Was uns in der Redaktion alle vereint, ist die große Leidenschaft fürs Reisen. Unterwegs läuft aber bei Weitem nicht immer alles glatt. Wir stellen euch im Wechsel unsere größten Reise-Fails vor. Teil 11 – die Nackte im Onsen in Japan – kommt von Redakteurin Marie.
Es war meine erste Reise nach Japan. In Tokio besuchte ich meinen Studienfreund, der hier ein Auslandssemester verbrachte. Sein Studentenwohnheim war tabu für Besuch, und so buchte ich mir ein Kapselhotel zentral in Asakusa. Ich war sicher gelandet, mein Freund Marvin holte mich vom Flughafen ab und wir gingen erstmal etwas essen. Als ich ihm erzählte, dass ich ein recht simples Hotel mit Gemeinschaftsbad gebucht hatte, horchte er auf. »Du hast bestimmt ein Onsen. Also ein heißes Wasserbecken, aber keine klassischen Duschen«. Und dann geriet er in Fahrt. Eine gefühlte Ewigkeit erläuterte er mir Schritt für Schritt, wie ich diese japanischen Gemeinschaftbäder zu benutzen hatte.
»Es gibt je eines für Frauen und Männer. Falls du dir nicht sicher bist: Meistens sind sie mit Farben blau und rot markiert. Sonst auf jeden Fall nachfragen, bevor du reingehst. Im Spint musst du alle deine Sachen wegpacken, die bereitgestellten Badeschlappen anziehen, auf jeden Fall musst du sonst ganz nackt sein. Erstmal abspülen, dafür setzt du dich auf diese Hocker und nimmt die Brause. Dann darfst du ins Becken, und da jaaaa nicht reinpinkeln. Dann färbt sich alles schwarz …«. Der Moment war irgendwann gekommen, dass ich abgeschaltet habe. Jaja, das bekomme ich schon hin, gab ich Marvin zu verstehen und war leicht irritiert über seine Ernsthaftigkeit beim Thema Gemeinschaftsbad.

Illustration: Gemma Portella
Der Herr im Frauen-Onsen
Am Abend stand ich also vor dem Eingang zum Damen-Onsen und versuchte, mich an all seine Regeln zu erinnern. Schritt für Schritt kam ich dem Bad im heißen Thermalwasser immer näher und hockte schließlich, brav angebraust und nackt mit zum Hals in dem wohltuenden heißen Becken. Ich war ganz alleine hier.
Plötzlich hörte ich etwas, und schon schritt ein Herr durch die Tür. Es dauerte einen kurzen Moment, bis dem offensichtlichen Hotelangestellten auffiel, dass er nicht alleine war. Als er meinen Kopf aus dem Wasser lugend erblickte, verfiel er in eine Schockstarre, warf sich die Hände vors Gesicht und lief schreiend aus dem Raum. Ich kicherte etwas über die Situation, schließlich hat der Mann bestimmt in seinem Leben schonmal eine nackte Frau gesehen – nicht, dass man mich so richtig sah am anderen Ende des Raumes und bis auf dem Kopf im dunklen Wasserbecken – und so schlimm fand ich es nun auch nicht.

Illustration: Gemma Portella
Alles mein Fehler
Am nächsten Tag erzählte ich meinen Studienfreund etwas schmunzelnd von der Situation. Er schaute mich ungläubig und ganz erschrocken an. Und fragte mich, ob es statt des üblichen Vorhangs eine Tür gab, und ob ich denn diese zugemacht hätte. Ich wusste es nicht mehr, aber hatte sie vermutlich eher angelehnt gelassen. »Die Regel war wichtig! Sonst weiß doch niemand, dass du grad dort bist! Der Mann wird sich sehr schlimm geschämt haben, er hat jetzt sein Gesicht verloren. Ich hoffe sehr, er kündigt nicht!« Marvin hatte offensichtliches Mitleid. Auch ich verstand in diesem Moment sehr viel über die japanische Kultur. Seither war ich sehr viel vorsichtiger mit den Regeln der japanischen Etikette, damit ich nicht wieder unbedacht Menschen in solche Positionen brachte. Im Hotel schaute man mir den Rest meines Aufenthaltes nicht mehr in die Augen. Den Mann habe ich nicht wiedergesehen…
