Der Traum von der Einsamkeit ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite wünscht man sich verlassene Strände. Auf der anderen Seite ist man ein Teil des Rudels, welches man Gesellschaft nennt. Grund genug, ein kurzes Experiment im Ja Manafaru zu wagen. Text: Jennifer Latuperisa-Andresen

Die einsame Insel

Mobiltelefone. Eine Kamera. Ein Stativ. Sonnenmilch. Zwei Handtücher. Ersatzklamotten. Schnorchel. Maske. Flossen. Zwei Sonnenbrillen. Ein Brillenputztuch. Der Zimmerschlüssel. Fertig. Schon jetzt wird klar, dass wir – also mein Mann und ich – kein Paradebeispiel des Minimalismus sind. Und dass wir bei der berühmten Frage der drei Gegenstände, die man auf eine einsame Insel mitnehmen darf, schon überfordert wären. Vielleicht ist auch die Fragestellung fehlerhaft. Schließlich braucht man doch immer mehr als drei Dinge, oder?

Jennifer Latuperisa-Andresen

Wir haben ein »private castaway« gebucht. Groteske Vorstellung – aber wahr –, dass man von einer paradiesischen Insel inmitten des Indischen Ozeans auf eine noch einsamere Insel möchte. Wir sind praktisch auf der Suche nach dem Superlativ der Trauminsel. Nämlich dem Eiland, das nur uns gehört. Zumindest für ein paar Stunden. Dabei waren uns bei der Buchung vier Stunden schon zu lang. Das konnten wir uns nicht vorstellen. Was macht man denn auf einer tropischen Insel in dieses langen Zeit? Palmen anstarren? Schwimmen? Verstecken spielen?

Zauberwort: Over-Water-Villa

All das könnten wir theoretisch auch hier. Hier in der Ja Manafaru Over-Water-Villa, unserem Traumrefugium auf Zeit. Hier gibt es Kaffee aus der Maschine, hier gibt es Sonnenliegen und einen Pool. Hier kann ich ein paar Stufen niedersteigen und in der Lagune zwischen bunten Fischen schwimmen. Hier ist niemand. Na ja, fast niemand. Nur die Bewohner der Villen nebenan. Doch die bekommt man kaum zu Gesicht. Außer beim Frühstück.

Oder aber sie befinden sich in ihrem kleinen Villen-Pool. So weit reicht der Sichtschutz des Hauses nämlich nicht. Und es war auch nicht schade drum, so konnten wir wenigstens den chinesischen Nachbarn beim Baden beobachten. Bekleidet mit einer Rettungsweste – in dem ein Meter tiefen Pool. Kein Witz.

Zurück zum Castaway

Aber gebucht ist gebucht. Wir sind gespannt auf kilometerlange weiße Puderzuckerstrände, die wir fotografieren wollen, um sie auf Instagram zu posten, um unsere Freunde und Feinde vor Neid erblassen zu lassen. Ja, wir suchen die einsamen Strände am türkisfarbenen Meer.

Wir lieben Palmen mit Kokosnüssen und das Wissen, hier die Einzigen zu sein, die das Wort Einsamkeit buchstabieren können.

Also setzen wir uns in das Speedboot, das uns in 20 Minuten Gehopse – oh ja, das Meer ist ungestüm – zu der Insel bringt, die wir gebucht haben. Wie irre das klingt. Und siehe da. Wir sind nicht allein. Das war anders versprochen, denken wir noch. Doch dann wird uns klar, dass die freundlichen Gesichter nur für uns gekommen waren und uns nicht ein Stück des Paradieses abspenstig machen wollen. Ein Malediver wartet mit Cocktails auf einem Tablett, während ein anderer unsere Sonnenliegen mit einem flauschigen Handtuch ausstattet. Anstoßen auf das exklusive Glück. Und weiter geht es. Wir bekommen eine Inseltour, schließlich sollen wir nicht zwischen dem Treibholz und den Einsiedlerkrebsen verloren gehen. Zwei Schnorchelspots werden uns gezeigt. Der perfekte Ort für den zu erwartenden Sonnenuntergang.

Jennifer Latuperisa-Andresen

Und dann kommen wir zum Herz der Insel. Ein Bad, ein Schlafzimmer, ein Daybed und ein Open-Air-Esszimmer. Es ist ein verlassenes Luxus-Eiland. Immerhin stehen schon das Essen und die Getränke auf dem Tisch. Und von der Zivilisation sind wir auch nicht getrennt. Ein Notfall-Handy wird hinterlassen. Und so sitzen wir an einem Esstisch mitten im Nichts, als das Personal plötzlich wie weggesaugt von der Insel verschwindet und wir tatsächlich alleine sind.

Zweisam sozusagen. Er Robinson, ich Freitag. Er Tom Hanks, und ich Wilson.

Ein Hotel für jeden Charakter

Die Frage jedoch ist: Muss man das Ja Manafaru für unvergessliche Erlebnisse verlassen? Die Antwort lautet: Nein, sicherlich nicht. Für jeden Charakter gibt es eine Beschäftigung. Wir haben Paare gesehen, die sich bei sonnigs­tem Traumwetter ins Spielzimmer zurückziehen, um mit der vorhandenen Play Station zu spielen. Andere stellen sich lieber auf ein Paddle-Bord und versuchen, stehend die Insel im Norden der Malediven zu umrunden. Es gibt täglich Kinofilme, es gibt eine Filmauswahl im TV-System für Regentage und drei Pools für diejenigen, die auch ein paar Züge schwimmen wollen, anstatt nur zu planschen.

Jennifer Latuperisa-Andresen

Das Beste jedoch ist die Küche. Die Restaurants servieren zum Abendessen Menüs, auf die man sich tagtäglich freuen kann. Es schmeckt fantastisch und wird mit einem Lächeln serviert. Und da sind wir auch schon beim absoluten Grund, immer wiederkehren zu wollen. Das Personal ist unglaublich aufmerksam und versucht, die Gäste auf Händen zu tragen. Beim Verlassen des »private castaways« wollte ich das fast in Anspruch nehmen. Wie steigt man denn nur in ein Boot ein, das sich auf den Wellen auf und ab bewegt? Ich muss ein witziges Bild abgegeben haben, wie ich unbeholfen ins Boot purzelte. Mit traurigem Gesichtsausdruck, dass dieser wunderschöne Tag auf der Insel zwischen snacken, schnorcheln und chillen schon vorbei war.

Und das Beste? Wir haben nichts aus der Tasche gebraucht als Schnorchel, Maske und Flossen. Falls ich also noch einmal einen Fragebogen bekomme, kann ich ihn nun perfekt ausfüllen, denn ich habe es ausprobiert. Im Ja Manafaru. Dem Traumhotel mit den wunderschönen Villen und der fantastischen Küche. Dem Traumresort mit dem aufmerksamen Service und der einsamen Insel, die man besucht haben sollte.

Infos

Anreise. Ab Malé Airport geht es 75 Minuten weiter mit dem Wasserflugzeug ganz in den Norde der Malediven.

JA Manafaru. Das Hotel bietet ein Cast­away-Island-Package mit Übernachtung in wahlweise einer Beach Villa oder Over-Water-Villa für € 820 pro Nacht inkl. zwei Castaway-Angebote wie im Text beschrieben plus 25 % Rabatt für den Transfer vom Malé International Airport. www.jaresortshotels.com

Den reisen EXCLUSIV-Guide finden Sie unter: reisenexclusiv.com/guide-malediven