Nicht jedes Land der Welt erscheint im ersten Gedanken als Traumreiseziel. Nicht jedes Land der Welt reizt gleichermaßen. Es lohnt sich aber, die Gedanken und das Herz zu öffnen. Simone Sever war für uns unterwegs im Urlaub in Serbien.
Stadt in Serbien: Belgrad
Endlich in Serbien. Ich kann gar nicht genau sagen, welcher Moment es war, der mich in Belgrads Bann zog. War es das Erwachen im mondänen Jugendstilhotel Moskva mit der Aussicht auf die einst angesagte sozialistische Architektur, deren düsteres Graubraun zwar noch Farbton angebend ist, die aber immer mehr durch Farbe und Licht durchbrochen wird?
Oder war es beim Biss in den Pljeskavica, eine serbische Burgervariante, die frisch vom Grill und appetitlich in meiner Hand lag? Vielleicht war es auch einfach der Spaziergang durch die kopfsteingepflasterten Gassen des Boheme-Viertels Skadarlija, das irgendwie und wieder nicht an Montmartre erinnert, und wo man sich kaum entscheiden konnte, in welcher der traditionellen Kafanas der Abend beginnen sollte.
Gesungen, so hörte man im Vorübergehen, wurde fast überall. Es war wohl so, dass ich mich immer ein bisschen mehr verguckt habe in Belgrad, die weiße Stadt, wie Belgrad serbisch genannt wird. Diese aufregende Stadt, die sich mal modern, dann marode, mal grün, dann graubraun aber immer unglaublich lebendig präsentiert.
Pulsierendes Leben in der Stadt
Tagsüber ist ordentlicher Einkaufsbetrieb auf den Grünen Märkten. Hier gibt es so viele lokale und regionale Delikatessen, dass ich schon jetzt überlege, in meinem nächsten Urlaub in Serbien mit großer Ladefläche zu kommen: Sita (karamellisierter Apfelhonigl), Slatko (ein sehr süßes Fruchtkompott), getrocknete Paprika, Ajvar (Paprikaaufstrich), Kajmak (eine Art Frischkäse), Rakija (Obstbrand), Sliwowitz (Pflaumenbrand) …
An den Wochenenden ist reger Betrieb in den öffentlichen Parks und auf den Grünflächen der Stadt. Hier verbringen Familien ihre Freizeit, kaufen Touristen fliegenden Händlern hölzerne Ikonen oder Rote Sterne fürs Jackenrevers ab. Am Abend tobt das Leben in der Innenstadt. Verliebte Pärchen sitzen Hand in Hand und lauschen den Straßenmusikern. Im ehemaligen Hafengebiet der Beton Hala trifft man sich in den schicken Restaurants direkt am Fluss, an der Save.
Im Sommer, wenn der Puls der Stadt deutlich erhöht ist, geben die Clubs den Takt vor. Wer schlafen will und Ruhe finden möchte, sollte Boomtown Belgrad dann besser Richtung Landpartie verlassen.
Land in Serbien: die Vojvodina
Die Vojvodina, nur eine kurze Autofahrt von Belgrad Richtung Norden entfernt, ist die Kornkammer des Landes.
Still und erhaben, abseits der Hauptstraßen im National Park Fruška Gora, liegt das serbisch-othodoxe Kloster Krusedol aus dem 12. Jahrhundert, das heute noch von Mönchen bewohnt wird. Die weißen Klostermauern muten schlicht an.
Wer den Weg in die Abtei findet, der wird verzaubert von leuchtenden und farbintensiven Fresken, von güldenen Rahmen und Wänden voller Ikonen in göttlichem Licht. In der Darstellung der orthodoxen Ikonen, so werde ich aufgeklärt, soll kein Raum, keine Zeit, nur die Ewigkeit dargestellt werden. Ob ich das verstehe? Ich denke noch darüber nach.
Irdische Genüsse erwarten mich im Perkov Salas, einem traditionellen serbischen Farmhaus. Der Senior des Hauses begrüßt seine Gäste in originaler Bauerntracht – und mit Schnaps.
Er serviert Brot, Salz und Rakija und hat einen Tisch im idyllischen Garten gedeckt. Hund und Katz spielen in der Sonne, und die Birnenbäume tragen schwer an der Last ihrer reifen Früchte. Und dann geht es auch schon los. Er kredenzt serbische Hausmannskost in drei Gängen: Tomatensuppe mit Zucchini Valjušci, serbische Gnocchi mit säuerlich eingelegtem Futog, einem regionalen Kohl, dazu hausgemachte deftige Würstchen, saftiger und schmackhafter Tomatensalat und zum krönenden Abschluss Kuchen, gebacken mit Johannisbrotkernmehl. Dazu Bermetwein, eine lokale Delikatesse. Serbien ist nicht nur freundlich, Serbien schmeckt auch verdammt gut.
Fluss in Serbien: die Morava
Südwärts im Land ohne Küstenstreifen, in dem ich weder Sprache noch kyrillische Schriftzeichen deuten kann, fahre ich fast vier Stunden. Mein Hotel liegt an den weichen Uferwindungen des Moravaflusses. Hier steige ich an Bord eines Ausflugdampfers. Die Sonne brennt vom Himmel, kein Lüftchen regt sich. Das Ufergras wird auf dem Wasser widergespiegelt und ist ganz ohne Anfang und Ende.
Hier steht eine Hütte auf stelzernen Beinen im Wasser. Da sitzt still ein Angler im Boot und wartet auf den großen Fang. Nur das Schiff zieht Wellen hinter sich her. Irgendwo im Nirgendwo legen wir an. Das Kloster Nikolje hat einige Devotionalien zu bieten, da wäre zum einen Marias Fußabdruck und dann der Jesus mit den Engelsflügeln, der ist einzigartig. Den bärtigen serbisch-orthodoxen Priester, der in seinem nächsten Leben einen prima Hipster abgeben könnte, betitele ich fälschlicherweise als Mönch. Glücklicherweise nimmt er es mir nicht übel sondern schickt mir ein freundliches »God bless you!« mit auf meinen Weg.
Mit Gottes Segen und lautem Motor tuckert der Ausflugskahn weiter. Die Musik im Ohr drehe ich so laut es geht. Ich höre Max Richters Maria The Poet und verliere mich im Hier und Jetzt zwischen Felswänden am sich windenden Fluss. Und plötzlich inmitten dieser göttlichen serbischen Natur im endlosen Spiegelbild des Ufergrüns verstehe ich: Kein Raum. Keine Zeit. Nur die Ewigkeit.
Zurück in Belgrad bleibt mir leider keine Ewigkeit bevor mein Urlaub in Serbien vorbei ist und mein Flieger Richtung Heimat abhebt. Im Gepäck habe ich so viele wunderschöne Geschichten, hausgemachtes Ajvar, zuckersüßes Wilderdbeeren Slatko und eine Flasche ausgezeichneten 12 Jahre alten Sliwowitz. Prijatno und Živeli!
Weitere Infos über Urlaub in Serbien findet ihr auf der Website Serbien Travel.