Einige der schönsten Gärten der Welt befinden sich in Irland. Ob Symbol adeliger Prachtentfaltung oder Quell der Erholung fürs Volk, ob Tierfriedhof oder Ort öffentlicher Hinrichtungen … in Irlands Gärten verschmelzen Geschichte und Gegenwart, Natur und Landschaftsarchitektur.
Powerscourt Gardens, Grafschaft Wicklow
Die Gartenlandschaft von Powerscourt Estate in der Grafschaft Wicklow zählt laut National Geographic zu den zehn schönsten Gärten der Welt. Familie Wingfield, die Viscounts von Powerscourt, ließ das Anwesen 1730 erbauen. Der bekannte Landschaftsarchitekt Daniel Robertson wurde mit der Gestaltung der Parkanlage betraut. Der Gichtkranke soll von einer Schubkarre aus und gestärkt von einer Flasche Sherry den Fortschritt der Arbeiten überwacht haben. War die Flasche leer, ruhten die Arbeiten für den Rest des Tages.
Die Blütezeit erlebte das Anwesen im 19. Jahrhundert: Nachfahren ergänzten japanische Elemente, Skulpturen und den Pepper Pot Tower. Dieser ist der Pfeffermühle des Viscounts nachempfunden. Teil des Geländes ist Irlands größter Tierfriedhof, auf dem die Herren von Powerscourt ihre Hunde, Pferde und sogar Kühe bestatteten. Das Idyll diente auch schon als Drehort für »Die Tudors«. Und der mit 121 Metern höchste Wasserfall Irlands, der auf dem Anwesen liegt, wurde im Film »Excalibur« verewigt. Seit 1961 ist Powerscourt Estate im Besitz der Slezingers.
St. Stephen’s Green, Dublin
St. Stephen’s Green war im Gegensatz zu anderen berühmten Parks in Dublin nie ein Ort adeliger Prachtentfaltung: Im Mittelalter noch Weidegrund für Vieh, wurde das Fleckchen Erde im 18. Jahrhundert zum Schauplatz öffentlicher Hinrichtungen. Später, im 19. Jahrhundert, war der Zutritt zum grünen Herzen der Stadt nur Anwohnern vorbehalten. Lord Ardilaun, besser bekannt als Bier-Erbe Sir Arthur Guinness, sorgte dafür, dass dort ab 1880 alle Bewohner der Stadt Erholung finden durften. Die neun Hektar große Anlage, ringsum von Hauptstraßen umschlossen, hat seitdem ihr viktorianisches Flair beibehalten. Eine Besonderheit ist ein Garten speziell für Blinde: Die intensiv duftenden Pflanzen vertragen Berührungen und sie sind mit Brailleschrift versehen. 2015 und 2019 wurde der Park mit der Green Flag ausgezeichnet: Das internationale Programm fördert hohe Standards für Parks und Grünflächen.
Mount Stewart Gardens, Grafschaft Down
Der grüne Daumen von Lady Edith Londonderry und das milde Klima auf der Ards-Halbinsel machten Mount Stewart Gardens zu einem ganzjährig bunten Gartenparadies. Lady Edith war zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt für ambitionierte Gartenbauentwürfe. Ihr Markenzeichen war es, botanische Raritäten mit Bekanntem zu kombinieren, und so wechseln sich mediterrane Formalgärten mit eher naturbelassenen Bereichen ab. Das Herrenhaus ist seit 2015 für Besucher geöffnet. Besonderer Tipp: Auf dem Dawn Chorus Walk erleben Besucher zwischen 5 und 8 Uhr unter dem Gezwitscher der erwachenden Vögel den anbrechenden Tag.
Belfast Botanic Gardens & Palm House
Die Belfast Botanic Gardens mit ihrem Palm House und der »Tropical Ravine« gelten nicht nur wegen ihrer exotischen Pflanzen als Attraktion der Stadt: Das viktorianische Glashaus aus dem Jahr 1840 ist ein architektonisches Wahrzeichen von Belfast und frühes Zeugnis der Baukunst mit industriell gefertigten Stahl- und Glaselementen. Die beiden Köpfe dahinter waren der Architekt Sir Charles Lanyon und Schmiedemeister Richard Turner. 1889 ergänzte man das Gewächshaus Tropical Ravine. Beide Gewächshäuser belegen, wie technischer Fortschritt und Gartenbaukunst Hand in Hand gingen: So war durch die neuartige Bauweise erst möglich, kälteempfindlichen Exoten ein gedeihliches Klima zu bieten. Das weitläufige Parkgelände ist gleichermaßen beliebt bei Einheimischen und Touristen.
Kylemore Abbey und der Victorian Walled Garden, Connemara
Ursprünglich war die Abtei von Kylemore Wohnsitz der Familie von Mitchell Henry, einem Geschäftsmann und Politiker. Das feudale Anwesen mit viktorianischem Garten ließ er zwischen 1867 und 1871 errichten. Ein Bergbächlein unterteilt die Anlage in Blumen- und Küchengarten. Die deutsche Chefgärtnerin Anja Gohlke erklärt: »Besonders mag ich den Kontrast zwischen der formalen Ordnung der Gartenbeete und Connemaras Wildnis.« Das Gartenkonzept galt seinerzeit als sehr fortschrittlich: Die 21 Gewächshäuser wurden durch drei große Boiler und unterirdische Warmwasserleitungen beheizt. Deren Rudimente legen heute noch sichtbar Zeugnis ab von Henrys zukunftsorientierter Grundhaltung. Seit 1920 ist das Schloss Heimat der ältesten Benediktinerinnenabtei Irlands. Die Haupteingangshalle und die drei angrenzenden Räume sind im viktorianischen Stil restauriert und als Museum öffentlich zugänglich.
Die Gartenkunst gehört auf einer so fruchtbaren Insel wie Irland zum kulturellen Erbe. Gerade in den zahlreichen historischen walled gardens erwartet Besucher eine verwunschene Welt: Verborgen hinter dicken Steinmauern auf weitläufigen Anwesen sind die Gärten blühende Erinnerungen an eine Ära, die vom Anfang des 19. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts dauerte. Einen Überblick über die Vielfalt irischer und nordirischer Gärten findet sich hier.