Fluggesellschaften versuchen weiterhin, Passagiere daran zu hindern, ihre Entschädigungsforderungen an Flugrechtsportale abzutreten. Die Wettbewerbszentrale und die Verbraucherzentrale haben die Nase voll: Sie verklagen immer mehr Airlines.

Eigentlich ist der Fall klar. Eigentlich. Wenn man als Airline-Kunde wegen Überbuchung zurückbleibt, am Ziel deutlich verspätet ankommt oder die Fluggesellschaft den Flug streicht, hat der Passagier Anspruch auf eine Entschädigung. Die Fluggastrechte-Verordnung (Nr. 261/2004) ist in diesen Fällen eindeutig und gilt für alle von einem in der EU gelegenen Airport abgehenden Flüge. Und zwar unabhängig davon, wo die ausführende Fluggesellschaft ihren Sitz hat.

Foto aus dem Easyjet-Flugzeug

Pietro Rampazzo

Soweit die Theorie. In der Praxis sieht das allerdings bei einigen Airlines anders aus. Sie versuchen auf Teufel komm raus, sich vor der Zahlung zu drücken. Manche ignorieren E-Mails oder Briefe, andere packen höchst strittige Formulierungen in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Mal verlangt die Airline, dass man nur über ein bestimmtes Formular der Fluggesellschaft seine Forderung geltend machen kann. Ein anderes Mal heißt es, der Passagier könne seine Ansprüche nur durchsetzen, wenn er dies persönlich tut.

Zahlreiche Klagen gegen Airlines

Das Ziel dieser AGB-Formulierungen ist offenkundig: Manche Airlines wollen sich die Flugrechtsportale vom Hals halten. Denn die sind professionell aufgestellt und unerbittlich darin, die Forderungen der betroffenen Passagiere gegenüber den Airlines durchzusetzen – kein Wunder, sie verdienen schließlich selbst gut daran.

Die Wettbewerbszentrale hat die in der Kritik stehenden AGB-Formulierungen jüngst als unangemessene Benachteiligung der Kunden beanstandet. Sie argumentiert: Nach allgemeinem Schuldrecht und der oben genannten Fluggastrechteverordnung kann der Verbraucher selbst entscheiden, auf welche Weise er seine Rechte geltend machen will. Das könne er entweder selbst tun, mit einem Anwalt, mithilfe der Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr oder eines Fluggastrechteportals.

AGB-Symbolbild

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Aus diesem Grund haben sowohl die Wettbewerbszentrale als auch die Verbraucherzentrale in den vergangenen Wochen immer wieder vor Gerichten gegen die Airlines geklagt. Erst am Dienstag gab die Wettbewerbszentrale bekannt, dass sie vor dem Landgericht Berlin gegen die ungarische Airline Wizz Air Klage eingereicht habe. Diese verlangt in ihren AGB, dass Passagiere ihre Ansprüche nur persönlich anmelden können. Tun sie dies nicht und beauftragen einen Dritten damit, müsse eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 50 Euro gezahlt werden.

Flugärger-App der Verbraucherzentrale NRW

Und auch die Verbraucherzentrale NRW geht gegen Airlines gerichtlich vor. Sie hatte im Oktober vergangenen Jahres die »Flugärger«-App auf den Markt gebracht. Betroffene Passagiere können mithilfe der App feststellen, ob sie Ansprüche gegen die Airline haben. Und, das ist das Besondere, sie können aus der App heraus eine entsprechende E-Mail an die Airline schreiben. Doch die TAP Portugal beispielsweise akzeptierte diese E-Mails nicht. Die Verbraucherzentrale erwirkte daraufhin vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen die Airline. Auch gegen Ryanair und Delta Air Lines zog die Verbraucherzentrale erfolgreich vor Gericht.

Heiko Wichelhaus von der Verbraucherzentrale NRW zeigt sich bisher »sehr zufrieden« mit der Resonanz auf die App. Rund 40.000 Mal sei die App im Apple Store und im Google Play Store bisher heruntergeladen worden. »Vereinzelt haben sich auch Reisebüros bei uns gemeldet, die die App sehr positiv fanden und ihren Kunden daher empfehlen», sagte Wichelhaus gegenüber reisen EXCLUSIV. Auch die Bewertungen seien gut. Bei Google hat die App aktuell einen User-Bewertungs-Wert von 4,4, bei Apple einen von 4,3.

Fazit: Wer Forderungen gegen eine Airline hat, braucht zuweilen einen langen Atem. Je nachdem, welchen Weg man beschreitet und mit welcher Airline man es zu tun hat, muss man zuweilen eine Ewigkeit auf sein Geld warten.