Marianna Hillmer und Johannes Klaus sind zwei erfolgreiche Reiseblogger. Frei nach dem Motto »Die Online-Welt ist uns nicht genug« möchten Sie in Zukunft aber auch Reisebücher herausgeben. Moment mal … vom hippen Blog zurück zum traditionellen Printprodukt? Was ist da los? Zeit für ein Gespräch. Interview: Frank Störbrauck

Wie viele Länder habt ihr eigentlich schon besucht?

MH: Zusammengezählt sind es weit über hundert – aber in einige reisen wir immer wieder, zum Beispiel nach Thailand, im Winter. Gerade mit einem kleinen Kind genießen wir sehr das Privileg, unseren Arbeitsplatz für ein paar Wochen in die Sonne verlegen zu können. Der Berliner Winter wird dadurch einiges erträglicher, und unsere Tochter freut sich über die ungeteilte Aufmerksamkeit der äußerst kinderfreundlichen Thais.

Nun möchtet ihr Reisebücher herausgeben. Ist euch der Spaß an der Online-Präsentation vergangen? Hat das Reisebloggen gar an Reiz verloren?

JK: Wir sind ja mit dem Internet erwachsen geworden und wissen, dass es für ganz viele Dinge unglaublich praktisch ist, und ständig Neues entsteht. Durch diese ununterbrochene Weiterentwicklung fehlt aber etwas, vielleicht eine gewisse Beständigkeit, ein Gegenpol zur Flüchtigkeit von Social Media, Breaking News und Shitstorms. Diese Sehnsucht nach etwas, was sich nicht mehr verändern kann, das gilt glaube ich nicht nur für Konsumenten sondern auch für diejenigen, die Schreiben, Fotografieren, Gestalten. In einem Buch kann nach dem Druck nichts mehr verbessert werden. Das erhöht die Qualität und Wertigkeit des Inhalts.

Ko Chang Reisebuch

Reisedepeschen Verlag

Johannes, du warst lange davon überzeugt, dass es keine Zukunft für gedruckte Bücher geben kann. Woher nun plötzlich der Sinneswandel? War es der Erfolg der »The Travel Episodes«, wovon es ja mittlerweile immerhin drei Bände gibt?

JK: Es stimmt, die drei Bände der Travel Episodes haben mir etwas wichtiges gezeigt. Nämlich, dass es Inhalte gibt, die einfach besser als Buch funktionieren. Die man in ein Buch packen muss, damit sie richtig wirken können. Dass also das Internet, so genial es ist, manchmal verliert. Unsere Idee ist, nicht in Konkurrenz dazu zu stehen, sondern genau die Bücher zu machen, die das Internet nicht ersetzen kann.

Was kann ein Buch inhaltlich leisten, was der Blog nicht oder nicht so gut kann?

MH: Blogs sind wunderbar, um sich praktische Infos und persönliche Empfehlungen zu holen. Vor allem, wenn man sich viel im Internet bewegt. Gleichzeitig ist es aber schwer, einen Überblick zu gewinnen, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen, tief in eine Geschichte einzutauchen. Die Unendlichkeit der Möglichkeiten im Internet stört manchmal, man kann sich schwerer konzentrieren auf ein Thema. Ständig kommt eine Benachrichtigung, ein Link, eine Ablenkung. Ein Buch ist dagegen erstmal ganz einfach. Lesen und umblättern, viel mehr kann man nicht tun. Wundervoll.

Können gehaltvolle Ideen also nur in einem Buch richtig wirken?

JK: Ja, das, was ich im Buch lese, bleibt viel besser hängen als ein Artikel online. Aber es sind nicht nur die tiefen Gedanken, die besser im Buch funktionieren. Es macht einfach viel Freude, einen schönen Gegenstand zu berühren, und ein gut gemachtes Buch gehört definitiv dazu. Es gibt ja nicht nur die inhaltliche Dimension, auch die Gestaltung, die Haptik und die Bindung sind Teil der Botschaft. Bei Webseiten hat man darauf nur begrenzten Einfluss und muss mit viel Unvollkommenheit leben. Ein Buch ist im besten Fall ein kleines Gesamtkunstwerk.

Thailand-Buch aus dem Reisedepeschen Verlag

Reisedepeschen Verlag

Die Botschaft ist jetzt angekommen: Ihr mögt Bücher. Nun könnte man euch entgegenhalten, dass es bereits unendlich viele Reisebücher gibt. Was wollt ihr anders machen?

MH: Der Reisebuchmarkt ist aus unserer Sicht recht uninspiriert – erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es ein so schönes, reiches Thema ist! Wir wollen Elemente, die wir am Bloggen schätzen, in unsere Bücher integrieren, zum Beispiel die persönliche Perspektive. Aber auch gestalterisch wollen wir etwas Neues schaffen. Bücher, die man gerne in die Hand nimmt. Ich denke, da ist noch viel Raum.

Warum gründet ihr euren eigenen Verlag? Wegen der Entscheidungshoheit?

JK: In traditionsreiche Verlagshäusern gibt es viel Kompetenz, auf viele Köpfe verteilt. Das ist grundsätzlich gut, aber es führt auch zu einer gewissen Innovationsabwehr. Wenn viele mitentscheiden ist es schwer, Visionen umzusetzen. Deswegen wollen wir alle Entscheidungen selbst treffen, sicherlich auch ein paar Fehler machen, aber unsere Ideen eins zu eins umsetzen.

Wohin geht die Reise in euren ersten Büchern? 

MH: Die ersten drei Bücher, die man gerade per Crowdfunding vorbestellen kann, erscheinen im Herbst. Einmal zeigen wir die Trauminseln Thailands, man bekommt mit Texten, Karten, persönlichen Tipps und Fotos einen tollen Eindruck, und kann entscheiden, welche Insel die richtige für einen ist.

Gleichzeitig wollen wir aber auch deutlich machen, dass man nicht in die Ferne schweifen muss, um Unvergessliches zu erleben. Ganz nach der Devise «Endlich Winter!» zeigen wir in unserem zweiten Reisehandbuch »Deutschland im Winter – Geheimtipps von Freunden«, dass Deutschland im Herbst und Winter ein wunderschönes Reiseziel ist. Ein Buch für echte Winterfans, aber eben auch für all diejenigen, die sich bisher lieber vor dem Kamin einkuschelten und von Palmen und Strand träumten.

Deutschland im Winter, Reisedepeschen Verlag

Reisedepeschen Verlag

Das dritte Buch »ROADTRIP – Eine Liebesgeschichte« ist ein wundervoll gestalteter und inspirierender Lese-Bildband der einen durch Europa und Asien führt. Jen und Peter kennen sich erst vier Monate, als sie beschließen, zusammen die Welt zu befahren – 30 Monate lang! Ihre Geschichte ist eine große Liebeserklärung: an die endlosen Straßen, an ihre Heimat auf vier Rädern, und an all die nahen und fernen Länder und ihre vielen Wunder.