Am Wochenende lenkte ein tragisches Lawinenunglück die Aufmerksamkeit auf die Vertainspitze in Südtirol. Es handelt sich dabei um einen Gipfel, den nur wenige kennen. Mit 3.545 Metern zählt sie zu den eindrucksvollsten, aber auch anspruchsvollsten Bergen der Ortlergruppe.
Vertainspitze (3.545 Meter): Stille Schönheit im Schatten des Ortlers
Am vergangenen Wochenende ereignete sich an der Vertainspitze in Südtirol ein tragisches Lawinenunglück, bei dem fünf deutsche Bergsteiger ihr Leben verloren. Die Gruppe aus erfahrenen Tourengehern war in mehreren Untergruppen beim Aufstieg in der Nordwand unterwegs, als gegen 16 Uhr eine Lawine aus eingewehtem Schnee und Blockeis auf etwa 3.200 Metern Höhe abging, berichtet u.a. die Süddeutsche Zeitung auf ihrer Webseite.
Bei der Vertainspitze handelt es sich um einen Berg, der trotz seiner beeindruckenden Höhe und Schönheit weniger bekannt ist als seine berühmten Nachbarn Ortler, Königspitze und Monte Zebrù.
Das Ortlergebirge, ein Klassiker der Ostalpen
Die Ortlergruppe gilt als eines der bedeutendsten Hochgebirgsmassive der Ostalpen. Ihr Zentrum bildet der 3.905 Meter hohe Ortler. Er gilt als »König der Südtiroler Berge«.

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Gemeinsam mit der Königspitze (3.851 Meter) und dem Monte Zebrù (3.735 Meter) bildet er das »Dreigestirn« des Ortlergebiets.
Die Region ist seit dem 19. Jahrhundert beliebt bei Bergsteigern aus aller Welt. Bereits 1804 wurde der Ortler erstmals bestiegen, auf Initiative Erzherzog Johanns. Seitdem hat sich das Gebiet zu einem der bekanntesten alpinen Hochtourenziele der Ostalpen entwickelt.
Besonders beliebt sind:
- Ortler über den Hintergrat – eine klassische, ausgesetzte Hochtour, häufig begangen.
 - Königspitze (3.851 Meter) – technisch anspruchsvoll und oft Ziel ambitionierter Alpinisten.
 - Hoher Angelus (3.521 Meter) – ein beliebter Übergangsgipfel mit guter Aussicht.
 - Vertainspitze (3.545 Meter) – deutlich ruhiger, aber landschaftlich großartig und fordernd.
 
Im Gegensatz zu den bekannteren Nachbarn Ortler und Königspitze wird die Vertainspitze wesentlich seltener begangen. Exakte Zahlen existieren nicht, doch Schätzungen aus Hüttenbüchern und Online-Tourenlogs deuten auf nur einige Dutzend Besteigungen pro Jahr hin, verglichen mit mehreren Hundert bis Tausend am Ortler.
Der Grund liegt in der abgelegeneren Lage und dem anspruchsvolleren Weg samt geröll- und firnreichem Gelände, das eine gute Kondition und alpine Erfahrung erfordert. Für viele erfahrene Bergsteiger gilt die Vertainspitze jedoch gerade deshalb als einer der Höhepunkte des Ortlergebiets.
Ausgangspunkt und Zugang zur Vertainspitze
Der klassische Ausgangspunkt für die Besteigung der Vertainspitze ist Sulden (1.900 Meter). Viele Bergsteiger nutzen den Sessellift (Website der Seilbahnen Sulden) bis zur Bergstation Kanzel (2.348 Meter), was die Tour deutlich verkürzt. Wer eine Rast einlegen oder bereits etwas höher starten möchte, kann bereits die Schaubachhütte (2.581 m) als Ausgangspunkt wählen. Sie eignet sich auch gut zur Akklimatisation.

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Von Sulden oder der Kanzelstation führt der Weg auf gut markierten Pfaden zunächst durch das Rosimtal, vorbei an steilen Grashängen und später durch Moränengelände bis zur Gletscherzunge des Rosimferners. Ab hier folgt ein steiler, oft wegloser Anstieg über Geröll und Blockwerk nahe dem Gletscher.
Der Rosimferner kann bei günstigen Bedingungen meist nur am Rand begangen oder umgangen werden; dennoch sind Spalten vorhanden. Im Frühling liegt oft noch viel Schnee, im Winter ist die Tour nur für Profis geeignet. Nach der Hochsommer-Schneeschmelze sind Steigeisen auf Firnpassagen besonders empfehlenswert, um sicher zu gehen.
Der letzte Abschnitt zum Gipfel ist anspruchsvoll: Zunächst quert man ein Firnfeld, bevor der steile Südhang mit losem Schutt und Felsblöcken überwunden wird. Besonders im Gipfelbereich besteht Steinschlaggefahr. Sichere Technik im weglosen Gelände ist deshalb unabdingbar.
Für Mehrtagestouren oder ausgedehnte Hochtouren im Ortlergebiet bieten sich die Düsseldorfer Hütte und die Payerhütte als Stützpunkte an. Damit lassen sich Gipfeltouren mit Übernachtungen optimal kombinieren und die Routen flexibel planen.
Panorama und Nachbargipfel
Vom Gipfel eröffnet sich eine der beeindruckendsten Panoramen der Ortlergruppe: Die benachbarte Königspitze, der Monte Zebrù und der Ortler selbst dominieren den Blick, dazu zahlreiche Dreitausender der Marteller Berge und die Tschenglser Hochwand. Tief unten liegt Sulden, rund 1.800 Meter unter dem Gipfel, was die gewaltige Dimension der Gebirgslandschaft unterstreicht.
