»Yuk ak katán« antworteten die Maya damals den Spaniern, als diese sie nach dem Namen ihres Landes fragten: »Ich verstehe deine Sprache nicht«. Ein geschichtsträchtiges Missverständnis, das der mexikanischen Halbinsel ihren Namen gab. Redakteurin Linda Ruckes ist auf der Yucatán-Halbinsel in die Welt der Maya eingetaucht – über- und unterirdisch.
Der letzte Schritt ist wie eine Befreiung. Endlich bin ich an der Spitze der Pyramide angekommen. Zögerlich drehe ich mich um – und erneut lässt mich mein Gleichgewicht im Stich. 42 Meter reicht mein Blick in die Tiefe, vor mir kämpfen sich die Touristen wie kleine Ameisen die Pyramidenstufen hinauf. Meine Augen lösen sich von den kletternden Menschen und wandern von links nach rechts, von rechts nach links. Nada! Weit und breit ist nichts zu sehen als unendliche Weite. Einzig und allein grüne Waldflecken erstrecken sich zu meinen Füßen.
Die Yucatán-Halbinsel ist flach – eigentlich. Umso erstaunter war man damals, als man die Maya-Pyramiden entdeckte. Berge? In Yucatán? Unmöglich. Heute ist die Nohoch Mul-Pyramide in Cobá das größte Maya-Bauwerk auf der Halbinsel. Den Ausgrabungen zu urteilen befand sich hier, unter meinen Füßen, vor knapp 1.500 Jahren eine der größten Maya-Siedlungen Mexikos. Bis zu 50.000 Menschen sollen hier gelebt haben. 3.000 Touristen kraxeln nun täglich die 120 kleinen und brüchigen Treppenstufen in die Höhe.
Die wahre Mexiko-Erfahrung
Es ist nicht die Höhe, die mir zu schaffen macht. Es ist der Tequila. Der schlummert nämlich noch in den Tiefen meines Magens. Das waren wohl zwei Shots zu viel gestern an der Hotelbar. Denn als heute Morgen um sechs Uhr mein Wecker klingelte, konnte ich mich nur mühsam aus dem Bett heben. Bei 32 Grad im Schatten und einem Rest Tequila im Blut ist es eine Mutprobe Maya-Pyramiden zu besteigen. Oder es ist die wahre Mexiko-Erfahrung. Erleichtert fühle ich mich, als ich die letzte Treppenstufe hinter mir gelassen habe und endlich wieder Boden unter den Füßen spüre. Zielstrebig schnappe ich mir mein Fahrrad und fahre Richtung Ausgang. Zeit für eine Siesta.
»Das ist alles?«, höre ich einen deutschen Touristen hinter mir ungläubig fragen, scheinbar enttäuscht von dem, was er sieht. Zugegeben, die verstreuten Tempel hier auf dem Gelände in Tulum sind deutlich weniger beeindruckend als die Riesenpyramide in Cobá. Hier sind es weder Höhe noch Aussicht, die die Besucher zum Staunen bringen. Vielmehr ist es die Toplage, die imponiert.
Touristenhochburg Tulum
Einst ein Hafenort der Maya, thront heute das Castillo (Schloss) vor der malerischen Kulisse der Karibik. Türkisfarbener Atlantik und Palmenwedel zieren das Haupt der Mayastätte. Touristisch vollkommen überlaufen, ist es trotzdem ein wunderbarer Ort voller Geschichte und Faszination.
Riviera Maya – Jetzt, wo ich über das Gelände spaziere, kann ich diesen Spitznamen nur allzu gut nachvollziehen. Der Wind weht durch meine Haare. Umgeben bin ich von Maya-Tempeln, Palmen und dem Karibischen Meer. Die ersten Touristen haben den Weg ins Meer gefunden, fehlen nur noch Liegestühle und Strandbars. Die findet man wenige Kilometer entfernt. Statt einem eingemauerten Stadtareal machen sich dann Hotelburgen an der Küste breit.
Hola México, Hola TRS
»Hola Linda!« José begrüßt mich freundlich, als ich die Villa betrete. Mir gefällt die spanische Aussprache meines Namens, auch wenn es anfangs etwas ungewohnt klingt. José ist der Butler meiner Villa. Doch glücklicherweise teilen sich 36 Zimmer seine, Manuels und Marias Leistungen. Die jungen Mexikaner haben stets ein Lächeln auf den Lippen. Butler, das Wort gefällt mir nicht. Oder sagen wir es so – mir gefällt es nicht, dass jemand mich bedient. Trotzdem machen sie ihren Job sehr gut. Sie freuen sich immer über ein bisschen Smalltalk, ohne dabei irgendwelche Floskeln auswendig gelernt zu haben. Auch ich freue mich, ein paar Worte Spanisch mit ihnen wechseln zu können, wird man in den touristischen Gegenden doch immer auf Englisch angesprochen.
Service, der wird hier im TRS Yucatán Hotel großgeschrieben. Eine standardisierte Aussage? In jedem Fünf-Sterne-Hotel sollte der Service hervorragend sein, aber hier in diesem Hotel fühle ich mich irgendwie besonders wohl. Der Umgang untereinander ist persönlich, aber doch respektvoll. Das Personal ist hilfsbereit, aber nicht unterwürfig. Vielmehr bewegt sich der Gast zwischen Selbstständigkeit und dem Luxus, sich verwöhnen zu lassen.
Grünes Glück
»Señorita?« vorsichtig stellt mir Eduardo den Teller auf den Platz. Nach den ersten zwei Tagen bin ich bereits Stammgast in der Helios Bar, die gleich neben meiner Villa liegt. Hier weiß man, wie man mich glücklich macht. Nicht etwa sind es das kupferfarbene Besteck, das mir als allererstes aufgefallen ist, noch das bezirzende Meeresrauschen und der Ausblick auf die Weite des Atlantischen Ozeans. Vor mir steht sie, meine Portion grünes Glück. Ob morgens, mittags oder abends, ich kann nicht genug kriegen von der leckeren Guacamole. Erstklassig, der Geschmack wie der Service. An den Aufenthalt hier kann ich mich gewöhnen!
Gedanklich bin ich mit der einen Hälfte noch bei der köstlichen Avocadocreme von vorhin. Noch immer läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Die andere Hälfte schaut beängstigt in den Eingang einer Höhle. Schweiß tropft von meiner Stirn. Etwas mulmig zumute ist mir schon, wenn ich daran denke, dass ich die nächsten zwei Stunden in einer dunklen Höhle verbringen werde. Lieber würde ich erneut auf allen Vieren eine Pyramide hochklettern, als freiwillig eine dunkle Höhle zu betreten. Die Cenotes (was auf der Sprache der Maya so viel wie Eingang bedeutet) waren für die Maya die Eingänge zur neunstufigen Unterwelt, genannt Xibalbá. Xibalbá – der Ort der Angst. Na toll.
Die Unterwelt der Maya
Allein zwischen Tulum und Playa del Carmen gibt es um die 1.500 Cenotes. Lediglich 20 Prozent werden touristisch genutzt. Früher nutzten die Maya die Höhlen unter anderem als religiöse Opferstätte. Vorsichtig taste ich mit meinen Füßen den Boden ab. Links spüre ich kleine Stalagmiten, die aus dem Boden der Höhle wachsen. Gar nicht so einfach, sich zwischen Stalagmiten und Stalaktiten fortzubewegen – und diese gleichzeitig nicht anfassen zu dürfen. Der Boden ist zudem rutschig. Viel Halt geben einem selbst die Wasserschuhe nicht. Schritt für Schritt bewegen wir uns tiefer in die Höhle. Die Unterwelt der Maya, so hat sie also ausgesehen? Der Río Secreto ist eines der längsten Unterwassersysteme der Welt, das bis 2007 der Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Jetzt schwimme ich durch die Höhle.
Froh darüber, nicht bei 35 Grad eine Pyramide hochzuklettern. Beeindruckt von dem, was Mutter Natur uns geschenkt hat.
Augen zu, auf den Rücken legen, treiben lassen und die Höhle auf sich wirken lassen. Vollkommene Dunkelheit, keine Geräusche zu hören. Gerade als ich es geschafft habe, meinen sorgenvollen Kopf abzuschalten und den Moment der Ruhe zu genießen, bricht Tomás, unser Guide, die Stille. »Cómo están amigos?,« fragt er uns flüsternd. Die Magie der Höhle hat anscheinend auch ihn eingenommen.
Einfach mayastätisch!
»Estoy bien« antworte ich ihm. Ich fühle mich gut. Erleichtert auch irgendwie. An manchen Stellen schimmert das Wasser sogar türkis, genau wie der Ozean hinter Tulum. Doch hier sind es keine Mayatempel oder Inschriften, die uns der Kultur der Maya gedenken lassen. Hier, bauchnabel tief im Wasser, mit Neoprenanzug, Helm und Stirnlampe auf dem Kopf, habe ich das erste Mal das Gefühl, das Erbe der Maya wirklich zu spüren. Wortwörtlich in ihre Welt eingetaucht zu sein.
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Infos. Weitere Informationen über die Riviera Maya gibt es hier (Englisch) oder auf der Website des Fremdenverkehrsamtes Mexikos (Deutsch).
Schlafen. TRS Yucatán Hotel. Das Fünf-Sterne-Hotel (adults only) der Palladium Hotel Group in Akumal bietet einen luxuriösen Ort der Ruhe und Entspannung fernab des touristischen Trubels der Region. Junior Suite für zwei Personen mit All-Inklusiv inklusive Steuern ab € 230 die Nacht.