Nach Ryanair will offenbar auch die Lufthansa ihr Flugangebot in Deutschland ausdünnen. Im Fokus: rund 100 innerdeutsche Flüge. Wie Ryanair macht Airline-Chef Carsten Spohr die hohen Kosten in Deutschland dafür verantwortlich.
Hiobsbotschaft für deutsche Flugreisende: Nur wenige Tage nachdem Ryanair angekündigt hat, im Winter zahlreiche Flugverbindungen an 9 deutschen Flughäfen zu streichen, erwägt nun auch die Lufthansa, die Notbremse zu ziehen. Denkbar sei, dass im kommenden Sommer »rund 100 innerdeutsche Flüge pro Woche wegfallen könnten«, sagte Konzernchef Carsten Spohr laut einem Vorabbericht in einem Interview der »Welt am Sonntag«.
Spohr beließ es nicht bei der bloßen Ankündigung. Er nannte auch konkrete Strecken. Die Verbindungen von München nach Münster/Osnabrück und von München nach Dresden etwa stünden auf dem Prüfstand, so Spohr. Für Reisende, die mit der Lufthansa regelmäßig ab Münster/Osnabrück wäre das eine besonders schlechte Nachricht. Denn im Falle einer Streichung der Verbindung zum Münchener Flughafen gäbe es von Münster/Osnabrück laut aktueller Übersicht der Flugziele des Flughafens keine Anbindung mehr an ein internationales Drehkreuz.

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Reisende aus der Region müssten dann – je nach Wohnort und Erreichbarkeit – nach Amsterdam, Hamburg oder Düsseldorf ausweichen.
Hohe »Standortkosten« für Airlines in Deutschland
Mit den »Standortkosten«, die Spohr erwähnt, sind die finanziellen Belastungen gemeint, die mit dem Betrieb an deutschen Flughäfen und im deutschen Luftraum verbunden sind. Konkret geht es vermutlich um diese Kosten:
- Luftsicherheitsgebühren: Diese Gebühren werden für Sicherheitskontrollen an Flughäfen erhoben, z. B. für Passagier- und Gepäckkontrollen. Sie stellen einen erheblichen Kostenfaktor dar, insbesondere für Inlandsflüge, die oft kürzere Strecken und niedrigere Ticketpreise haben, was die Wirtschaftlichkeit einschränkt.
- Flugnavigationsgebühren: Diese Gebühren werden von der Deutschen Flugsicherung (DFS) für die Nutzung des Luftraums und die Bereitstellung von Flugverkehrsdiensten erhoben. Deutschland hat im Vergleich zu anderen Ländern relativ hohe Navigationsgebühren. Das erhöht die Kosten für Fluggesellschaften, insbesondere bei kurzen Inlandsflügen, wo diese Gebühren einen größeren Anteil der Gesamtkosten ausmachen.
- Flughafengebühren: Dazu gehören Lande-, Abfertigungs- und Passagiergebühren, die von Flughafenbetreibern erhoben werden. Deutsche Flughäfen wie Frankfurt oder München zählen zu den teureren in Europa, was die Betriebskosten für Airlines wie Lufthansa in die Höhe treibt.
- Steuern und Abgaben: die Luftverkehrssteuer. Deutschland erhebt eine Ticketsteuer auf alle Flüge, die von deutschen Flughäfen starten. Diese Steuer belastet Inlandsflüge zusätzlich und macht sie im Vergleich zu internationalen Verbindungen teurer.
- CO₂-Abgaben und Klimakosten: Im Rahmen der Energiewende und des EU-Emissionshandelssystems (ETS) fallen zusätzliche Kosten für CO₂-Zertifikate an, die Airlines kaufen müssen, um ihre Emissionen auszugleichen. Diese Kosten sind in den letzten Jahren gestiegen und betreffen besonders kerosinintensive Kurzstreckenflüge.
- Bürokratische Belastungen: Deutschland hat strenge regulatorische Vorgaben, z. B. in Bezug auf Umweltauflagen, Lärmschutz oder Arbeitsrecht. Diese führen zu höheren operativen Kosten, etwa durch höhere Personalkosten oder Investitionen in umweltfreundlichere Technologien.
BDL-Warnung: Entwicklung gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) kritisiert seit langer Zeit die hohen Flugkosten in Deutschland. »Die Folgen sehen wir an nahezu jedem Flughafen in Deutschland: Airlines ziehen ihre Flugzeuge ab und setzen sie in anderen europäischen Ländern mit einem wettbewerbsfähigen Kostenniveau ein. Angesichts dieser alarmierenden Entwicklung ist es unerlässlich, dass die Bundesregierung der Krise des Luftverkehrsstandortes Deutschland Priorität einräumt«, sagte Verbandspräsident Jens Bischof anlässlich der Vorstellung der Halbjahreszahlen der Branche im Sommer dieses Jahres.