Wer glaubt, Sushi sei das Nonplusultra der japanischen Küche, hat vermutlich noch nie gesehen, wie Davide Izzi leuchtende Augen bekommt, wenn es um Okonomiyaki geht. Unser Koch und kulinarischer Japan-Romantiker hat sich auf einer Reise mit allem verwöhnen lassen, was zwischen Kyoto und Kanazawa köchelt, brutzelt oder im heißen Dashi badet. Mit einem leidenschaftlichen Blick auf Fermentiertes, Frittiertes und Fantastisches stellt er uns vor, was wir nicht verpassen dürfen. Warum? Hier tanzt nicht nur Umami auf der Zunge, sondern auch das Herz. Das Essen in Japan.
1. Soba – die elegante Schlichtheit der Buchweizennudel
Zart nussig, kühl serviert, in Tsuyu getunkt: Soba ist für Davide ein Inbegriff japanischer Zurückhaltung. Und gleichzeitig ein Paradebeispiel dafür, wie viel Raffinesse in einem schlichten Gericht stecken kann. Die aus Buchweizen hergestellten Nudeln werden traditionell auf Bambusmatten angerichtet und mit fein geschnittener Nori garniert.
Wer die puristische Variante isst, darf sich am Ende noch über ein kleines Ritual freuen: Soba-yu, das heiße Kochwasser, wird mit dem Rest der Sauce vermischt und als Abschluss-Süppchen gereicht. Und ja, das klingt wie ein Trick aus der Haute Cuisine – ist aber tief verwurzelte Alltagskultur.

Foto: Masaaki Komori
2. Tempura – knusprig, luftig, (fast) schwerelos
»Tempura ist Frittiertes mit japanischem Zen«. Ob Ebi (Garnelen), Auberginen oder Süßkartoffeln – das Gemüse oder der Fisch werden in einen leichten Teig gehüllt, der beim Frittieren so knusprig wird, dass er fast zerfällt, wenn man ihn ansieht. Serviert mit einer Dashi-Sojasaucenmischung wird daraus ein kleines Kunstwerk.
Und als ob das nicht genügte, kommt der Knaller oft zum Schluss: Reiskörner, Miso-Suppe und ein kleines Schälchen eingelegter Gemüse tanzen als Sidekicks auf dem Tablett.

Foto: Bady Abbas
3. Okonomiyaki – das Soulfood mit Grillplatte und Grinsen
»Wer bei japanischem Essen an zurückhaltenden Geschmack denkt, kennt Okonomiyaki nicht«, so Davide mit einem Augenzwinkern. Auf einem heißen Eisenblech zischt und duftet es: Ein herzhafter Pfannkuchenteig trifft auf Kohl, Speck oder Meeresfrüchte. Das Ganze wird gewendet, gebraten und am Ende mit Okonomiyaki-Sauce, Mayo, Bonitoflocken und Aonori dekoriert. Klingt wild? Ist es auch. Und trotzdem unfassbar harmonisch. In Osaka schwört man auf dieses Gericht – und Davide versteht genau, warum.

Foto: Alexander Schimmeck
4. Tonkatsu – die japanische Schnitzel-Symphonie
Kross, saftig, goldbraun: Tonkatsu ist das japanische Pendant zum Schnitzel – aber mit viel mehr Tiefe. Die Schweinefilets werden paniert, frittiert und mit feingeraspeltem Kohl, Miso-Suppe und fluffigem Reis serviert.
Wer einmal die Variante mit Tokyo-X-Schwein probiert hat, weiß: Hier geht es um mehr als nur Fleisch. Es geht um Textur, Temperatur und Timing. Davide liebt besonders die feine Sauce, die irgendwo zwischen Barbecue und Teriyaki schwebt. Und ja: Nachschlag beim Kohl ist meistens inklusive.

Foto: Charles Deluvio
5. Wagyu – die Kunst des Schmelzens
Wagyu ist wie Butter in Fleischform. Das Marmorierungswunder zergeht auf der Zunge, als wäre es nie Teil eines Rindes gewesen. Ob in feinen Sukiyaki-Scheiben im süßlichen Sud oder in Perfektion auf dem Teppanyaki-Grill zubereitet: Wer Wagyu einmal in Japan gegessen hat, denkt anders über Rind. Und wer Glück hat, bekommt noch ein rohes Eigelb dazu, das als seidiger Überzug fungiert – klingt dekadent, schmeckt nach Himmel.

Foto: Richard Iwaki
6. Kaiseki – die leise Explosion
»Ein Gedicht auf zehn Tellern«, nennt Davide das Kaiseki-Menü. Inspiriert von Hofküche und Mönchsdisziplin, folgen diese mehrgängigen Speisefolgen einer Choreographie aus Farben, Texturen und Jahreszeiten. Sashimi, eine Suppe, Gegrilltes, Gedämpftes, eine kleine Reiskugel, Pickles und etwas Süßes – alles kunstvoll arrangiert. Ein Kaiseki ist nichts, was schnell gegessen wird. Es ist ein Erlebnis, das sich entfaltet wie ein Haiku in Aromenform.

Foto: ninekrai/Shutterstock.com
7. Yakitori – das Hühnchen wird zum Helden
Grill, Glut, Gänsehaut: Yakitori sind kleine Spieße mit großem Charakter. Alles darf auf den Grill. Und nichts ist hier langweilig. Die Würze? Entweder Salz oder die legendäre Tare-Sauce, eine Mischung aus Sojasauce, Mirin und Zucker, oft über Jahre weiterverwendet und verfeinert. Wer sich nicht entscheiden kann, bestellt einfach »Omakase« und lässt den Meister wählen.

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8. Ramen – der Eintopf der tausend Brühen
Davides Beziehung zu Ramen ist innig. Und sie schwankt zwischen klarer Hühnerbrühe, cremigem Tonkotsu oder Meeresfrüchte-Fond. Ramen ist die große Bühne der Suppenkunst – und die Toppings sind die Darsteller: Chashu-Schweinebauch, Ei mit flüssigem Kern, Bambussprossen, Nori, Lauch. Jede Region, jede Garküche hat ihre eigene Interpretation. Und wenn der Koch morgens zum Fischmarkt geht, um den Fond frisch anzusetzen, dann weiß man: Hier wird’s ernst.

Foto: Hari Panicker
9. Sushi – mehr als nur Nigiri
Ja, Sushi. Klar, das Japan Food. Aber es geht um mehr als die rohen Scheibchen auf Reisbällchen. Kennst du das gestreute Chirashi, das gepresste Oshizushi aus Osaka oder Gunkanmaki mit Seeigel, in Nori gewickelt wie ein kleines Schiff? Entscheidend ist nicht nur der Fisch – sondern auch der Reis. Der muss perfekt temperiert, gewürzt und geknetet sein. Und das Verhältnis von Wasabi zu Shoyu? Eine kleine Wissenschaft für sich.

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10. Shabu-Shabu – das leise Blubbern im Glückstopf
Dünn geschnittenes Rindfleisch trifft auf dampfende Kombu-Brühe: Shabu-Shabu ist ein meditativer Moment am Tisch. Das Fleisch wird nur kurz durchs heiße Wasser gezogen, bis es zart grau wird – dann kommt der Dip: Ponzu oder Sesam. Danach Gemüse, Tofu, Udon oder Reis. Das Ganze endet meist mit einem Lächeln. Und manchmal mit einem zweiten Sud, der alle Aromen in einer letzten Schale vereint. Slow Food auf Japanisch.

Selective focus Shabu Shabu and Sukiyaki, Japanese food
11. Karaage – der Crunch zum Niederknien
Davide nennt sie liebevoll »Japan-Chicken-Nuggets in göttlich«. Karaage sind marinierte Hähnchenteile, die knusprig ausgebacken werden und eines seiner liebsten Essen in Japan. Außen goldbraun, innen saftig – dazu ein Hauch Soja, ein bisschen Knoblauch und das Wissen, dass dieses Streetfood zur Landesliebe werden kann. In Nakatsu, der selbsternannten Karaage-Hauptstadt, gibt’s sogar eine Grand Prix. Ob aus der Izakaya oder dem Convenience-Store: Karaage kann immer und überall.

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12. Udon – die dicken Dinger
Diese dicken Weizennudeln sind der Geheimtipp beim Food in Japan, wenn man einen Abend vorher zu tief ins Glas geschaut hat. Warm in Dashi, gekrönt mit Ei oder Butter, kalt mit Dip – Udon ist wandelbar und herzerwärmend. Besonders charmant ist die Variante aus Yamanashi: flache Nudeln, Gemüse, Miso, alles im Tischkocher serviert. Wenn’s blubbert, ist’s fertig. Und wenn’s fertig ist, ist’s herrlich.

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13. Die Teezeremonie – trinken, atmen, schauen
Zum Schluss wird’s still: Die japanische Teezeremonie ist kein Snack, sondern ein Akt. Chawan, Matcha, Wagashi – jedes Detail hat Bedeutung. Davide hat in Kyoto auf einer Strohmatte gesessen, einen Schluck genommen und dabei in eine moosbewachsene Gartenlandschaft geblickt. Der Geschmack: herb, weich, fast wärmend. Der Moment: magisch. Die Lektion: Tee ist mehr als ein Getränk.
In diesem Artikel erklären wir alle Hintergründe zur japanischen Teezeremonie.

Foto: Roméo A.
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Hier gelangt ihr zu unserer Rezension des – nach unserer Meinung – besten japanischen Kochbuchs.