Designer Jasper Conrad hat in Tanger in Marokko die Villa Mabrouka, die einst dem ikonischen Modedesigners Yves Saint Laurent gehörte, renoviert und als Hotel eröffnet. Ein Gespräch über Schönheit.
Interview & Text: Jennifer Latuperisa-Andresen
Als ich das Hotel sah, war es für mich Liebe auf den ersten Blick. So muss es auch dem britischen Modeschöpfer und Designer Jasper Conran ergangen sein, als er der architektonischen Schönheit in Tanger in Marokko zum ersten Mal begegnet ist. Sein The Conran Shop war früher einer meiner Lieblingsshop. Ich mag einfach den Stil des Mannes. Wahrscheinlich habe ich mich deshalb schon beim ersten Eindruck in dieses Hotel verliebt. Für reisen EXCLUSIV hat Jasper Conran Rede und Antwort gestanden.

Der Designer Jasper Conrad I Foto: Andrew Montgomery
Wie haben Sie die Villa Mabrouka (was auf Arabisch ‚gesegnet‘ bedeutet) entdeckt?
Die Villa Mabrouka, die einst dem legendären Modeschöpfer Yves Saint Laurent und seinem Geschäftspartner Pierre Bergé gehörte, wurde mir von einem örtlichen Antiquitätenhändler gezeigt. Ursprünglich war ich nach Tanger gekommen, um ein Zelt zu kaufen. Das wiederum brauchte ich für Ausflüge die ich über mein anderes Hotel in Marokko, dem L’Hotel in Marrakesch, organisiere.
Was hat Sie dazu bewogen, sich diesem Haus anzunehmen?
Als ich durch die Türen in den Garten trat, wusste ich sofort, dass dies mein zweites Hotelprojekt sein könnte. Ich werde nie das erste Gefühl vergessen, das ich hatte, als ich aus den engen Straßen von Tanger in den grünen und schattigen Innenhof der Villa kam. Hier gab es schon Bananenstauden und Palmen. Dann kam der Garten. Eine Oase mit großen, weitläufigen Rasenflächen und mit Blick aufs Meer kam. So unfassbar schön.

Foto: Andrew Montgomery
Was haben Sie getan, um das Haus in ein Hotel zu verwandeln?
Ich hatte keine Ahnung, was für ein kolossales Projekt die Verwandlung von einem Privathaus in ein Hotel sein würde. Wir mussten das Haus und den Garten komplett auseinandernehmen und wieder zusammensetzen. Die gesamten Rohrleitungen waren hinüber, wir mussten eine völlig neue Infrastruktur aufbauen. Zudem haben wir neun neue Gebäude entworfen und gebaut. Mein Gedanke war immer, eher zu bewahren, als neu erschaffen. Das Haus ist immer noch in seiner ursprünglichen Form erhalten. So wie Yves Saint Laurent es geliebt hat. Es gibt noch dieselben Fliesen auf dem Boden, die Zimmer haben immer noch denselben Schnitt. Toll sind auch die hohen Decken.
Was hat Sie zu der romantischen Stimmung der Villa Mabrouka inspiriert?
Saint Laurent wollte, dass die Villa Mabrouka die Eleganz und Schönheit des Hauses seiner Kindheit in den 1940er-Jahren widerspiegelt, in dem er in Oran in Algerien aufwuchs. Daran habe ich mich orientiert. Mabrouka ist glamourös in seiner Reinheit und Schlichtheit. Es ist bequem und stilvoll, durchdrungen von einem europäischen Touch. Also ein starker Kontrast zu der marokkanischen Stimmung meines Hotels in Marrakesch und seiner Geschichte als Riad.

Foto: Andrew Montgomery
Hier betritt man keinen marokkanischen Palast, sondern ein Haus, wie man es in den 1940er-Jahren in Südfrankreich vorgefunden haben könnte. Mit den sanften Nuancen Marokkos. Eine Stimmung, die an die glückliche Zeit zwischen den
beiden Weltkriegen erinnert, eine Zeit, in der man sich leicht fühlte, in der alles ein wenig schillernd und glitzernd war.
Neben der Inspiration durch Saint Laurent und Bergé würde ich sagen, dass hier auch ein Hauch der britischen Innenarchitektin Syrie Maugham zu spüren ist – nicht so sehr ihr Weiß auf Weiß, aber in der Atmosphäre.
Können Sie uns etwas über einige der dekorativen Details erzählen?
Es ist sehr weiß – eine Wohltat bei der Hitze und ein perfekter Kontrast zum Grün des Innenhofs –, aber es gibt auch ockerfarbene und butterblumengelbe Töne, verschiedene Grüntöne, Kornblumenblau und Rosa. Ich habe Farbe, Textur und Webart so eingesetzt, dass sie nicht mit der Dramatik und Schönheit des Außenbereichs konkurrieren, der von den Gärten bis zum Meer reicht.

Foto: Andrew Montgomery
Zu den dekorativen Details gehören die Beleuchtung aus den 1930er-Jahren, mauretanische Teppiche und die alte lokale Tradition der handgefertigten glasierten Tonfliesen Bejmet und Zellige. Pantoffelsessel aus Samt, römische Mosaike und Büsten, großzügige weiße Sofas, antike Stickereien, schöne helle Laken und Kissenbezüge aus Kaschmir. Alle Möbel wurden in Marokko hergestellt, wobei der
Schwerpunkt auf einfachen, grafischen Silhouetten liegt.
Mit sehr viel Liebe zum Detail …
Wenn ich von Komfort spreche, denke ich an das Gewicht und die Flauschigkeit der Bettdecke, das Gefühl der Laken. Ich glaube, dass Komfort dadurch entsteht, dass die Dinge gut funktionieren. Genauso wichtig ist es, wie sich die Dinge anfühlen. Wie sitzt man auf dem Sofa? Lässt man sich darauf ein, oder prallt man ab? Ich versetze mich in die Lage der Gäste. Wie bewegen sich die Leute durch jeden Raum? Also fasse ich alles an. Türgriffe, Gläser, Handtücher.
Fast alles im Hotel wurde individuell entworfen und angefertigt, vom Geschirr und der Bettwäsche bis hin zu den Stoffen, Möbeln und der Beleuchtung. Ich habe die Entwürfe für die meisten Stücke gezeichnet. Einige Dinge wurden von Möbeln abgeleitet, die bereits vorhanden waren, andere sind meiner Fantasie entsprungen.

Foto: Andrew Montgomery
Ich bin auch bestrebt, jedes Erlebnis zu perfektionieren: wie der Kaffee serviert wird, wie die Croissants jeden Morgen zubereitet werden, wie sich die Sauciere in der Hand anfühlt. All die unterschwelligen Dinge, die in der Summe einen Aufenthalt unvergesslich machen. Es geht um Details, Details, Details. Aber unaufgeregt, es soll für die Gäste mühelos erscheinen. Aber Mühelosigkeit erfordert verdammt viel Aufwand, das kann ich Ihnen sagen!
Wie unterscheidet sich Tanger von Marrakesch?
Da es direkt am Meer liegt, an einem Hafen, ist es eine ganz andere Umgebung. Es gibt viele weiße Häuser aus den 1930er- und 1940er-Jahren, die sich vom blauen Meer abheben, was in völligem Kontrast zu den sandigen Terrakottatönen von Marrakesch steht.
In Tanger befindet man sich am Mittelmeer, mit Panoramablick auf Himmel, Meer und Gärten, begrenzt von der Bucht von Tanger, der Straße von Gibraltar, dem Alboran-Meer. Pierre Bergé hat einmal gesagt:
»Tanger ist eine Stadt im ständigen Gespräch mit Europa«.

Foto: Andrew Montgomery
Welche Bedeutung hat Yves Saint Laurent für Sie?
Seit ich denken kann, bedeutet Yves Saint Laurent unendlich viel. Während andere Kinder Fußballer verehrten, bewunderte ich Saint Laurent.
Seit ich etwa zwölf Jahre alt war, war er eine sehr wichtige Persönlichkeit für mich. Er war ein Genie. Ein Mann, der sein Handwerk liebte und der es auf brillante Weise verstand, den Finger am Puls der Zeit zu haben. Er entwarf nicht nur Kleidung, er zeichnete, malte und entwarf für das Theater. Für mich ist die Übernahme der Villa Mabrouka ein reiner Glücksfall und Zufall, aber auch eine sehr romantische und persönliche Geschichte.
Warum sind sie Hotelier geworden?
Ich habe Ludwig Bemelmans‘ Buch Hotel Splendide gelesen, als ich ein Teenager war. Es ist ein witziger Bericht über sein Leben als Kellner im Ritz-Carlton in den 1920ern in New York. Und es ist so charmant – die Art und Weise, wie er über Essen spricht und wie sehr er es liebt, und wie köstlich es ist. Seitdem hat es mein Interesse an Hotels geweckt.

Foto: Andrew Montgomery
Was macht die Villa Mabrouka zu einem so besonderen Reiseziel?
Einige werden kommen, um die Stadt und ihre Küste zu erkunden, aber viele werden kommen, weil es eine sehr beruhigende und einzigartige Erfahrung sein wird. Es wird ein Reiseziel für sich sein, abgelegen und ruhig, kühl und gelassen, mit zwei Swimmingpools, Restaurants und einem Service, der Gästen alles bietet, was sie sich wünschen. Ich hoffe, es wird der perfekte Rückzugsort sein.
Mehr Infos zu Villa Mabrouka
Villa Mabrouka wurde im Juni 2023 eröffnet. Suiten ab 450 Euro pro Nacht Reservations@villamarbouka.com

Foto: Andrew Montgomery
