenn es uns irgendwo gefällt, bleiben wir länger. Wenn nicht, fahren wir schon am nächsten Tag weiter. So sind wir bis Stockholm gefahren oder durch ganz Frankreich, England oder Dänemark.
In den letzten Jahren kam noch eine besondere Art zu reisen dazu: Ich wurde schon mehrfach auf die wunderschöne MS EUROPA zu Kreuzfahrten eingeladen, wo ich dann auf dem Schiff meine Bilder und Reiseskizzen ausstellen kann. Über Weihnachten waren wir mit diesem Schiff in Mittelamerika. Tagsüber zeichne ich an allen Landungsorten neue Bilder, die dann sofort in der Schiffsgalerie zu sehen sind. Macht Spaß sowas! Das Zeichnen im Urlaub empfinde ich übrigens nicht als Arbeit, sondern als Entspannung, und ich erlebe auf diese Weise die neue Umgebung sehr intensiv. Kann ich nur jedem empfehlen.
»Typisch Urlaub« ist am 8. März 2018 im Belser Verlag erschienen, 192 Seiten. Es kostet 16,99 Euro.