Mehr als 700.000 Unternehmen und Betriebe in Deutschland haben bisher aufgrund der Corona-Krise Kurzarbeit angemeldet. Neben finanziellen Einbußen fragen sich viele betroffene Arbeitnehmer auch, wie es um die rechtliche Lage beim Thema »Urlaub und Kurzarbeit« steht.

Auswirkungen der Kurzarbeit auf meine Urlaubstage

Mein Arbeitgeber hat Kurzarbeit angeordnet. Wie wirkt sich das auf meinen Urlaubsanspruch aus?

Aktuell besteht rund um das Thema »Urlaub und Kurzarbeit« noch keine klare Regelung, da die Arbeitsgerichte dies noch nicht entschieden haben. Die Tendenz geht jedoch dahin, dass der Urlaubsanspruch entsprechend der angeordneten Kurzarbeit gekürzt werden kann. Das heißt, wird die Arbeitszeit um 50 Prozent Kurzarbeit reduziert, hat der Arbeitnehmer auch nur einen Anspruch auf die Hälfte der Urlaubstage. Im Einzelfall hängt die Berechnung aber von Umfang und Verteilung der Kurzarbeit und der eigenen normalen Arbeitszeit sowie ihrer Verteilung ab.

Unklar ist außerdem noch, ob diese Kürzung automatisch eintritt oder ob der Arbeitgeber die Kürzung aktiv an seine Arbeitnehmer kommunizieren muss. Hat ein Arbeitnehmer bereits mehr Urlaub genommen, als ihm eigentlich zugestanden hätte, dürfte ein Nacharbeiten eher unwahrscheinlich sein. Die Reduzierung der Arbeitszeit um 50 Prozent bedeutet allerdings auch, dass sich in der Regel mit dem Einsatz der Hälfte der Tage ein genauso langer Urlaub erzielen lässt, wie mit vollen Tagen in der regulären Arbeitszeit.

Auch in Zeiten der Kurzarbeit ist Urlaub möglich

Ich bin in Kurzarbeit. Kann ich wie gewohnt Urlaub nehmen oder kann mir mein Arbeitgeber dies untersagen und mich sogar zwingen, meinen bereits gebuchten Urlaub zu stornieren?

Grundsätzlich kann und darf auch während der Kurzarbeit der verfügbare Urlaub genommen werden. Urlaub, der vor der Kurzarbeit bereits genehmigt wurde, muss vom Arbeitgeber generell gewährt werden. Nur in äußersten Notfällen hat der Arbeitgeber das Recht, diesen wieder zurückzunehmen.

Junger Mann arbeitet am Notebook

Bench Accounting

Darunter fällt zum Beispiel ein unvorhersehbares, existenzbedrohendes Ereignis oder zwingende betriebliche Gründe. Muss der bereits gebuchte Urlaub aus diesen Gründen kostenpflichtig storniert werden, so muss der Arbeitgeber grundsätzlich für die Kosten aufkommen. In den meisten Fällen wird der Arbeitgeber aber froh sein, wenn Urlaubsguthaben abgebaut werden.

Urlaub als Zwang?

Nachdem es aktuell nicht möglich ist zu verreisen, möchte ich auch keinen Urlaub nehmen. Kann mich mein Arbeitgeber zwingen, während der Kurzarbeit Urlaub zu nehmen?

Generell kann der Arbeitgeber einen Zwangsurlaub nicht ohne Weiteres anordnen. In Ausnahmefällen bei dringenden betrieblichen Belangen ist jedoch eine Anordnung von Zwangs- oder Betriebsurlaub wohl möglich. Ob die Coronakrise selbst als ausreichender Grund dafür gilt, ist aktuell noch nicht durch die Gerichte geklärt. Sollte Zwangsurlaub angeordnet werden, darf sich dieser aber sicherlich nicht auf den kompletten Urlaubsanspruch erstrecken.

Urlaub kann nicht grundlos verweigert werden

Kann mein Arbeitgeber eine Urlaubssperre für die Zeit nach der Kurzarbeit verhängen, um den jetzt entstandenen wirtschaftlichen Schaden wieder »aufzuholen«?

Ist bereits jetzt Urlaub für einen Zeitraum nach der Kurzarbeit genehmigt, kann der Arbeitgeber diesen nicht so einfach wieder streichen. Dies ist nur in Ausnahmefällen bei zwingenden betrieblichen Gründen möglich. Anders verhält es sich bei noch nicht genehmigten Urlauben. Diese kann der Arbeitgeber laut Bundesurlaubsgesetz aus dringenden betrieblichen Gründen verweigern. Beispiele für derartige Gründe sind eine drohende Insolvenz, großer Andrang im Saisongeschäft oder spezielle Fachkenntnisse des Mitarbeiters, die zu der fraglichen Zeit unbedingt benötigt werden. Grundlos kann der Urlaub allerdings nicht verweigert werden. Der Arbeitgeber muss dem Antragssteller in jedem Fall die Gründe hierfür darlegen.

Urlaub und Kurzarbeit: Greift die Reiserücktrittsversicherung wegen Corona?

Ich bin in Kurzarbeit und kann mir die bereits gebuchte Reise wegen des Lohnausfalls nicht mehr leisten. Greift meine Reiserücktrittsversicherung in diesem Fall?

Während ein Verlust des Arbeitsplatzes bei einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber von der Reiseversicherung gedeckt ist, springt bei Kurzarbeit nicht jede Reiseversicherung ein. Einige Anbieter haben dies jedoch explizit mit abgedeckt und erstatten die anfallenden Stornierungskosten für den Fall von Kurzarbeit der Reiseteilnehmer.

Blick auf Schreibtisch mit Notebook, Tasse

Mia Baker

HolidayCheck zum Beispiel arbeitet mit der HanseMerkur Reiseversicherung zusammen, die in Deutschland auch den Kurzarbeitsfall abdeckt. Die Versicherung greift dann, wenn eine Reduzierung des Einkommens mindestens in Höhe eines regelmäßigen monatlichen Nettolohnes bis zum Abreisetermin eintritt. Für die Erstattung muss eine entsprechende Bestätigung des Arbeitgebers und ein Nachweis des regelmäßigen Nettolohnes bei der Versicherung eingereicht werden. So bleibt der Urlauber nicht auf den Stornierungskosten sitzen. Wichtig ist in jedem Fall, sich die jeweilige Versicherungspolice mit den gedeckten Rücktrittsgründen sorgfältig durchzulesen.

Keine Kürzungen beim Mindestjahresurlaub

Droht mir der Verlust des Urlaubsentgelts?

Als Faustformel gilt im Bundesurlaubsgesetz der Grundsatz, dass ein Arbeitnehmer an einem Urlaubstag finanziell so gestellt werden muss, als hätte er normal gearbeitet. Maßgeblich ist dabei, vereinfacht dargestellt, die Vergütung der letzten dreizehn Wochen, aus der dann ein Durchschnittswert für den Urlaubstag berechnet wird. Daran ändert sich auch durch die Einführung von Kurzarbeit nichts. Für den gesetzlichen Mindestjahresurlaub, der bei einer Fünf-Tage-Woche bei 20 Tagen im Jahr liegt, führt die Kurzarbeit also grundsätzlich nicht zu einer Kürzung des Urlaubsentgelts. In diesem Zeitraum bezieht der Arbeitnehmer also seinen vollständigen Lohn und kein eingeschränktes Kurzarbeitergeld.

Frau liegt auf Bank auf Balkon

Roberto Nickson

Verdienstkürzungen, die durch Kurzarbeit eintreten, bleiben unberücksichtigt, und die Kurzarbeit wirkt sich nicht negativ aus. Diese Grundsätze gelten für den gesetzlichen Mindesturlaub. Für den vertraglichen Mehrurlaub gelten sie nur, sofern die Arbeitsvertragsparteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben. Der generelle Urlaubsanspruch kann sich außerdem unter Umständen durch die Einführung von Kurzarbeit ändern (siehe 1.). Sollte der Arbeitgeber freiwillig zusätzliches Urlaubsgeld zahlen, hängt es von der entsprechenden Vereinbarung ab, ob sich die Einführung von Kurzarbeit auf den Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld auswirkt.

Anmerkung der Redaktion: Das Buchungs- und Bewertungsportal HolidayCheck beantwortete diese wichtigen Fragen in Sachen Urlaub und Kurzarbeit.