Vier Frauen unternehmen eine Reise auf die Cookinseln, und zwar ohne Übergepäck und Nagellackentferner. Dafür mit reichlich Neugier an Bord. Text: Jennifer Latuperisa-Andresen

Eine Reise in die Südsee ist wie ein Lottogewinn. Man kann es nicht fassen. Die Vorstellungskraft setzt aus. Man kneift sich. Schaut noch einmal genau hin. Hinterfragt es, bis man am Ende im Flugzeug gen Paradies sitzt. Und zwar ewig lang. Mehr als 24 Stunden. Mit Umsteigen und kurzen Aufenthalten versteht sich. Und dann plötzlich öffnet sich vor dem kleinen Boeing-Fensterchen ein Ausblick auf einen türkisfarbenen Teppich mit kleinen unscheinbaren Kaffeeflecken. Das ist also das Paradies von oben. Türkises Meer umspült kleine Inselchen. Vier Frauen im Glück. Der Beginn unserer Reise auf die Cookinseln.

Cookinseln aus der Luft

Jennifer Latuperisa-Andresen

Eine der vier Frauen, die sich auf den langen Weg gemacht haben, ist Madame N. Sie ist die filigrane unter uns Damen. Ja fast zerbrechlich wirkt sie zwischen den kräftigen Polynesiern, die uns am Flughafen mit den typischen Blütenketten, Leis genannt, erwarten. Madame N. lächelt, sie wird auch noch die nächsten Tage lächeln, wenn man ihr elfenhaftes, attraktives Gesicht denn sieht unter der Riesenkrempe ihres Sonnenhuts. Da sind wir nun gelandet in der Postkartenidylle par excellence.

Landung und Begrüßung auf Rarotongo, der größten Insel

Auf den Cookinseln, um genau zu sein auf Rarotonga, der größten der insgesamt 15 Inseln des unabhängigen Inselstaates. Benannt ist er selbstverständlich nach James Cook, der hier im 18. Jahrhundert verkehrte. Allerdings hat er die Hauptinsel Rarotonga niemals zu Gesicht bekommen. Das wiederum hätte Madame N. sicherlich gewusst, wenn wir anderen drei sie danach gefragt hätten. Denn sie ist ein schier endloses Sammelsurium an Wissen, das sich anscheinend auch nicht stillen lässt.

Bei der ersten Inselumrundung wird endlos gefragt, und so erfahren wir, dass Neuseeland von den Cookinseln aus besiedelt wurde und dass heutzutage nun jeder der Cookinsulaner einen neuseeländischen Pass besitzt, der wiederum dafür sorgt, dass die Inseln bevölkerungsärmer werden, weil dann doch weiße Sandstrände und Kokosnusspalmen allein nicht zum Leben reichen wollen. Zumindest, wenn man für sich selbst ein höheres Ziel setzt.

Schlemmertour am Abend

Am Abend machen wir eine kulinarische Tour. Sie führt uns von einer Familie zur nächsten. Die Vorspeise wird bei Tom Marst ers und seiner Frau serviert und der Hauptgang sowie das Dessert wiederum bei einer anderen Familie. Uns fallen fast die Augen zu, so jetlaggezeichnet sitzen wir auf der Veranda der Marsters. Pae Marsters muss gedacht haben, wir kommen mit Verstärkung, so reichhaltig ist das von ihr gezauberte Büfett mit inseltypische Köstlichkeiten.

Reise auf die Cookinseln: köstliche Kulinarik

Jennifer Latuperisa-Andresen

Doch bevor wir probieren dürfen, erklärt uns Hausherr Tom das Leben auf der pazifischen Vulkaninsel. »Gegessen wird am liebsten Gemüse und Obst aus dem eigenen Garten. Oder aus dem Meer.« Deswegen flankieren die Äste des Mangobaums die des Papayas- und Avocadogewächses, deswegen grunzt ein Hausschwein im Gebüsch und liegen Kokosnüsse wie Steine auf dem Rasen.

Madame N. ist fasziniert, erstaunt über so viel Offenheit, über die Köstlichkeiten und darüber, dass die Verwandtschaft hier im Garten vergraben wird. »Sie gehören doch zur Familie«, sagt Tom Marsters, und Madame N. nickt. Man sieht es praktisch in ihrem Kopf arbeiten. Weniger als eine Stunde fliegen wir mit einer kleinen Propellermaschine von Rarotonga nach Atiu. Und nachdem Rarotonga sich weltmännsich zeigte, möchte Atiu uns schon in den ersten Minuten auffressen.

Blätter gegen das von Stechmücken verursachte Jucken

Das attraktive Fräulein A. wird als Erste gebissen. Wahrscheinlich hätten auch Männer diese Wahl getroffen. Hierbei handelt es sich aber erst einmal um Stechmücken. Unter diesen muss es sich schnell herumgesprochen haben, dass soeben Frischfleisch auf dem Eiland gelandet ist. Zumindest besiedeln sie unsere Haut so sehr, dass es permanent klatscht auf dem Deck des Jeeps, wo wir Platz nehmen, um als Erstes entlang der Palmenallee gen Hafen zu kurven, wo aufgeregte Insulaner, es sind insgesamt nur 600 an der Zahl, auf das Frachtschiff warten, welches neben Motorrollern und Tomatensauce auch Bettlaken bringt.

Straße auf den Cookinseln

Jennifer Latuperisa-Andresen

Das hier ist das Versorgungsnadelöhr, und ein paar Mal im Jahr fühlt es sich an wie Weihnachten. Das zumindest erzählt unser Guide Birdman George dem Fräulein A. Nebenbei rät er ihr zudem, ihre langen Beine mit für uns undefinierbaren grünen Blättern einzureiben, und drückt ihr zwei Äste in die Hand, damit sie damit die penetranten Viecher wegwedeln kann. Blätter gegen das Jucken, sagt der Ornithologe.

Leider wirkt das Kraut bei europäischem Blut nicht, deswegen lauschen wir kratzend Georges Lauten, mit denen er die Kakerori versucht anzulocken. Fräulein A. möchte den indigenen Vogel einmal zu Gesicht bekommen. Doch der Vogel hockt stur in den Baumwipfeln des Dschungels. Fräulein A. ist enttäuscht, kann sie ihn doch nur hören und nicht sehen. Er ist ja auch nur so groß wie ein Spatz, sagt Fräulein A. enttäuscht. Birdman George übergibt uns an Jürgen Mansk-Eimke aus Hamburg wie auch Fräulein A., der nun ein Insulaner ist. Er hat das ehemalige Kaffeegeschäft der Insel wiederbelebt.

Gewöhnungsbedürftiges Bier

Einst ein florierendes Geschäft Anfang des 19. Jahrhunderts, wurde bei rückläufiger Nachfrage die Kaffeeplantage vernachlässigt, bis sie dann vom Dickicht des Dschungels geschluckt wurde. Bis Jürgen mit seiner Frau auf der Insel urlaubte und beschloss, die Pflanzen zu neuem Leben zu erwecken. Sein ebenfalls selbst gerösteter Kaffee gehört heute zu den Spitzensorten weltweit.

Bewohner der Cookinseln

Jennifer Latuperisa-Andresen

Fräulein A. hat es sich nicht nehmen lassen, diesen zu probieren. Beim Buschbier hingegen in einem Tumunu vergeht ihr schnell die Probierfreude. Aus einem Plastikeimer wird eine Kokosnusskelle mit selbst gebrautem Bier geschöpft. Die angesehensten Männer der Insel sind dort, um uns herzlich willkommen zu heißen und Fräulein A. auf die Wange zu küssen. Ein Tumunu ist ein Versammlungsort. Romantisch ausgedrückt kann man sagen: mit Sand unter den Füßen und einem strohbedeckten Dach. In Wahrheit aber ist es eher ein Verschlag, indem die breitschultrigen Maoris Ukulele spielen, singen und uns Damen das Bier reichen, das alles andere als gut schmeckt. Wir trinken.

Auch Fräulein A. Mrs J. hat eine abenteuerlustige Persönlichkeit und lässt sich weder von der Höhe noch von der Weite abschrecken. Viel eher geht sie den Dingen auf den Grund. Bei dieser Reise jedoch hat nicht eine Bergbesteigung am meisten gereizt, sondern Aitutaki. Die Insel hat die Form eines Angelhaken und ist die beliebteste der Cookinseln, wahrscheinlich wegen ihrer unbestechlichen Schönheit. Aitutaki verkörpert nämlich das absolute Südseeklischee. Palmen, die sich über schneeweiße Sandstrände biegen. Kunterbunte Fische, die man durch das glasklare Wasser umherschwimmen sieht. Hier ist es, das Urlaubsparadies. Der wahr gewordene Traum.

BBQ auf einer unbewohnten Insel

Mrs J. hat am schnellsten die Flossen an und hüpft in das badewannenwarme Nass, noch bevor wir anderen verstanden haben, wie der Schnorchel an der Brille zu befestigen ist. Doch sobald wir den Kopf unter den Meeresspiegel tauchen, sind wir umzingelt von einer bunten Pracht, die einem die Luft aus dem Schnorchel raubt. Stundenlanges Gleiten durch die bekannteste Lagune der Cookinseln stillt immer noch nicht das ungläubige Kopfschütteln, wie malerisch es hier ist. In der Lagune liegen 15 sogenannte Motus, unbewohnte Inselchen. Eine davon wird One Foot Island genannt, auf der meist bei einer Schnorcheltour ein Barbecue veranstaltet wird und ein paar Maoris dabei in Hawaiihemden musizieren, indem sie an der Ukulele zupfen oder auf Trommeln klopfen. Dazu wird getanzt, indem die Damen die Hüften kreisend bewegen.

Gezwungenermaßen muss Mrs J., zur Unterhaltung ihrer Mädchentruppe, schon einmal für den Abend üben. An dem besuchen wir, diesmal bei echtem Bier, eine sogenannte Island Night im Samade on the beach. Dort schwingen dann blumenbekränzte Damen ihre Becken – ein klassischer Hula nach Sonnenuntergang. Genau in diesem Moment schauen wir uns alle in die Augen. Wie gut es das Leben mit uns meint. Fangfrischen Fisch, pazifische Klänge und vier Frauen, die nichts suchen auf den Cookinseln und nichts brauchen, außer sich und die Neugier, Neues zu entdecken. Nur ein bisschen unpraktisch, dass das Paradies auf Erden so weit entfernt liegt.

Anreise. Air New Zealand fliegt von Deutschland aus über Los Angeles. Transferflüge zwischen Rarotonga, Atiu und Aitutaki über Air Rarotonga.

Info. Im Internet unter www.cookislands.travel. Den reisen-EXCLUSIV-Guide finden Sie unter reisenexclusiv.com/guide-cooks