Elegante Villen, uralte Fischerdörfer und wunderbare Bergpanoramen – die Region rund um den Comer See, Luganersee und Lago Maggiore gleicht manchmal einer Bilderbuchlandschaft. Und zu entdecken gibt es auch noch einiges: stille Gärten, kleine Museen und verwunschene Inseln zum Beispiel. Hier sind sieben Tipps an den Seen in Oberitalien, die Herz und Seele berühren.
1. Spaziergang durch Corenno Plinio
Zwischen Dervio und Dorio, versteckt am steilen Ostufer des Comer Sees, liegt das fast vergessene Dörfchen Corenno Plinio. Schon allein der Weg dorthin ist ein Ritt für die Sinne: Über alte Steintreppen, vorbei an bemoosten Mauern und entlang wild wuchernder Kräuter geht es hinunter in den historischen Ortskern.
Die Zeit scheint hier tatsächlich ein bisschen stehen geblieben zu sein: schmale, kopfsteinbepflasterte Gässchen schlängeln sich an jahrhundertealten Häusern vorbei und, je nach Jahreszeit, duftet es nach Lavendel und Zypressen. Die Burg aus dem 14. Jahrhundert thront hoch über dem See, und auf dem kleinen Kirchplatz erinnern steinerne Sarkophage an die Adelsfamilien vergangener Jahrhunderte. Besucher sollten unbedingt den kleinen steilen Pfad hinunter zum alten Friedhof nehmen. Von dort nämlich eröffnen sich Panoramen auf Berge und Wasser, die einmalig sind am Comer See.

Foto: Andreas Dauerer
2. Villa del Balbianello
Nein, wahrlich kein Geheimtipp mehr, dafür ist die Villa del Balbianello am Westufer des Comer Sees eine viel zu häufig besuchte Schönheit, die man idealerweise am frühen Morgen besucht. Wenn Nebelschwaden über den See ziehen und noch nicht von der Morgensonne aufgesogen sind und der See beinahe schläfrig auf den Schiffsverkehr wartet. Richtig gehört. Statt auf dem schnöden Landweg nimmt man eines der Wassertaxen von Tremezzo, Sala Comacina oder vom gegenüber liegenden Lezzeno und fährt über das Wasser hinüber zur Villa, deren filigrane Loggien und schattige Terrassengärten immer wieder aus dem Grün hervorspitzen.
Die Räumlichkeiten sind noch erfüllt vom Geist Guido Monzinos, des letzten privaten Besitzers, der die Villa mit unzähligen Mitbringsel von seinen Weltreisen schmückte: tibetische Masken, antike Karten oder Erinnerungsstücke, die er während einiger Expeditionen mitgebracht hat. Doch der wahre Zauber entfaltet sich draußen: Auf den akkurat geschnittenen Rasenflächen, unter jahrhundertealten Zypressen, lässt man den Blick über den See bis zu den schneebedeckten Bergkuppen dahinter schweifen. Ein Augenschmaus.

Foto: Caroline Roose
3. Mit der Centovalli-Bahn durchs Valle Vigezzo
Es ist nicht nur eine einfache Bahnstrecke zwischen dem italienischen Domodossola und dem schweizerischen Locarno, nein, es ist eine Reise aus Granit, Wald und Wasser: Die Centovalli-Bahn führt auf insgesamt 52 Kilometern durch das wildromantische Valle Vigezzo und die »Hundert Täler« des Grenzgebiets. Auf der Fahrt über 83 Brücken und durch 34 Tunnel eröffnen sich immer neue Panoramablicke: zerklüftete Schluchten, wildbrausende Flüsse, Berghänge mit einsamen Bauernhöfen, Kastanienwälder.
Im Herbst verwandeln sich die Hügel in ein Farbenspiel aus Rot, Gold, Gelb und Kupfer – dann wird die Fahrt im wahrsten Wortsinne ein sehr buntes Spektakel. Knapp zwei Stunden dauert die Fahrt und man sollte unbedingt zwischendurch unterbrechen. In Santa Maria Maggiore etwa. Zum Wandern in der Umgebung etwa oder um in dem kleinen Örtchen Museen zu besuchen oder sich in einem der Restaurants eine Stärkung zu gönnen.
4. Museo dello Spazzacamino
In Santa Maria Maggiore, im Herzen des Valle Vigezzo, erzählt ein kleines Museum eine traurige Geschichte. Und zwar die der Spazzacamini – der Schornsteinfeger. Im 19. Jahrhundert schickten viele arme Familien ihre Kinder fort. Meist waren es Jungen zwischen sechs und zehn Jahren, um in den umliegenden Städten als Kaminreiniger zu arbeiten. Das Museo dello Spazzacamino dokumentiert dieses fast vergessene Kapitel mit historischen Fotos, Werkzeugen, Kleidern und persönlichen Schicksalen, die multimedial aufbereitet wurden.
Das Museum versteht sich nicht nur als Erinnerung, sondern auch als Mahnung. Es ehrt die Tapferkeit jener Kinder, die unter härtesten Bedingungen überlebten, und erzählt von einem Vigezzo, das einst bitterarm war – und heute reich an Geschichte. Einmal im Jahr wird das kleine Santa Maria Maggiore deshalb auch Schauplatz eines ganz besonderen Events: Schornsteinfeger aus aller Welt versammeln sich hier, um der Kinder zu erinnern, aber vor allem auch, um ihren Berufsstand gemeinsam über Grenzen hinweg zu feiern.

Museo dello Spazzacamino I Foto: Andreas Dauerer
5. Villa Taranto in Verbania
Die botanischen Gärten der Villa Taranto in Verbania zählen zu den schönsten Europas. Ein grünes Paradies mit über 20.000 Pflanzenarten aus aller Welt, kunstvoll arrangiert in Terrassen, einem Blumenlabyrinth und kleinen Wassergärten. Der schottische Offizier Neil McEacharn ließ die Anlage in den 1930er-Jahren anlegen – und erfüllte sich damit einen Lebenstraum. Besonders eindrucksvoll sind die Dahlien im Spätsommer oder die Rhododendren im Frühling. Auch die vielen, seltenen Baumfarne sind einen zweiten Blick wert. Vor allem aber ist es ein Erlebnis der Sinne. Ein Spaziergang durch die Villa Taranto ist auch ein wilder Ritt durch die Botanik. Denn tropische Pflanzen wechseln sich mit mediterranen Kräutern ab. Es lohnt sich allemal, ein bisschen Zeit mitzubringen und sich die Botanik – und den historischen Hintergrund – bei einer Führung erklären zu lassen.
Neil McEacharn kann man übrigens noch heute einen Besuch abstatten. Auf eigenen Wunsch wurde der Schotte nebst seines Notars in einer kleinen Kapelle im Park begraben. Letzterer hatte das Grundstück wunschgemäß durch die Wirren des zweiten Weltkriegs manövriert, während McEacharn ins Ausland flüchten musste. Nach Kriegsende kehrte der in seinen Garten zurück und legte so den Grundstein für dieses blühende Freiluftmuseum.

Villa Taranto I Foto: Andreas Dauerer
6. Villa Dugnani & Troubetzkoy
In einem prächtigen Barockpalast in Verbania, direkt am Seeufer gelegen, überrascht die Villa Dugnani mit einer außergewöhnlichen Ausstellung. Denn hier kann man die Skulpturen von Paolo Troubetzkoy bestaunen. Der Bildhauer war Sohn eines russischen Fürsten und einer amerikanischen Sängerin. Doch er wuchs am Lago Maggiore auf – in einer Welt zwischen Hochadel, Kunst und jeder Menge Melancholie.
Troubetzkoys Werke – vor allem seine Porträtbüsten – sind eine Mischung aus überraschender Leichtigkeit und emotionaler Tiefe. So formte er über die Jahre Könige, Künstler, Tänzerinnen und Tiere. Oft aus Bronze, mit einer Handschrift, die sehr lebendig wirkt. Die Ausstellung in der Villa Dugnani beleuchtet nicht nur sein Werk, sondern auch das Leben eines Mannes, der in Russland berühmt, in Italien geliebt und international bewundert wurde. Die Räume der Villa mit ihren Stuckdecken und Fresken bieten die perfekte Kulisse für Troubetzkoys Kunst. Zusätzlich haben sie aber immer auch wechselnde Ausstellungen im Programm.

Skulptur von Troubetzkoy in der Villa Dugnani I Foto: Andreas Dauerer
7. Isola dei Pescatori
Die Isola dei Pescatori ist die kleinste bewohnte Insel der Borromäischen Inselgruppe im Lago Maggiore. Wer sie einmal mit eigenen Füßen betritt, kommt so schnell nicht mehr von ihr los. Die schmalen Gassen, die jahrhundertealten Fischerhäuser und das ständige Schwappen des Lagos, der gleichmäßig ans Ufer plätschert, wirkt beruhigend und ein wenig betörend zugleich. Heute leben nur noch wenige Familien permanent auf der Insel. Aber die, die geblieben sind, betreiben häufig kleine Restaurants, in denen fangfrischer Fisch buchstäblich direkt vom Boot in die Pfanne wandert. Besonders empfehlenswert: ein Risotto al Persico, serviert mit Weißwein aus der Region und einer leichten Zitronennote. Der Seebarsch zergeht auf der Zunge und das cremige Risotto zeigt einmal mehr, wo man sich gerade befindet. Nah am Wasser. Wohl bekomm’s.

Foto: Andreas Dauerer
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