Die Karibik wird häufig auf Meer, Reggae und Rum reduziert. Mitunter stimmt das natürlich, aber gerade in Belize kann man viel mehr unternehmen, als nur laid back auf den vorgelagerten Cays am Strand zu liegen. Sich auf die Spuren der Mayas begeben etwa und nebenbei handgemachte Schokolade nach alter Tradition probieren. Eine Reise nach Belize.
Mein Oberkörper schwingt schnell vor und zurück. Vor und zurück. Immer wieder. In meinen Händen halte ich einen länglichen schwarzen Stein, mit dem ich die dunkle Masse unter mir so lange malträtiere, bis sie weicher und immer weicher wird und bald nur noch ein dunkelbrauner, leicht zähflüssiger Schokoladenfilm auf der halbmondartigen Lavaschale übrig ist. Von den Kakaonibs, geschälte und zerkleinerte Kakaobohnen, ist nun nichts mehr zu sehen, ihnen ist es durch mein Einwirken doch auch so warm geworden, dass sie sich allmählich verflüssigt haben.
Nun schwitze ich wirklich. Nicht unüblich für die Karibik und eine Reise nach Belize, könnte man meinen. Die Außentemperatur hat aber angenehme 28 Grad, die Sonne lugt immer wieder hinter den weißen Quellwolken hervor und weil wir in der Nähe des Küstenörtchens Hopkins sind, weht auch immer eine leichte Brise.

Aus Kakaobohnen wird in Belize mit fleißiger Handarbeit flüssige Schokolade I Fotos: Andreas Dauerer
Reise nach Belize: Alles Schokolade oder was?
Handgestoppte fünf Minuten habe ich mich bis dato unter die hiesigen Schokoladenproduzenten gemischt, etwas ungelenk womöglich, achte ich doch auch noch darauf, dass – Stichwort: nicht mitdenkender Tourist – meine helle Hose und mein weißes Hemd nicht vollends mit Schokolade gebatikt werden. Wobei, der dunkle Kakao riecht so verführerisch, vielleicht wäre es doch noch eine Überlegung für die Abendgestaltung.
Von der aber bin ich momentan ziemlich weit entfernt, schließlich möchte ich den kleinen Kakaofluss nicht mit meinen Schweißperlen verdünnen. Manche mögen ja Salz in der Schokolade, ich gehöre jedoch nicht dazu, vom hygienischen Aspekt ganz zu schweigen.
Prinz William und Herzogin Kate waren auch schon da
Narciso grinst jedenfalls, während er mir ein bisschen braunen Zucker auf den Lavastein streut. Schön weitermachen, sagt der Chocolatier. Ich tue, wie mir geheißen, und bemerke, dass mich hinter ihm noch zwei Menschen angrinsen. Von einem Plakat.
Prinz William und Herzogin Kate haben die Schokoladenfabrik Che’il Mayan ebenfalls schon besucht. Bestimmt durften sie auch Hand anlegen und schwitzen, während sie die Kakaobohnen verflüssigten, mit Zucker und etwas vorher abgeschöpftem Kakaoöl wieder anreicherten, um den Kakao anschließend in eine Eiswürfelform zu gießen.

Foto: Andreas Dauerer
Die 15 kleinen Rechtecke füllen sich sogleich mit dunkler Schokolade. Zufrieden packt Narciso die Form ins Kühlfach. So hätten damals die Mayas Schokolade gemacht. Also zumindest bis zum Part mit dem Kühlfach. Auch hätten sie die Rohschokolade mal eben bis zu neun Stunden unentwegt mit dem Lavanudelholz bearbeitet. Denn je länger sie die Schokolade zerkleinern, desto feiner wird sie.
Eine Süßigkeit mit langer Geschichte
In jedem Fall wirkt das schwarze Gold antioxidativ, ist also gut für den Körper. Wirklich verarbeitet wird Schokolade hier in Belize nicht. Ein bisschen Zucker, wegen der europäischen Gaumen auch ein wenig Milch, viel häufiger aber kommt sie ohne Zusätze aus. Der Chocolatier selbst würde jeden Tag Kakaonibs essen, so als Snack zwischendurch.
Die Mayas jedenfalls haben in Ermangelung des Kühlschranks Schokolade in flüssiger Form getrunken, gerne mit etwas Wasser verdünnt.
Tatsächlich schmeckt das nicht nur gut, es scheint auch antitranspiratorisch zu wirken, zumindest, wenn man es lauwarm trinkt. Ich jedenfalls muss nicht mehr ganz so schwitzen, freue mich aber auch, wenn der Chef-Chocolatier, Julio Saqui, mir gleich noch ein bisschen dunkle Schokosoße über mein Essbananen-Dessert gießt.
Um die 6.000 Kilo Kakaobohnen ernten sie hier pro Jahr. Daraus werden neben der klassischen Essschokolade auch Trinkpulver, Nibs und Aufstriche hergestellt und, schließlich sind wir in der Karibik, auch Rum mit Schokolade gibt es zu kaufen. Auf die Herstellung in ursprünglicher Machart der Vorfahren legt Julio größten Wert. Deshalb arbeiten wohl in der Schokoladenfabrik Che’il Mayan nur Nachfahren der Mayas.

Die Maya-Ruinen Xunantunich ganz im Westen von Belize I Foto: Andreas Dauerer
Auf den Spuren der Mayas
Wird man etwa im Norden liegenden Mexiko noch auf Schritt und Tritt mit der Mayakultur verfolgt, muss ich sie hier in Belize doch etwas gründlicher suchen. Je näher ich zur Grenze nach Guatemala fahre, desto lebendiger werden ihre Zeugnisse. Wer also nach Tikal in Guatemala fährt, könnte auch an den Ruinen Xunantunich hier in Belize haltmachen. Das kleine San Ignacio ist bestens auf Besucher eingestellt. Tolle Restaurants, schicke Hotels.
Gut zehn Kilometer weiter draußen stehen die alten Tempelanlagen mit riesigen Pyramiden bereit, die es zu erklimmen gilt, vorausgesetzt, man leidet nicht unter Höhenangst und kann steilen Treppen etwas abgewinnen. Oben vom Tempel jedenfalls habe ich einen unvergleichlichen Ausblick über die Ruinen mit ihren sechs Plazas, klar, aber auch über die Baumkronen des Dschungels hinüber nach Guatemala.
Von Tempeln, Göttern und Menschenopfern
Einen Guide zu nehmen, lohnt sich. So erfahre ich nicht nur etwas über die Kultur, über das Ballspiel und die doch sehr archaisch-grausamen Menschenopfer, mit denen die Mayas die Götter gnädig stimmen wollten – unter anderem wurde 2016 eine Grabkammer entdeckt, in denen die Mayas einen gesunden jungen Mann samt Jaguarknochen beerdigt haben, was auf sehr hohen Adel schließen lässt –, sondern auch über die Vegetation.

San Ignacio mit den Maya-Ruinen Xunantunich I Foto: Andreas Dauerer
Es geht an Mahagoni- und Avocadobäumen ebenso vorbei wie an Zedern, und natürlich gibt es Pflanzenarten, die ausgesprochen giftig sein können und von den Mayas auch genau für diese Zwecke verwendet wurden.
Die Höhlensysteme in Barton Creek
Wem nach dem Pyramiden-Kraxeln womöglich der Sinn nach schattiger Entspannung steht, für den lohnt sich die Fahrt nach Barton Creek. Von dort erstreckt sich ein kilometerlanges Höhlenlabyrinth, das rund einen Kilometer mit dem Kanu befahren werden kann. Selbstverständlich nur mit Stirnlampe.
Das Manövrieren durch eine von Stalaktiten und Stalagmiten verhangene Durchfahrt und deren kunstvoll verschnörkelten Formationen ist zwar ein optisch wunderbares Erlebnis, aber mitunter machen sie den Weg zur Herausforderung.
Die Tatsache, dass sich die Mayas mit nur einer fackelähnlichen Kerze an das Erkunden gemacht haben, macht klar, dass sie der Höhle eine ganz besondere Bedeutung zukommen ließen. Das blasse Licht warf schemenhaft Schatten an die Felsen und wenn die Insassen auch noch mit einigen bewusstseinserweiternden Substanzen aufgeladen waren, kann ich mir nur zu gut vorstellen, dass sie hier zum Schluss kommen mussten, dass sie in den Höhlen von tanzenden Göttern bei jedem einzigen Paddelzug verfolgt wurden.

Kanutour durch die Höhlensysteme in Barton Creek I Foto: Andreas Dauerer
Dass nicht immer alles gut ging, davon zeugen verkalkte Knochen und ein Schädel, der derart schön an einem Felsvorsprung liegt, dass böse Zungen behaupten könnten, er wäre genau dort hindrapiert worden (was der Guide naturgemäß bestreiten wird). In der Höhle kehrt dann aber beinahe vollkommene Ruhe ein. Schalten alle Paddler das Licht aus, sieht man im wahrsten Wortsinn nichts mehr. Keine tanzenden Schatten und nur die Stille umgarnt uns.
Ab und an hören wir ein paar Tropfen, die auf die Wasseroberfläche patschen und sich anhören, als würden irgendwoher Stimmen kommen. Eine kleine, dunkle Sinfonie, derer ich mich nicht so recht entziehen kann, selbst mit dem Wissen, dass außer unseren Booten niemand mehr in der Höhle ist.
Karibik-Kitsch pur: Willkommen in Hopkins
Zurück in Hopkins geht es dann eher »klassisch« karibisch zu. Ein Cuba Libre hier, ein Rumpunch da, im Hintergrund wummert ein bisschen Ziggy Marley aus den Boxen. Bunte Hängematten wehen zwischen wild gebogenen Palmen und das Meer bricht mit einigem Getöse an den Strand. Hier an der Küste von Hopkins leben auch die Garifuna, eine ethnische Minderheit, deren Vorfahren aus Afrika stammen. Die rund 500 von ihnen führen ihre eigene Kultur und Musik, ihren Tanz und, natürlich, auch die karibische Küche weiter fort.

Karibik-Strand in Hopkins I Foto: Andreas Dauerer
Guten Appetit: Kokossuppe mit Barrakuda
Jetzt haben wir wieder Waschmaschinenwetter und Kimena zeigt mir, wie eines der traditionellsten Gerichte zubereitet wird: Kokossuppe mit Fisch, genauer: Barrakuda. Ich höhle die Kokosnuss mit einer Art quergespannten Saftpresse aus, die so scharf ist, dass ich mich nach zwei Rumcocktails doch konzentrieren muss, um nicht meine Finger mit hineinzudrechseln.
Fünf Stück, zehn Hälften, zehnmal Waschgang für mein Hemd. Kimena schwitzt die Zwiebeln an, dann kommen Okra, Knoblauch, Paprika und der Fisch mit in den Topf zum Kokossud und als Zugabe zum Schluss auch ein paar Kochbananen. Was soll ich sagen? Frisch, gut und schmeckt hervorragend. Das Gericht ist so einfach wie alles hier, denke ich.

Kokossuppe mit Barrakuda I Foto: Andreas Dauerer
Die Leichtigkeit der Karibik
Sinnbildlich steht es für mich stellvertretend für die Karibik. Gastfreundschaft, Neugier auf Fremde, man darf sein, wie man ist, und lässt genau das auch seinen Mitmenschen angedeihen. Das Leben und die Menschen meinen es hier gut mit mir. Selbstverständlich weiß ich, dass ich nur auf der Durchreise bin hier bei dieser Reise in Belize, aber dieser Moment, das darf ich verraten, stellt sich früher oder später bei jedem Besucher in der Karibik ein.
Irgendwann packt er dich, verlangsamt dich, zeigt dir, dass es auch anders geht. Einmal im Moment leben wollen und genau darin verharren. Nicht an gestern oder morgen denken. Das kann sehr heilsam sein, möchte ich all jenen zurufen, die diese Zeilen lesen. Entspannend sowieso, schließlich sind wir ja doch ein bisschen im Urlaub. Bei mir funktioniert es jedes Mal. Vor allem hat es den großen Vorteil, dass mit der Gelassenheit auch die Zufriedenheit steigt.
Fallenlassen, Leichtigkeit, Sonne, Meer und, ja, auch Rum sind die Ingredienzen der Karibik. Plus die Kultur der Mayas, der Garifuna und mal eben das zweitgrößte Barrier-Riff, wenn wir konkret von Belize sprechen.
Das ist schon eine ganze Menge, möchte ich meinen – und unbedingt erlebenswert.

Strandbar in Hopkins an der Karibikküste I Foto: Andreas Dauerer
Mehr Infos für eine Reise nach Belize
Das Belize Tourism Board hält allerhand spannende Infos für eine Reise nach Belize bereit.
Anreise. Da es keine Direktflüge aus Europa gibt, fliegt man von Deutschland aus am einfachsten mit einem Zwischenstopp in den USA nach Belize.
Beste Reisezeit. Die beste Zeit für eine Reise nach Belize ist in den Wintermonaten zwischen Dezember und Mai, anschließend beginnt die Regenzeit. Dann steigt auch die Gefahr für Hurrikans.
Hier gibt es alle Highlights für einen Urlaub in Belize.