Gute Nachrichten für Reisende in Großbritannien: An den Flughäfen des Landes sollen Passagiere in Zukunft bis zu zwei Liter Flüssigkeit im Handgepäck mit an Bord nehmen dürfen. Möglich machen dies neue CT-Scanner. Passagiere können damit auf bequemere und schnellere Kontrollen des Handgepäcks hoffen. Auch in Deutschland werden die neuen Scanner bei den Handgepäckkontrollen mehr und mehr eingesetzt. 

Wer kennt es nicht? Die Schlange an der Security-Kontrolle im Flughafen bewegt sich nur in Trippelschritten voran. Ganz vorn, wo Passagiere ihre Taschen, Jacken, Rucksäcke, Tüten und Koffer aufs Band legen, entzündet sich wieder mal eine Diskussion darüber, was mitgenommen werden darf und was nicht. Ein Streitpunkt, immer wieder: die Mitnahme von Flüssigkeit. Aktuell sind in den meisten Ländern der Welt 100 Millimeter pro Behälter erlaubt. Doch damit könnte es in den nächsten Jahren vorbei sein. Großbritannien jedenfalls prescht nun vor und will an allen größeren Airports des Landes neue Regeln für die Handgepäckkontrollen einführen. Und davon könnten viele Reisende profitieren.

Handgepäckkontrollen: Großbritannien stellt auf CT-Scanner um

So soll zum einen die Beschränkung auf 100 Millimeter Flüssigkeit pro Gefäß entfallen. Die Vorschrift war 2006 eingeführt worden, als bekannt wurde, dass Terroristen die Absicht hatten, Flüssigsprengstoff ins Flugzeug zu schmuggeln. Stattdessen sollen an Großbritanniens Flughäfen in Zukunft bis zu zwei Liter erlaubt sein. Nicht nur das: Auch das lästige Auspacken von Notebooks, Kameras und anderen elektrischen Geräten soll entfallen.

Mann an der Handgepäckkontrolle am Flughafen

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Möglich machen dies neue Computertomographen, sogenannte CT-Scanner, die qualitativ hochwertige 3D-Bilder liefern. An den neuen Kontrollbildschirmen entstehen dreidimensionale Ansichten, die eine schichtweise Durchleuchtung des Tascheninhaltes ermöglichen. Auch eine Überprüfung auf Sprengstoffe und explosive Flüssigkeiten ist möglich. Laut Verkehrsminister Mark Harper wird die neue Technologie bereits seit 2017 am Londoner Großflughafen Heathrow getestet – mit Erfolg. Am Flughafen Stansted laufen ebenfalls bereits Tests der neuen Geräte.

Die Flughäfen Großbritanniens haben nun bis Juni 2024 Zeit, ihre Kontrollgeräte und -verfahren aufzurüsten. Bis dahin müssen sich die Fluggäste allerdings an die aktuellen Vorschriften halten, sofern sie nicht anders angewiesen werden. Wann die ersten Airports in Großbritannien komplett umgestellt haben werden, ist indes noch unklar. Harper sprach von einem Zeitraum von bis zu »zwei Jahren«.

Neue CT-Scanner auch in Deutschland bereits im Einsatz

Die neuen CT-Scanner sind auch in Deutschland bereits seit 2020 im Einsatz, so an den Airports in Frankfurt und Köln/Bonn. Die Beschaffung der Geräte ist Aufgabe der Bundespolizei und des Beschaffungsamts. »Passagiere können die CT-Scanner an zwei Stationen unserer Sicherheitskontrollen nutzen«, erläutert Alexander Weise, Pressesprecher des Flughafens Köln/Bonn. Passagiere müssten an diesen Stationen in der Regel somit nicht mehr ihre Flüssigkeiten und elektronischen Geräte auspacken, so Weise.

Passagiere im Terminal des Flughafens Köln/Bonn

Flughafen Köln/Bonn

Auch an den Flughäfen in Frankfurt und München werden die Geräte 2023 zum Einsatz kommen. In München sollen die Kontrollstellen im Laufe der kommenden Jahre sukzessive mit 60 speziellen Computertomographen (CT) und 48 neu konzipierten Kontrollspuren ausgestattet werden. Mit der serienmäßigen Ausstattung der ersten drei Kontrollspuren im Terminal 1 könne bereits im ersten Quartal 2023 begonnen werden, teilte das Luftamt Süd der Regierung Oberbayern vergangenen Monat mit.

Experten begrüßen Einsatz von CT-Scannern

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) weist auf Nachfrage darauf hin, dass im Schengenraum nach wie vor die Begrenzungen zu Flüssigkeiten im Handgepäck (max. 100 ml pro Gefäß, insgesamt max. 1 Liter) gelten. »Passagiere, die von Großbritannien in den Schengenraum reisen, um von dort einen Anschlussflug zu nehmen, müssen sich am Transitflughafen einer Nachkontrolle unterziehen«, sagt Julia Fohmann-Gerber, Pressesprecherin des Verbandes. Dass die CT-Scanner auch in Deutschland mehr und mehr zum Einsatz kommen, begrüßt sie: »Unabhängig davon befürwortet der BDL jedoch den möglichst flächendeckenden Einsatz der CT-Scanner in Deutschland, um den Durchlauf und die Effizienz der Sicherheitskontrollen zu erhöhen.« Die Forderung, dass Deutschland und die EU dem Vorbild Großbritanniens folgen und Passagieren erlauben solle, mehr als die 100 ml pro Gefäß mit sich zu führen, stellt der Verband allerdings (noch) nicht.

Flughafenkontrolle

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Auch Cord Schellenberg, Unternehmensberater in der Luftfahrtbranche, begrüßt das Vorhaben Großbritanniens, die Handgepäckkontrollen mithilfe der CT-Scanner zu erleichtern. »Das bringt natürlich viel Effizienz, weil die Fluggäste nicht mehr nach ihren Sachen suchen müssen«, sagte Schellenberg in einem Interview mit WDR5. Er sei immer wieder überrascht, so Schellenberg, wie viele Passagiere auch heute noch mit den derzeit geltenden Handgepäck-Mitnahmeregeln nicht vertraut seien, was zum Teil zu immensen Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen führe.

Ob und wann die EU dem Beispiel Großbritanniens folgen wird und dank der neuen CT-Scanner die Flüssigkeit-Mitnahmeregeln bei den Handgepäckkontrollen liberalisieren wird, ist indes noch unklar. Klar aber sei, so Jörg Ristow von der Bundespolizei: »Eine vollständige Aufhebung der Flüssigkeitsregeln an den Flughäfen ist praktisch nur mit einer vollständigen Umstellung auf CT-Geräte möglich.« Die Bundespolizei plane,  alle Flughäfen mit CT-basierten Röntgengeräten sukzessive auszustatten. Langfristig sollen alle Kontrollstellen über CT-basierte Röntgengeräte verfügen. Die Umsetzung sei von der mittel- und langfristigen Verfügbarkeit der Geräte abhängig, so Ristow.