Was uns in der Redaktion alle vereint, ist die große Leidenschaft fürs Reisen. Unterwegs läuft aber bei Weitem nicht immer alles glatt. Wir stellen euch im Wechsel unsere größten Reise-Fails vor. Teil 9 – die Mekong-Reise und der schmerzende Rücken – kommt von Redakteurin Jasmin.
Das weiche Sonnenlicht lässt die Wasseroberfläche des Mekongs leicht glitzern. An seinen Ufern grasen Wasserbüffel, spielende Kinder winken vorbeigleitenden Booten zu, die bergige Landschaft verleitet zu einem wohligen Seufzen und im Kopf formuliert sich nur noch ein zufriedener Satz: Ja, genau hier will ich sein. Exakt so hatte ich mir meine Schiffsreise von Huay Xai nach Luang Prabang in Laos vorgestellt. Aber die Reise soll noch eine Wendung nehmen.
Hätte ich das Geld für eine der luxuriösen Touren, blieben mir dir kommenden Strapazen vielleicht erspart. Aber ich bin rucksackreisend unterwegs. Mit schmalem Budget. Aber ich beschließe, nichts bringt mich von der romantischen Vorstellung meiner Mekong-Reise ab. Nicht die Warnungen, dass es bei meinen Stopp in Pak Beng zu wenig Unterkünfte gebe und man manchmal nichts zum Übernachten finde. Also buche ich mir für umgerechnet fünf Euro vorsichtshalber schon mal was – und zwar bei den mich warnenden Menschen. Ja, Südostasien-Kenner schütteln jetzt spöttisch mit dem Kopf und verdrehen die Augen. Würde ich heute auch machen. Warum? Das wird noch erwähnt.
Kissen für die Prinzessin auf der Erbse
Ich bleibe bei meiner fast schon ans Unrealistische grenzenden Idealisierung und stoße sofort auf die nächste Warnung: »Besorg dir Kissen zum Sitzen, sonst hältst du es nicht aus«, rät mir ein anderer Backpacker. Tief in mir drin denke ich, dass er wahrscheinlich übertreibt, aber na ja, ein Kissen wird meine Überfahrt wahrscheinlich nur noch schöner machen. Irritiert, dass nicht wenige mit mindestens zwei Kissen aus dem Laden gehen, beschließe ich, eins wird schon reichen. Ich will ja nicht wie eine römische Kaiserin reisen.
In aller Früh besteieg ich das Boot. Nebelschwaden liegen über der Landschaft, ich kann es kaum erwarten. Gleich! Endlich! Wasserbüffel, Berge und der riesige Mekong! Und ich! Über einen wackligen Steg steige ich auf das langgezogene Holzboot. Ja, das ist alles schon ziemlich eng. Und es gibt auch kein Oberdeck. Nicht so richtig viel Platz, wo man sich mal die Füße vertreten kann. Oder mit einem verzauberten Lächeln an der Reling die Eindrücke aufsaugen. Die nächsten acht Stunden werden lang …
Wenn Stunden zur Ewigkeit werden

Illustration: Gemma Portella
Ich quetsche mich auf meinen Sitz und mir dämmerte langsam, warum mindestens zwei Kissen eine ganz gute Idee gewesen wären. Meine Knie st0ßen an den vorderen harten Plastiksitz. Das Boot füllt sich schnell, Touristen auf den Sitzen, Einheimische auf dem Boden des Mittelgangs. Mir dämmert, dass auch die Toilettensituation möglicherweise eher… sagen wir mal, sehr basic sein könnte.
Laut knatternd setzt sich das Boot in Bewegung. Also wirklich laut. Der Fahrtwind bläst mir ins Gesicht, der Nebel lichtet sich langsam, die Sonne kommt raus. Und das von mir erträumte Szenario wird Realität. Wasserbüffel, Berge, spielende und winkende Kinder. Ich ignoriere die schmerzenden Knie und genieße es mit aller Romantik, die ein Reiseherz so produzieren kann. Zumindest zwei Stunden lang. Eingepfercht in meinen Mini-Sitz mit dem viel zu dünnen Kissen, dem lauten Brüllen des Schiffsmotors im Ohr und der unbarmherzig auf meine rechte Körperseite brennenden Sonne, kann ich irgendwann der Landschaft, den Kindern und den Büffeln nur noch wenig abgewinnen. Sehr wenig.
Mit einiger Verspätung erreichten wir nach über zehn Stunden Pak Beng, wo zur Begrüßung einige Menschen versuchen, sich mit dem vom Schiff geworfenen Gepäck aus dem Staub zu machen. Das können wir – immer noch eingepfercht auf dem Schiff – aber lautstark verhindern.
Angekommen in meiner bereits gebuchten Unterkunft weine ich dann eine halbe Stunde lang. Weil es so unfassbar dreckig ist. Es hilft nichts. Im Dorf ist kein anderes Zimmer mehr frei. Glaube ich zumindest. Ich beschließe, in meinen Klamotten zu schlafen und diese am nächsten Tag irgendwann zu verbrennen, nachdem ich in Luang Prabang angekommen bin. Am Ende ist die Nacht weniger schlimm als gedacht. Denn durch Zufall finde ich doch noch ein freies Zimmer. Sehr einfach, aber sauber. Deshalb schütteln Südostasien-Kenner mit dem Kopf, wenn jemand einem erzählt, man solle irgendwas lieber direkt buchen, weil sonst nichts frei wäre. Die Abzocke lauert für Anfänger wortwörtlich leider an jeder Straßenecke.

Illustration: Gemma Portella
Ende gut, alles gut?
Am nächsten Tag geht die Tortur weiter. Acht Stunden lang. Ich versuche, die schmerzenden Glieder und den Rücken zu ignorieren. Gelingt mir, sagen wir mal, so mittel. Ich habe mittlerweile auch so viele Wasserbüffel gesehen, dass ich dabei kaum noch etwas wie Reiselust fühlte. Die Berge erinnern mich bald ans Bergische Land und der Fluss ist jetzt auch nicht spektakulärer als der Rhein. So ist das mit der Romantik. Sie weicht den Rückenschmerzen. Und das schnell.
Und die Moral von der Geschicht‘? Bei Kissen immer ordentlich zuschlagen.
