Die nordwestliche Region Fjord Norwegen heißt nicht ohne Grund so: Die gesamte Küste wird von Fjorden durchzogen. Darunter zählen auch die Gebiete Rogaland, Hordaland, Sogn & Fjordane und Møre & Romsdal. Letzteres haben wir uns bei einem Roadtrip auf der Atlantikstraße etwas genauer angesehen. Text: Andreas Dauerer
Anreise. Die schnellste Art, um von Deutschland in den Nordwesten Norwegens zu kommen, ist über den Luftweg. SAS und Norwegian unterhalten zahlreiche tägliche Flugverbindungen nach Oslo und dann weiter nach Molde.
Wer etwas mehr Zeit mitbringt, kann auch mit dem eigenen Auto anreisen. Von Hamburg aus ist Oslo etwa in ca. 12 Stunden erreichbar, die Maut für den Großen Belt und über den Øresund liegen im Kombiticket derzeit bei ca. 83 Euro. Dann geht es noch einmal ca. 500 Kilometer gen Norden nach Molde, wobei hier sowohl eine Maut auf der E6 bei Oslo fällig wird und auch die Fährüberfahrt von Sølsnes nach Åfarnes noch einmal kostet. Praktisch erweist sich hier der AutoPass, über den man sich am besten vor der Reise informiert. Hier erfolgt die Abbuchung der Maut automatisch vom Konto oder der Kreditkarte.
Dazu kann man auch mit der Fähre nach Norwegen fahren. Color Line bedient die Strecke von Kiel nach Oslo (19 Stunden) täglich.
Fortbewegungsmittel Nummer eins: das Auto
Fortbewegung. Entweder man hat sein eigenes Auto vor Ort oder man bucht einen Mietwagen. Die gängigen Mietwagenfirmen, wie etwa Avis, Hertz oder Sixt, sind auch im Flughafen Molde verfügbar und alle mit den entsprechenden Maut-Transpondern ausgerüstet. So muss man sich nicht zusätzlich noch einmal Gedanken machen.
Sprache. Die Landessprache ist Norwegisch, allerdings kommt man in der Regel mit Englisch überall zurecht.
Geld. Die Landeswährung ist die Norwegische Krone (NOK), die man bequem per Kredit- oder Girokarte an den Automaten abheben kann. Eigentlich reicht es aber auch, nur eine Kreditkarte dabeizuhaben. Die Norweger sind sehr fortschrittlich und man kann wirklich überall auch mit Karte bezahlen.
Trinkgeld. Ist stets in den Rechnungen inkludiert, sodass man normalerweise lediglich um 5 bis 10 Kronen aufrundet. War der Service herausragend, dann kann man natürlich auch mehr geben. Die Kellner freuen sich.
Beste Reisezeit: zwischen Mai und Mitte September
Klima und Reisezeit. Die klimatischen Bedingungen im Nordwesten mit seiner Nähe zum Meer sind vergleichsweise moderat. In den Sommermonaten Juni bis Mitte September klettern die Temperaturen im Mittel auf bis zu 16 Grad, sinken aber nachts auf 9 Grad. Die Wintermonate Dezember bis Februar sind mit Temperaturen von minus bis plus 3 Grad relativ kalt. In den Bergen fällt viel Schnee, natürlich kann man dort auch Skifahren. Die angenehmste Reisezeit ist von Mai bis Mitte September. Die Temperaturen sind dann tagsüber immer zweistellig und es fällt deutlich weniger Regen als im Winter.
Unterkunft. Im Nordwesten kommt man um die Kette der Classic Norway Hotels schwer vorbei, was aber überhaupt nicht negativ ist. Die norwegische Kette hat sich vor allem hier im beschaulichen Nordwesten breit gemacht und deshalb eine sehr gute Auswahl von sehr interessanten Häusern in den jeweiligen Inseln und Regionen im Angebot.
In Molde etwa schläft man im Hotel Fjordstuer mit Blick auf den Molde-Fjord und einer malerischen Bergkulisse im Hintergrund.
Die Insel Håholmen ist schon alleine wegen seiner Geschichte eine Übernachtung wert. Schließlich wurde das gesamte ehemalige Fischerdorf vom norwegischen Abenteurer Ragnar Thorseth in Eigenregie wieder restauriert und auf der kleinen Insel kann man seinen waghalsigen Reisen ein wenig nachspüren. Im Sommer setzen die Gäste auch mit dem Wikingerschiff Saga Siglar über – das stammt ebenfalls von Thorseth, ein orignalgetreuer Nachbau eines Wikingerschiffs, mit dem er um die Welt gesegelt ist.
Auf der Insel Finnøy checkt man dann im Hotel Havstuer ein. Die Zimmer im neugebauten Nebentrakt sind sehr modern und geräumig, das Highlight ist aber sicherlich die umfangreiche Aquavit-Sammlung. Knapp 300 hat Hoteldirektor Stein zusammengesammelt und einige davon darf man natürlich auch probieren.
Unbedingt probieren: Klippfisch und Wal
Essen. Zum einen wäre da der Klippfisch, den muss man einfach probiert haben, sonst war mein gewissermaßen gar nicht so richtig in Norwegen. Die Portugiesen haben ihren Bacalao, die Norweger den Klippfisch. Bei beiden handelt es sich um Kabeljau, der erst gesalzen und dann getrocknet wird. In Norwegen wird er anschließend gerne mit einfachem Pilzgemüse und Kartoffelpüree serviert. Hervorragend schmeckt er auf Håholmen.
Tja, und dann gibt es noch etwas sehr Traditionelles, und womöglich für einige auch ein wenig Exotisches: nämlich Wal. In Norwegen dürfen die nicht gefährdeten Grindwale in festgelegten Quoten gefischt werden und die landen entsprechend in den Küchen und auf den Tellern. Das Fleisch ist sehr zart und erinnert eher an Rindfleisch denn an Fisch. Lars Hanssen vom Hotel Havstuer in Finnøy weiß wunderbar mit ihm umzugehen. Egal, ob in einer Selleriesuppe oder als eigenes Gericht, etwa als gegrilltes Walsteak, es schmeckt vorzüglich.
Sehenswürdigkeiten. Fjord Norwegen ist voller Kontraste, weil die Region fast von allem etwas hat. Berge, Fjorde, Gletscher, Stille, eine wundervolle Natur, die man sich natürlich auch aktiv erschließen kann. Das gilt auch für die kleine Region um Møre & Romsdal, die man sich bestens mit Auto und Fähre erschließen kann.
Atlantikstraße, Trollstigen und die Insel Ona
Die Atlantikstraße, vom englischen »The Guardian« einst als bester Roadtrip weltweit geadelt, ist selbstredend ein Muss. Acht Brücken spannen sich kurvenreich über Inseln, Holmen und Schären und gilt in Norwegen als Bauerwerk des Jahrhunderts. Die acht Kilometer ist man freilich in knapp 15 Minuten durchgefahren, aber man sollte sich dazu ein wenig Zeit nehmen. Etwa beim größten Parkplatz auf der Insel Eldhusøya aussteigen und auf dem kleinen schwebendem Aussichtspfad spazieren. Immer wieder eröffnen sich wunderbare Blicke auf das Meer und, natürlich, auch auf die wild gebogene Brücke der Atlantic Road.
Eine weitere, vielleicht noch spektakulärere Straße, ist der Trollstigen. Die Bergstraße bei Åndalsnes, ca. 1eine Stunde von Molde entfernt, führt im Zickzack mit elf Haarnadelkurven nach oben zur Besucherplattform, wo man einen unglaublichen Blick auf die Straße und tief in das Tal hat. 1939 wurde sie erbaut, um einen Transportweg von Åndalsnes nach Valldal in Indre Sunmøre zu haben. Entlang des Trollstigen kann man auch wunderbar Hiken. Wer noch ein wenig Zeit mitbringt, der kann auch weiter nach Westen in Richtung Geirangerfjorde fahren. Die Ausblicke sind spektakulär. Der Trollstigen ist von Mai bis Oktober für Besucher geöffnet.
Auch wenn viele alte Fischerdörfer den Weg durch den Nordwesten Norwegens säumen, die Insel Ona sticht noch einmal heraus. Von Finnøy fährt man mit der Fähre 20 Minuten hinüber und landet in einem sehr verschlafenen Inselidyll. Vielleicht fünfzig bunte Häuser, ein roter Leuchtturm und zwei Dutzend Boote, das wars. Natürlich findet man aber auch hier ein kleines Café, einen Kiosk, und zwei Läden mit Töpfer- und Kunsthandwerk. Über das Jahr gesehen leben 16 Einwohner permanent auf dem kleinen Eiland. In den Sommermonaten kommen dann auch Norweger, die hier noch ein Sommerhaus ihr eigen nennen und natürlich zahlreiche Touristen, die hier die Ruhe genießen.
Gähnende Leere in den Wintermonaten
Persönlicher Tipp. Wer viel Wert auf Kultur und Kennenlernen der Menschen aus ist, der sollte vor allem in den wärmeren Sommermonaten kommen. Von Oktober bis April sind viele der kleinen Fischerdörfer nahezu ausgestorben. Dann ist es auch schwer, spontan Mittags ein Restaurant zu finden und auch viele Museen sind dann schlichtweg im Winterschlaf.
Souvenirs. Ganz klar und klassischer geht es kaum: ein handgestrickter Norweger-Pulli aus Ona. Hilde hat direkt am Fähranleger einen kleinen Laden, wo sie mit ihren Mitstreiterinnen täglich an den Pullovern strickt. Die Bandbreite ist dabei groß, es sollte in Farben und Formen für die ganze Familie etwas dabei sein.
Besser nicht. Es klingt ein bisschen wie ein Stereotyp, aber Norweger mögen ihre Privatsphäre. Es ist unüblich, nah aneinander zu stehen oder jemanden Unbekannten zu berührteren oder gar zu umarmen. Das Küsschen auf die Wange ist ebenso unüblich wie ein Dazusetzen an einen Tisch, wo schon jemand sitzt.
Infos. Erste Anlaufadresse ist natürlich das Fremdenverkehrsamt Norwegens. Aber auch Fjord Norway bietet viele Informationen speziell für die Region im Nordwesten des Landes (auf Englisch).
Reiseführer. Für Anhänger des klassischen Reiseführers, möchte ich zwei Empfehlungen aussprechen. Für Individualreisende ist der» Reise Know-How Norwegen: Reiseführer für individuelles Entdecken« eine gute Wahl. Er informiert auf 660 Seiten sehr umfassend über das ganze Land und natürlich auch über Fjord Norwegen und den Nordwesten. 24,90 Euro, ISBN 978-3831722303. Wer gerne Wanderungen unternimmt, hat mit dem »Taschenbuch Fjord-Norwegen: 28 Wanderungen zwischen Atlantik und Jotunheimen« einen sehr guten Reisebegleiter an der Hand, um sich nicht zu verlaufen. 160 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 978-3866864993.