Südtirol ist für Lars Eise »Gottesland«. Er schwärmt von der Luft, den Leuten, dem besonderen Licht – und vom 911er Porsche. Die Kombination aus kurvenreichem Fahrspaß, hohen Drehzahlen und der Pracht der Dolomiten heißt »Dolce Vita« – eine Selbstfahrertour, entwickelt von Lars Eise, Gründer von Passo Tourismo. Wir haben es uns nicht nehmen lassen, vier Tage Südtirol zu entdecken, selbst zu beschleunigen und »Porsche-Fieber« zu bekommen! Text: Anja Genz
Es lebt. Vielmehr: Es schnurrt beständig. Dazu ein leichtes Vibrieren des Sitzes, ein Hauch von Leder und Öl liegt in der Luft. Wer einmal links (!) vom Lenkrad den Schlüssel sanft nach rechts gedreht hat, ist angesteckt. Die Krankheit heißt »Porsche-Fieber« und lässt einen nicht mehr los. Gewöhnlich versursacht sie ein breites Grinsen, den »Scannerblick«, der jeden Porsche im Gegenverkehr entdeckt, und den Wunsch nach engen Kehren und hohen Drehzahlen. Das beste Heilmittel dabei ist: so viel mit dem Porsche durch Südtirol fahren wie möglich.
Für 911er-Novizen beschreibt Lars Eise die »Arbeit« des Fahrers mit den Worten: »Sie werden solche Oberarme und solche Unterschenkel haben.« Dabei malt er Ausmaße eines Michelin-Männchens in die Luft. Der Fahrer muss tatsächlich bei der Lenkung und der Kupplung mehr »arbeiten«. Der Beifahrer genießt die Landschaft. Ohne Servolenkung und sonstige Erleichterungen moderner Autos (er-)lebt man das pure Fahrgefühl, spürt die Straße unter sich und lernt, die hohen Drehzahlen zu schätzen.
Mit dem Porsche durch Südtirol: von null auf 100 in 6,5 Sekunden
Übersetzt in die Welt der Technik, heißt das: 3,2 Liter Hubraum, 6 Zylinder, 218 PS, 1100 kg Leichtgewicht, Sportfahrwerk, 80 Liter Tank für – je nach Fahrstil – um die 600 km und eine Beschleunigung von null auf 100 in 6,5 Sekunden.
Da quietschen die dicken Pirelli- oder Bridgestone-Reifen, und der kleine »Nackenschlag« samt Druck in den Sessel ist garantiert. Wer dazu noch das historische Rennstreckenflair genießen möchte, wird die »Kesselbergstraße« am Anfang der ersten Etappe lieben. Neun Kilometer geht es kurvenreich und eng am Felsen vorbei den Berg hinauf. Die ehemalige Rennstrecke ist heute eine Bundesstraße zwischen Kochel- und Walchensee und überwindet dabei einen Höhenunterschied von 240 Metern. Ist der Motor erst mal heiß, kurvt es sich äußerst »freudig« ab 4000 Umdrehungen pro Minute. Jeder »normale Autofahrer« würde bei diesem Geräusch schon längst schalten.
Der Motor röhrt und scheint förmlich zu schreien. Doch für den reinen Fahrspaß überwindet man den automatisierten Griff zum Schaltknüppel und hält aufs Gas. Das Rezept für eine garantierte Adrenalinwirkung und ein breites Grinsen ist: auf die Kurve zu beschleunigen + nur kurz die Bremse antippen + rumziehen = Rennfahrergefühl namens Querbeschleunigung getoppt mit Heckausbruch. Noch mehr Spaß macht es, wenn es neben der Straße steil hinab geht und die Straße scheinbar zum Himmel führt, um im letzten Moment nach rechts in eine Kurve auszubrechen. Wer dann von einem Stau oder langsamen Autos ausgebremst wird, ärgert sich und versteht Lars Eise, wenn er sagt, seine Autos seien zum Fahren da, und Verkehr sei ein Graus für jeden 911er-Fahrer.
Schade, wenn der Tunnel kürzer ist als erhofft
Vor allem, wenn unzählige Kurven warten, die sich in Serpentinen mit engen Kehren den Berg hinschlängeln oder wie sanfte Wellen, den »twists«, das Auto sachte von rechts nach links wiegen und trotzdem das Beschleunigen ermöglichen. Bei 14 Pässen auf der gesamten Strecke mit einer Höhe von bis zu 2 244 Metern sind unzählige Kurven programmiert. Zum Glück aber auch einige Tunnel. Je länger, desto besser! Denn der Sound des Motors entfaltet sich hier am vollsten. Was erst ein Röhren im Tunnel ist, wird durch Beschleunigung, gepaart mit Runterschalten, zur bollernden Soundhölle. Zu schade, wenn der Tunnel kürzer ausfällt als erwartet. Andererseits wäre es um das Bergpanorama äußerst bedauerlich.
Hinter jeder Kurve erstreckt sich ein scheinbar eigener kleiner Kosmo. Im Tal entführen frisch gemähte Wiesen die Sinne, während am strahlend blauen Himmel Paraglider an bunten Fallschirmen ihren Himmelstanz aufführen. Bewacht von schroffen grauen Felsen mit dunklen Nadelwäldern, die wie stumme Zeugen das Spektakel beobachten. Je höher die Passtrassen hinaufführen und der verhangene Himmel auf reißt, desto karger wird die Landschaft. Während Nebelschwaden im Tal zu tanzen scheinen, öffnen sich hoch oben kleine Fenster im Dunst und geben den Blick auf unzählige Berghänge frei. Sie könnten gerade aus einer Modelleisenbahnlandschaft entnommen sein, so ordentlich stehen die dunkelgrünen Tannen auf den kargen Hängen – aufgereiht wie kleine Zahnstocher.
Meran ist einen Stopp wert
Ganz oben auf den Pässen gehört die klare Bergluft zur mager bewachsenen Landschaft mit seichten Hügeln, wie weiter unten die frischer Landluft und gemähten Wiesen, auf denen die Kühe ihre Glocken spazieren führen.
Dazu passen die bunten »Trubeldörfer« mit unzähligen Touristen und Souvenirständen kaum. Dennoch sind die eng aneinandergereihten Häuschen mit geraniendekorierten Balkonen hübsch anzusehen. Einen Stopp ist in jedem Fall die historische Kurstadt Meran wert. Um in die zweitgrößte Stadt Südtirols zu gelangen, führt die Straße hinab ins Tal, vorbei an umschlungenen Hügelchen aus Terrassen aus Apfelbaumplantagen. Unten angekommen, stehen unzählige Architekturstile des späten 19. Jahrhunderts an der eisblauen, rauschenden Passer Spalier. Mondän und eingerahmt von üppig sprießendem Grün samt Palmen. Im warmen und etwas schwülen Klima gedeiht die Natur wie im Gewächshaus.
Nicht umsonst wählte Kaiserin Sissi viermal Meran als Kurort. In den engen Gässchen der Altstadt reihen sich die Häuschen mit ihren unzähligen bunten Fensterläden, Lämpchen und Cafés dicht aneinander. Schnurren die 911er Porsche aus den Baujahren 1981–1988 dann durch den Ort, sind die Reaktionen der Fußgänger immer dieselben. Es ist eine Mischung aus Staunen, Winken und dem Blick eines kleinen Kindes. Ist die Kamera griffbereit, werden Fotos gemacht, wenn die roten oder schwarzen PS-Schätzchen am Straßenrand steht. Bei Laien geht der Fahrer schnell als »Besitzer« durch, doch die wahre Probe wartet während der Fahrt, denn da heißt es, fachmännisch zu erkennen, ob der entgegenkommende Oldtimer luftgekühlt ist. Denn nur diese Fahrer grüßen einander. Test bestanden? Schon geht der Flitzer als der eigene durch, selbst unter Fachmännern.
Speisen im Hotel Elephant in Brixen
Zurück im Hotel Elephant, wartet schon Isotta, die Hotelhündin. Seit circa acht Jahren hat der Basset einen eigenen Tagesablauf entwickelt. Tagsüber läuft sie über die kleine Straße in den Hotelpark mit Kinderspielgeräten, Gartenanlage mit Pool und Bänken, um dann Punkt 19 Uhr vor dem hoteleigenen Restaurant zu stehen und mit ihren tiefhängenden Augenlidern, dem treuen Blick und langen Schlappohren die Gäste zu begrüßen.
Schließlich scheint sie zu wissen, was für exquisite »Leckerbissen« serviert werden, die selbst der Gault Millau und Michelin wohlwollend hervorgehoben haben. Seien es traditioneller Rehrücken in Pfifferlingkruste, Tomaten-Jus, Blaukraut und Steinpilzgelee an Kartoffeln und Grießknödeln oder das zarte Bratl vom Milchkalbskarree auf Weißkohl, BabySpinat, Steinpilzen und Quarknocken. Das Dessert aus feiner Valrhona-Schokoladenmousse krönt einen lauen Sommerabend auf der Terrasse des Restaurants, bevor die Erlebnisse des Tages im »Rennfahrertraum« erneut durchkurvt werden.
Denn der 911er wartet schon ungeduldig mit seinen gutmütig wirkenden Froschaugen in der Hotelgarage, er kann es gar nicht abwarten, seinen Fahrer von der »Porsche-Krankheit« zu »heilen«.
Selbstfahrer-Tour. Die 1100-Kilometer Strecke mit dem Porsche durch Südtirol erstreckt sich über vier Tage. Die Selbstfahrer-Tour »Dolce Vita« ist ab € 1561 p. P. buchbar. Als Reiseveranstalter führt Thomas Cook Selection die Reise im Programm. Buchungen über alle Reisebüros mit Thomas Cook oder dem Kundenservice: 01803 607090 (0,09 Euro/Minute, Mobilfunktarife abweichend).
Übernachten. Das Vier-Sterne-Superior-Hotel Elephant liegt ruhig und dennoch direkt in der Innenstadt von Brixen.
Info. Den reisen-EXCLUSIV-Guide finden Sie hier.