Staunen. Das ist wohl das Verb, das mir spontan bei Abu Dhabi einfällt. Ich konnte selbiges nicht unterlassen. Und das hatte vielerlei Gründe. Eine Erlebnistour durch die Hauptstadt der Vereinigten Emirate.
Meine Haare stecken in einem Dutt, den ich mir am Hinterkopf so festgezurrt habe, das es sich gleichzeitig wie ein Lifting für meine Stirn anfühlt. Mein Körper dagegen steckt in einem schwarzen Gewand, dass locker und unerwartet luftig fällt. Wir Damen am Eingang der Sheikh Zayed Moschee in Abu Dhabi sehen uns nun alle ähnlich und warten darauf, dass unsere Handtaschen durchleuchtet werden. Die Regeln hier sind streng. Meinetwegen. Der Besuch ist es sicher wert.
Erinnerungen an den Taj Mahal
Es ist noch früh am Morgen, als ich auf das Labyrinth aus Säulen, Kuppeln und Minaretten zu spaziere. Ein wenig erinnert mich das 545 Millionen Dollar teure sakrale Bauwerk an den Taj Mahal. Aber auch das kann ich nur laienhaft aussagen, denn Indien habe ich bisher noch nicht besucht. So ähnlich allerdings stelle ich ihn mir vor. Vielleicht liegt die Ähnlichkeit der beiden Bauwerke am weißen Marmor, der in der Morgensonne mit dem reichlich verwendeten Blattgold an den Verzierungen um die Wette glitzert. Ich glaube, ich habe mich minutenlang nicht bewegt. Geredet habe ich auch nicht. Zu einem normalen Sightseeing-Verhalten, also gucken und gleichzeitig analysieren, bin ich gerade nicht fähig. Ich bin betört. Betört von der Schönheit dieser Moschee.
Und dieses Gefühl hält auch im Inneren der achtgrößten Moschee der Welt an. Ohne Schuhe darf jeder, egal welcher Religion angehörig, die Moschee betreten. Viele der 40 000 Gläubigen finden zum Gebet ihren Platz auf dem 47 Tonnen schweren iranischen Teppich, der über 5 000 Quadratmeter des Bodens bedeckt, während beeindruckende Kronleuchter aus Tausenden von Swarovski-Kristallen von der Decke funkeln.
Emirates Palace – das Vorzeigehotel in Abu Dhabi
Vorbei an glatt geputzten und ebenfalls funkelnden Wolkenkratzern geht es zum wohl bekanntesten Hotel der von Abu Dhabi: dem Emirates Palace. Eine Hotellegende. Erbaut mit 114 Kuppeln, auch, um den Scheichs des Nahen Ostens eine Versammlungsstätte zu bieten, auf höchstem Niveau, mit höchster Sicherheitsstufe und ohne lästige Reservierungen. Die sogenannten »Ruler Suiten« sind für die Staatsoberhäupter von Saudi-Arabien, Oman, Kuwait, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten einfach immer einzugsbereit. Niemand sonst darf in den luxuriösen Suiten nächtigen. 100 Hektar groß ist das Areal des Emirates Palace. Die »normalen« Gäste, die hier ebenfalls nächtigen können, in einem der 302 Zimmer oder in einer der 124 Suiten, müssen also einen guten Orientierungssinn haben.
Die Gäste verteilen sich an den Pools oder am Strand des Hotels so großzügig, dass mir keine Menschenseele begegnet. Obwohl doch. Aber zuerst kam das Tier. An einer Palme lehnend, zugegeben auf der Suche nach etwas Schatten zur Mittagssonne, bewundere ich gerade das schrill türkise Wasser des Persischen Golfs, als ich es schmatzen höre. Gerade noch spielte ich mit dem Gedanken, ins Meer zu hüpfen, als ein geschmücktes Kamel an mir vorbeiwankt, plötzlich stehen bleibt und den Kopf in meine Richtung dreht. Es kaut und schaut mich auffordernd an. Ich will gerade mein Handy zücken, um diesen Moment einzufangen, als ich den wild fuchtelnden Mann sehe, der auf mich zugelaufen kommt.
Lieber zum üppigen Lunchbuffet statt eines Ritts auf dem Kamel
Ob das Kamel wohl entlaufen ist und ich den Bösewicht einfangen soll?, frage ich mich. Doch der Mann will mir eine Reittour verkaufen. »He really likes you, you two should go for a walk.« Nein danke. Das letzte Mal, als ich auf einem Kamel saß, war ich in der dritten Klasse, und ich durfte eine Runde auf dem Schulhof drehen. Damals wurde ich derart seekrank, dass ich es kaum bis in die Waschräume schaffte. Also nein, ich gehe lieber zum Lunch, erkläre ich dem Mann, nicht ohne nach dem Weg zu fragen.
Um zu dem pompösen Mittagessen im ausschweifenden Buffetrestaurant Le Vendôme zu kommen, muss ich erst einmal die Hotelhalle bewundern. Ein riesiger Kronleuchter schwebt über meinem Kopf. Es ist einer von insgesamt 1 002. Das allein ist schon erstaunlich. Doch es wird noch erstaunlicher. Buffetrestaurants in Hotels kennen wir alle. Ein derartiges habe ich noch nicht gesehen. Mit Blick auf den hoteleigenen Jachthafen kann ich mir den Bauch vollschlagen. Lobster, Sushi oder indisches Curry – die Auswahl ist nichts für entscheidungsschwache Geister wie mich. Ich glaube, das Personal findet mich wunderlich, als ich gefühlt eine Stunde mit einem leeren Teller durch die Gänge meine Runden ziehe.
Must see: der arabische Ableger des Louvres
Zum Abschluss noch ein paar Erdbeeren unter den Schokobrunnen halten. Der Himmel auf Erden. Doch wie lange regiert hier schon die feine Lebensweise in Saus und Braus? Während in Europa der Siebenjährige Krieg tobt und reichlich Prunk in den Schlössern der Königshäuser regiert, siedelte sich 1761 der Stamm der Bani Yas hier an. Grund dafür war der Fund von Süßwasser. Und auch in den 1960er-Jahren war dieses heute so hochmoderne Fleckchen Erde noch mit einfachsten Bauten bestückt, teilweise ohne Strom und Kanalisation. An Autos war zu der Zeit hier nicht zu denken. Die Haupteinnahmequelle waren der Fischfang, das Perlentauchen und die Dattelzucht, bis man eben in den 1970-er Jahren auf Erdöl stieß und der dadurch gewonnene Reichtum alles veränderte.
Eine Stadt auf dem Reißbrett entstand – und mit ihr der Drang nach Bedeutung. Auch mein nächster Halt ist ein wichtiger Meilenstein auf der weltweiten Bedeutungsskala. Ich beobachte das Spiel von Licht und Schatten im arabischen Ableger des Louvres und versuche, mir schon einmal vorzustellen, wie ich das, was ich hier sehe, wohl am besten in Worte fasse. Nichts kann diese Erfahrung beschreiben, mal davon abgesehen, dass ich ein derartiges Bauwerk bisher besuchen durfte. Meine Güte, Jean Nouvel hat ein Meisterwerk der Architektur erschaffen.
Ein Museumskomplex, an dem 13 Jahre hier in Abu Dhabi gebaut wurde. Entstanden ist etwas Zauberhaftes, ein Werk, das wie aus einer anderen Welt scheint und dabei so geerdet ist, dass man am liebsten einziehen möchte. Der französische Architekt hat eine Medina aus 55 weißen Gebäuden kreiert, dazwischen liegen Kanäle, die mit Meereswasser geflutet wurden. Man bewegt sich zwischen, in und um die 55 weißen Kuben. Das Highlight im wahrsten Sinne, ist die flache Kuppel, die 180 Meter Durchmesser hat und ein netzartiges Konstrukt ist, das mit 8 000 Metallsternen versehen wurde. Diese wiederum sorgen dafür, dass die Museumsdecke wie ein Sternenhimmel aussieht, dass das Licht ausgefallen in die Halle bricht und dabei für Lichtspiele sorgt, die einzigartig sind.
So viele Gemälde, so wenig Zeit
Das teuerste Gemälde der Welt, das Kronprinz Mohammed bin Salman von Saudi-Arabien 2017 ersteigerte, wird ebenfalls hier ausgestellt: das Gemälde »Salvator Mundi« von Leonardo da Vinci. Wert: 450 Millionen Dollar. Wer hier entdecken will, sollte sich reichlich Zeit nehmen. Ich merke schon, wie der Freizeitstress in mir aufkommt, als mir bewusst wird, dass ich die auf 24 000 Quadratmetern beheimateten Exponate aus allen Weltgegenden, allen Epochen und insbesondere auch allen Religionen niemals an einem Tag bestaunen kann. Ein Buddha-Kopf aus der chinesischen Dynastie der Nördlichen Qi, eine Hindu-Göttin aus Pakistan und Giovanni Bellinis Jungfrau mit Kind sind nur wenige Beispiele für die Weltoffenheit innerhalb der Museumsmauern und die Bedeutung der hier ausgestellten Kunst.
Auch Nacktheit ist im Übrigen in diesem kulturellen Gebäude durchaus erlaubt. Vielleicht
auch, weil der Louvre Abu Dhabi ein Stück fernes Europa inmitten des Nahen Osten ist. Oder ein Teil einer ganz anderen Welt – immerhin wirkt es wie ein gelandetes Raumschiff auf der Insel Saadiyat. Übrigens eine Insel, die das kulturelle Herzstück Abu Dhabis ist und auf der noch weitere kulturell spannende Projekte entstehen. Beispielsweise ein Guggenheim-Museum. Auch hier wird es architektonisch spannend, weil Frank O. Gehry dafür federführend verantwortlich ist.
Blick auf die Formel-1-Strecke – muss man mögen!
Als ich zurück in mein Hotel auf der Insel Yas kehre, heulen Motoren ohrenbetäubend. Ich schlafe ganz idyllisch (Achtung, Ironie!) im Hotel unmittelbar an Abu Dhabis Formel-1-Strecke. Das muss man mögen. Allein schon wegen der, sagen wir es mal so, ganz anderen Aussicht. Über die Lautstärke bin ich erstaunt, ein Rennen soll doch jetzt gar nicht stattfinden. Doch es knattert weiter fröhlich. Denn der interessierte Autofahrer kann sich die Strecke für ein Rennen samt Wagen reservieren. Um mal richtig Gas zu geben. Vielleicht hat er sich die Inspiration dazu in der schnellsten Achterbahn der Welt geholt, die sich praktisch nebenan in der Ferrari World befindet. Mich wundert nichts mehr. Immerhin urlaube ich gerade im erstaunlichen Abu Dhabi.
Info. Viele nützliche Infos und Inspirationen hält die Webseite von Abu Dhabi Culture & Tourism bereit.
Anreise. Etihad fliegt ab Düsseldorf, Frankfurt a. M. und München zweimal täglich nach Abu Dhabi.
Hotels. Wer nobel schlafen will und ein Fan von Plüsch und Gold sowie vom erstklassigen Service ist, der wird sich im Emirates Palace gut aufgehoben fühlen. Eine Nacht im DZ inkl. Frühstück kostet ab € 420 inklusive Frühstück. Wer lieber ein Philippe-Starck-Design bevorzugt und modern puristisch wohnt, mit Blick auf die Formel-1-Strecke, dem sei das Yas Hotel Abu Dhabi empfohlen. Die Restaurantauswahl ist auch hier großartig, und auch der Service ist sehr hilfsbereit. Eine Nacht im DZ ab € 90 ohne Frühstück.