Das Auswärtige Amt rät mittlerweile von Reisen ab – doch das hilft denjenigen, die derzeit im Ausland festsitzen, wenig. Sie hoffen auf eine schnelle Rückkehr nach Deutschland. Wir haben zwei Betroffene gebeten, uns ihre aktuelle Situation zu schildern: Katharina Nowak (32), die derzeit auf einer Insel auf den Philippinen festsitzt und Egemem Altinova (49), der in einer großen Hotelanlage auf Gran Canaria auf seinen Rückflug wartet.

Katharina (32), Wuppertal, zur Zeit auf den Philippinen

»Anfangs war alles so unkompliziert, von der Coronavirus-Krise haben wir, meine Freundin Marina und ich, kaum etwas mitbekommen. Vor dem Hinflug, am 8. März war das, fragten sie uns am Flughafen lediglich, ob wir in den letzten 14 Tagen in einem der Krisengebiete, also in China, Südkorea oder Italien, unterwegs gewesen wären. Wahrheitsgemäß verneinten wir dies. Das war es auch schon. Unserem Flug auf die Philippinen stand nichts mehr im Wege!

Rucksack-Touristinnen auf den Philippinen

Katharina Nowak

Die erste Nacht verbrachten wir auf der Insel Cebu, dann ging es weiter auf die Insel Bohol. Am Donnerstagabend erfuhren wir, dass der internationale Flughafen in Manila bis zum 12. April geschlossen werden soll. Ein Riesenschock für uns. Wir haben dann gleich Expedia und unsere Fluggesellschaft kontaktiert und um einen früheren Rückflug gebeten. Das Auswärtige Amt schickte uns als Antwort nur eine Standard-E-Mail, in der es hieß, dass die Beantwortung aufgrund der extrem vielen E-Mails länger dauern wird.

Als wir hörten, dass sogar die Insel Bohol gesperrt werden soll, sind wir auf die Insel Siquijor gereist. Das war keine gute Idee, denn als wir dort ankamen, erfuhren wir, dass wir von dort nun erst einmal nicht mehr wegkommen. Der Fährbetrieb zwischen Bohl und Siquijor wurde nämlich plötzlich komplett eingestellt. Horror!

Jetzt hängen wir hier auf Siquijor fest. Zugegeben: Die Insel ist traumhaft schön. Sie ist sehr klein, hat aber kilometerlange weiße Strände und eine wunderschöne Flora.

Insel Siquijor Strand

Katharina Nowak

Wir haben uns in ein sauberes Hostel einquartiert, ein Doppelzimmer für umgerechnet 11 Euro.

»Wäre es ein normaler Urlaub, es wäre für uns das Paradies. Aber jetzt ist alles anders. Wir wollen nur noch weg.«

Aber es geht nicht. Wir fühlen uns wie im goldenen Käfig. Das Schlimmste ist gerade die Unwissenheit. Wie geht es weiter? Wann wird die Reisesperre aufgehoben? Holt uns irgendwer hier raus? Gierig schnappen wir jedes Gerücht auf, das über die Insel wabert.

Problematisch ist mittlerweile das Verhältnis zu einigen Einheimischen. Anfangs waren alle total nett, winkten uns zu, wenn sie uns sahen. Das ist jetzt anders.

Wasserfall auf der Insel Siquijor

Katharina Nowak

Vorgestern haben wir einen Wasserfall im Inselinneren besucht.Als wir dort ankamen, drehten sich die Einheimischen weg und hielten sich die Arme und Hände vors Gesicht. Ich glaube, sie denken, wir Europäer hätten das Coronavirus in ihr Land gebracht. Ungefähr die Hälfte der Leute hier tickt so. Aber ich will nicht alle über einen Kamm scheren. Viele sind auch weiterhin sehr nett und helfen uns.

In der Zwischenzeit haben wir andere Europäer auf der Insel kennengelernt, mit uns sind noch rund drei Dutzend Europäer auf der Insel. Davon acht Deutsche und zwei Schweizer, zu denen wir engeren Kontakt haben. Wir tauschen uns in einer WhatsApp-Gruppe aus und warten, was passiert. Manchmal schnappe ich mir einfach einen Roller und düse über die Insel, um abzuschalten.

Touristin auf einem Roller auf der Insel Siquijor

Katharina Nowak

Gestern hieß es in den Nachrichten, dass die Bundesregierung die im Ausland gestrandeten Deutschen abholen will. Wir haben uns schon auf der Website des Auswärtigen Amtes registriert, die wissen, dass wir hier sind. Das gibt uns gerade Hoffnung. Besser wäre es natürlich, wenn wir schon mal in Manila wären, in der Nähe des internationalen Flughafens. Aber hier auf dieser kleinen Insel? Wir müssen erst mal hier wegkommen. Heute morgen haben wir gehört, dass wir wohl von einem Militärschiff abgeholt werden. Ich hoffe, dass das stimmt und dass wir bald hier weg sind.«

Egemen (49), Leverkusen, zur Zeit auf Gran Canaria

»Im Vorfeld unserer Reise waren wir auch total verunsichert, ob man überhaupt noch reisen kann. Wir haben seit Montag insgesamt viermal das Reisebüro kontaktiert und uns nach dem Stand der Dinge erkundigt. Jedes Mal hieß es, wir sollen uns keine Sorgen machen, die Reise findet statt. Darauf haben wir uns dann verlassen. Auch war Alltours nicht bereit, uns in einer solchen Krisensituation entgegenzukommen – und wir wären schließlich auf allen Kosten sitzen geblieben. So entschieden wir uns dann für den geplanten Urlaub.

Aber schon unsere Anreise stand unter keinem guten Stern. Als wir vergangenen Samstagmittag am Flughafen Köln-Bonn im Flieger nach Gran Canaria saßen, ging erst einmal nichts. Fast zwei Stunden stand das Flugzeug am Gate, während wir schon längst Platz genommen hatten. Die Flugbegleiter sagten, wir müssen auf eine Flug-Freigabe der spanischen Behörden warten. Das kam uns schon ziemlich spanisch vor …

Dann aber wurde uns grünes Licht erteilt und es ging los. Gegen 19 Uhr landeten wir auf dem Flughafen in Las Palmas, der Transport zum HL Suitehotel Playa del Ingles ging zügig. Wir aßen noch eine Kleinigkeit am Buffet und freuten uns auf eine Woche Urlaub.

Egemen Altinova mit Ehefrau auf Gran Canaria

Egemen Altinova

Damit war es aber am nächsten Morgen vorbei. Noch vor dem Frühstück ging ich eine Runde am Strand joggen. Aber ich kam nicht weit. Ich hatte mir 22 Kilometer vorgenommen, aber nach zwei Kilometern war Schluss mit der Lauferei: Schwerbewaffnete Polizisten begannen den Strand abzuriegeln und wiesen mich an, sofort ins Hotel zurückzukehren.

»Go Hotel«, sagten sie in einem schroffen Befehlston, den ich ziemlich verstörend fand.

Ich fragte gleich an der Rezeption nach, was denn eigentlich los sei. Da erfuhr ich von der zweiwöchigen Ausgangssperre, die die Regierung seit Mitternacht über das ganze Land verhängt hatte. Wir durften fortan nicht mehr das Hotel verlassen. Schrecklich.

Polizei-Absperrband auf Gran Canaria

Egemen Altinova

Meine Frau und ich haben dann versucht, die Reiseleitung vor Ort zu kontaktieren. Das war aber gar nicht so einfach, denn der Mann hatte offenbar am Flughafen alle Hände voll zu tun. Man sagte uns, dass es auch für die Reiseleitung im Moment unmöglich sei, überhaupt noch ins Hotel zu kommen. Also kontaktierten wir unser Reisebüro. Wir wollten wissen, ob und wann wir überhaupt zurück nach Deutschland fliegen können. Man sagte uns, dass die spanischen Behörden bis zum 23. März alle Rückflüge erlaubten.

Da waren wir einerseits erst mal erleichtert, denn unser Rückflug ist für den 21. März vorgesehen. Andererseits ist uns die Urlaubsfreude vergangen. Die Stimmung im Hotel ist total gedrückt. Wenn wir auf den Balkon gehen, hören wir jedes Mal andere Urlauber, wie sie mit der Familie und mit Freunden über die Situation sprechen. Viele wollen nur noch weg.

Blick auf Hotels und Strand Playa del Ingles

Egemen Altinova

Vorgestern bekamen wir mit, wie eine Gruppe Briten auf der Dachterrasse Party gemacht hat. Aber nicht lange. Nach einer halben Stunde stürmte die Polizei in Mannschaftsstärke das Dach und schickte die Leute aufs Zimmer.

Meine Frau und ich versuchen jetzt das Beste aus der Situation zu machen. Das Hotelpersonal ist freundlich und hilfsbereit, sie bemühen sich wirklich. Aber viel tun können sie für uns natürlich auch nicht. Das Freizeit- und Animationsprogramm ist gestrichen. Die Musik in der Lobby und in den Bars wurde abgeschaltet. Tagsüber sitzen wir auf dem Balkon oder am Pool. Zu unserer Überraschung ist der Wellness-Bereich samt Schwimmbad und Sauna noch geöffnet. Die Hotelrestaurants haben weiterhin zu den normalen Zeiten geöffnet. Man hat die Tische auseinandergezogen, sodass man nicht mehr so eng beieinander sitzt.

Wenn wir in der Lobby sind, beobachten wir, wie immer mehr Hotelgäste abreisen. Das Hotel wird von Tag zu Tag leerer. Ich schätze, es sind noch circa 300 Gäste im Hotel. Wir freuen uns auch, wenn es am Samstag für uns nach Hause geht. Hoffentlich geht alles gut.«