Der 1935 gebaute Wat-Luang-Tempel ist der größte und bedeutendste von Pakse in Laos, tief im Südwesten des Landes. In seiner buddhistischen Schule bereiten sich junge Laoten aufs Mönchstum vor. Text: Carsten Heinke

Anuvong räumt den Tempel auf. Der Vierzehnjährige in der orangenen Novizen-Robe fegt den roten Teppichboden, rückt Opferkerzen gerade, öffnet die vom Schnitzwerk schweren Fensterläden. Die Sonne ist schon weg – versunken im Xedon, der direkt hinter dem Gemeindezentrum fließt und wenige hundert Meter weiter in den Mekong mündet. Das Licht der blauen Stunde lässt Gold und Farben des Wat Luang noch prächtiger erscheinen.

Wat-Luang-Tempel in Laos

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Der Tempel ist der größte und bedeutendste von Pakse, tief im laotischen Südwesten. In seiner buddhistischen Schule bereiten sich junge Laoten aufs Mönchstum vor – oder sind wie Anuvong ganz einfach hier, um zu lernen und mit dem Notwendigsten versorgt zu sein.

»Meine Eltern und Geschwister fehlen mir, weil ich sie nur selten sehe. Aber sie sind stolz, dass ich jetzt hier lebe«, sagt der Junge mit dem kahlgeschorenen Kopf.

Wie ihn bewahrt das Tempelleben viele Kinder in Laos vor Armut, indem es einkommensschwache Familien entlastet. Bei einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von jährlich 1.635 Euro können die wenigsten Laoten finanziell große Sprünge machen. Oft hilft schon ein Ordinat auf Zeit. Denn unumkehrbar ist es nicht. Buddhistische Novizen wie auch Mönche können jederzeit in das weltliche Leben zurückkehren.

Wenn in den Tempeln gebetet wird, sind die Straßen wie leergefegt

Auch gelten für die Heranwachsenden viel weniger und mildere Regeln. In der Freizeit können sie Fußball spielen, manchmal auch fernsehen. Hart sind die limitierten Essenszeiten. »Nach zwölf Uhr mittags ist nur noch Flüssiges erlaubt«, berichtet der Teenager, der sehr schlank, doch auch recht kräftig ist. Immerhin: Dank der hohen Spendenbereitschaft der Bevölkerung ist bei den Mahlzeiten im Tempel immer so viel da, dass jeder satt wird – wenn auch oft nur von gekochtem Reis.

Anuvong unterbricht seine Arbeit für ein kurzes Gebet. Vor der überlebensgroßen, golden schimmernden Buddhafigur an der Stirnseite des Raumes fällt er auf die Knie, verneigt sich, bis seine Stirn den Boden berührt – und putzt weiter, bis die Andacht beginnt. Die Halle füllt sich.

Mönche bei Pakse in Laos

Carsten Heinke

Ohne, dass irgend jemand auch nur etwas sagt, beginnt man still zu beten – vorn die Mönche, in der Mitte die Novizen. Dahinter knien die Gläubigen aus Pakse.

Da jetzt am frühen Abend in allen 20 Tempeln dieser Stadt gebetet wird, sind die Straßen ziemlich leer. Ein Moped knattert ab und an vorbei. Nicht selten sieht man darauf eine ganze Familie sitzen. Mit 120.000 Einwohnern ist Pakse die drittgrößte Stadt des Landes. Ihre eigene Attraktivität hält sich für Reisende in Grenzen. Doch die Lage nahe Thailand, Kambodscha und Vietnam macht sie ebenso zu einem Drehkreuz für Südostasien-Touristen wie die Tatsache, dass es in der Umgebung vor Sehenswürdigkeiten wimmelt.

Wunder der Natur in der Nähe von Pakse in Laos: die Mekongfälle

Die berühmteste ist die im sechsten Jahrhundert von den Khmer gegründete Tempelruinenstadt Wat Phou, die als Vorläufer von Angkor (heute Kambodscha) gilt. Landschafts- und Naturliebhaber lockt das idyllische Mekong-Binnendelta »Viertausend Inseln« mit tatsächlich so vielen Fluss-Eilanden an. Ganz in der Nähe liefern die gigantischen Mekongfälle einen geografischen Superlativ. Mehr als zehn Kilometer liegen seine beiden Ufer voneinander entfernt, wo der Fluss kaskadenweise 21 Meter in die Tiefe stürzt und so den breitesten Wasserfall der Erde formt.

Vergleichsweise schmale Rinnsale, dafür zum Teil bis zu 120 Meter hoch sind die Wasserfälle im Dong Hua Sao Nationalpark unweit von Pakse.

Mekongfälle bei Pakse in Laos

Carsten Heinke

Die von dichtbewachsenen, steilen Felswänden und spektakulären Schluchten geprägte Dschungellandschaft am Rande des Bolaven-Plateaus erinnert an die schwebenden Berge aus Avatar. Wirklich erleben kann man sie nur bei einer zweitägigen Trekkingtour, die unter anderem über Hängebrücken, Riesenbäume, Klettersteige und ein weitverzweigtes Netz von Drahtseilrutschen führt.

Der Bus aus Pakse hält nach einer Stunde Fahrt im Dorf Ban Nong Luang – auf halber Strecke. »Von hier aus laufen wir«, sagt Sinxang, der früher Mönch war. Seit vier Jahren ist er Trekking-Guide. »Im Tempel gab es jeden Tag nur zweimal Essen«, begründet er den beruflichen Wechsel. Nun führt er Outdoor-Abenteurer durch die Wildnis.

Mit einem Trekking-Guide über Stock und Stein zum Regenwald

Jeder erhält Schutzhelm, Hakenleinen und Geschirr. Bevor die eigentliche Urwald-Action losgeht, heißt es, klappernd geradeaus zu laufen – zuerst auf einer Holperstraße, über die der Busfahrer sich verständlicher Weise nicht traute, dann auf schmalen Wegen durch die Felder, Rinderweiden und Kaffeeplantagen des Bolaven-Plateaus. Die fruchtbare Hochebene ist mit rund 10.000 Quadratkilometer Fläche etwa so groß wie Jamaika und gleichfalls für ihren Kaffee bekannt.

Die Sonne brennt. Die Schuhe sind schon voller Schlamm vom aufgeweichten Boden. »Only 30 minutes«, sagt Sinxang und wiederholt dieselben Worte nach einer Stunde. Ab jetzt fragt keiner mehr, wie lange irgend etwas dauert. Inzwischen ist der Regenwald erreicht und bald der erste Wasserfall mit Hängebrücke, irgendwann dann endlich auch die erste Plattform des Baumkronen-Parcours »Tree Top Explorer«.

Trekking in Laos

Carsten Heinke

Noch sind die hölzernen Planken der Startrampe unter den Sohlen zu spüren. Doch die Fußspitzen ragen bereits darüber hinweg. Es ist ein bisschen so wie auf dem Turm im Schwimmbad – nur höher. Bis zum Grund der Schlucht sind es teils über 100 Meter. Auch bewegt man sich nach dem Absprung nicht im freien Fall nach unten, sondern fast horizontal bis zum nächsten Baum sprich bis zur nächsten Zipline-Station. Das können 20 oder 450 Meter sein.

Der Gurt sitzt – und ab geht’s mit Schmackes zur nächsten Zipline-Station

Die Abenteuerschmetterlinge sind im Bauch erwacht. Ihr Flügelschlag verursacht leichtes Kribbeln. Sinxang überprüft die Sicherheit. Das Gurtgestell sitzt fest und ist durch eine Leine und zwei Karabinerhaken mit der Rolle auf dem Streckenseil verbunden. »Enjoy!« ruft der Ex-Mönch. Und ab geht die Post. Die Flatterer im Bauch verwandeln sich in kleine Adler. Jetzt sind sie in ihrem Element. Surrend gleitet man, die Beine baumelnd, durch die oberen Etagen des Tropenurwalds.

Teils führt der »Gleitflug« von Baum zu Baum, teils über deren Kronen, manchmal so nahe an einem Wasserfall vorbei, dass man von ihm besprüht wird. Dann wieder saust man in großer Höhe durch ein Tal und genießt das Panorama aus der Vogelperspektive. Immer ist es großes Landschaftskino und ein Gefühl von Freiheit, das unendlich glücklich macht.

Zipline-Teilnehmer in Laos

Carsten Heinke

Wieder auf dem Boden, sorgt die Natur dafür, dass keiner Höhenflüge kriegt. Denn im Unterschied zum Kletterpark daheim gibt es weder Wege noch anderen Komfort. Bergab und -auf geht es über rutschige Steine und Stämme, durch Morast und Wasserläufe. Einige Flüsse und Schluchten überwindet man, auf schwingenden Drahtseilkonstruktionen balancierend. Eine senkrechte Felswand, die sich 300 Meter über dem Talgrund erhebt, wird mittels Trittbügeln erklommen. Dagegen sind die Ziplines die reinste Erholung. Doch zwischen den einzelnen Bahnen können Kilometer liegen.

Am Lagerfeuer wird das eigene Heldentum zelebriert

Es regnet. Keiner murrt, zumal die Nässe Mückenstiche kühlt und dafür sorgt, dass vorläufig keine neuen dazu kommen. Noch einmal sagt Sinxang: »Only 30 minutes.« Keiner glaubt ihm. Doch eine halbe Stunde später sitzen alle am Lagerfeuer des Busch-Camps und feiern ihr Heldentum mit Lao-Bier und heißem Kaffee. Ein allerletztes Zipling führt geradewegs in die Betten, denn die stehen hoch oben in den Baumhäusern und sind nur per Seil erreichbar.

Nach der Dschungeltour ist alles nur noch easy. Da kommen ein paar Tage im beschaulichen Luang Prabang gerade recht. Die einstige Hauptstadt des historischen Reiches Lan Xang und des französischen Protektorats Laos gehört mit ihrer hübschen Kolonialarchitektur, dem Königspalast und zahlreichen Tempeln zu den wichtigsten Touristenorten des Landes.

Luang-Prabang in Laos

Carsten Heinke

Der Wohlstand ihrer Bürger, die mit dem Fremdenverkehr viel Geld verdienen, kommt nicht zuletzt den zahlreichen buddhistischen Geistlichen durch großzügige Spenden zugute. Zugleich leiden sie jedoch unter der Invasion der ausländischen Gäste. Besonders bei dem rituellen Almosengang »dag bat«, bei dem jeden Morgen ab sechs Uhr viele hundert Mönche und Novizen in langen Reihen durch die Sakkarine Road laufen, um gekochten Reis und andere Lebensmittel von Gläubigen zu erhalten, werden die frommen Männer und Jungen von fotografierenden Touristen bedrängt.

Tipp vom Guide: Nichtbuddhisten sollten gegenüber den Gläubigen nicht aufdringlich sein

Fremdenführer Kham Cham kennt die Situation sehr gut, denn auch er war einmal ein Mönch und auf solche Essensgaben angewiesen. »Ich gönne es jedem, dieses schöne Ritual zu sehen. Doch Nichtbuddhisten sollten Gläubige nicht stören und es beim stillen Zuschauen belassen«, sagt der freundlich lächelnde Mann, der 1966 oder 1967 an einem Donnerstag geboren wurde und in der DDR studiert hat.

An seine Zeit in Ostberlin und Halle (Saale) hat er gute Erinnerungen, auch wenn er anfangs mangels Sprachkenntnissen einmal Schuh- statt Zahncreme kaufte. Schade fand er nur, dass dort am Morgen keine Hähne krähten und er im Studentenwohnheim nur am Wochenende kochen konnte. Dann war niemand da, den der Knoblauchgeruch störte. Am seltsamsten fand Kham jedoch, dass sich die Deutschen ärgerten und schimpften, wenn es Probleme gab: »Soetwas kannte ich bis dahin nicht. Denn hierzulande lachen wir in solchen Fällen.« Und in vielen anderen auch. Schon das allein macht Laos liebenswert.

Tipps zum Hin- und Umherkommen

Anreise. Mit Singapore Airlines kostet ein Hin- und Rückflug von Düsseldorf, Frankfurt oder München nach Laos ab 859 Euro inkl. aller Steuern, Gebühren und Kerosinzuschläge. Ab Frankfurt gibt es täglich zwei Verbindungen nach Singapur. Ab München und Düsseldorf fliegt man mit der neuen A350 siebenmal pro Woche von München, dreimal pro Woche von Düsseldorf. Von der Tochtergesellschaft SilkAir wird Laos dreimal wöchentlich angeflogen. Bei einem Zwischenstopp in Singapur erhalten Passagiere von Singapore Airlines einen Shopping-Gutschein im Wert von 15 Euro.

Pauschalreise. Neuntägige Dertour-Privatreise »Facettenreiches Laos« ab Luang Prabang/bis Vientiane, im klimatisierten Pkw inkl. Chauffeur, Inlandsflügen, Übernachtungenim DZ, Verpflegung, örtliche deutsch/englisch sprechende Reiseleitung ab 1.499 Euro pro Person, auch als Teilstrecke buchbar. Es stehen mehrere Hotelkategorien zur Auswahl. Die zweitägige Dschungeltour durch den Dong Hua Sao Nationalpark inkl. Übernachtung im Baumhaus, Vollpension, Trekking, Wandern, Ziplining und Klettern pro Person für 339 Euro.