Urlaub ist bekanntlich nicht gleich Urlaub. Wer Pech hat, muss sich vor Ort mit Reisemängeln herumschlagen. Dabei gilt es, einige Punkte zu beachten: Hier erklären wir, was Urlauber während und nach der Reise tun sollten. 

Wer kennt es nicht? Man gönnt sich eine Auszeit vom Alltag und möchte im Urlaub einfach nur eine schöne Zeit erleben. Umso enttäuschter ist man, wenn der Urlaub nicht den Erwartungen entspricht. Die Rede ist von Reisemängeln. Die Gründe für die Enttäuschung können vielfältig sein: der Balkon winzig, das Essen schlecht, der Pool verdreckt oder vor dem Hotel eine laute Straße oder eine Baustelle. Es gibt viele Gründe, sich im Urlaub zu ärgern. Aber was fällt unter Reisemängel?

Umgefallener Sonnenschirm nach Regen am Strand

schankz/Shutterstock.com

Das fragte sich auch ein deutsches Ehepaar, das eine Pauschalreise in die Polarregion unternahm. Es freute sich auf schneeweiße Landschaften, einmalige Blicke auf die Nordlichter und eine entspannte Huskyschlittenfahrt mit Glühweinverkostung. Doch daraus wurde nichts. Zumindest zu Beginn der Reise nicht. Denn warme Winterkleidung und Schneeausrüstung wurden nicht gestellt, obwohl dies im Reisevertrag zugesagt wurde. Angesichts der Temperaturen unter dem Gefrierpunkt war es dem Ehepaar nicht möglich, an den Outdoor-Unternehmungen teilzunehmen oder überhaupt sich länger draußen aufzuhalten. Erst nach dem Einkauf wetterfester Winterkleidung konnten sie am Outdoor-Programm teilnehmen. Von dem Fall berichtete kürzlich das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland. Damit rückt einmal mehr die Frage in den Fokus, was Reisemängel eigentlich ausmachen und wie man sich als Betroffener vor Ort richtig verhält.

Reiserecht: Nicht alles, was stört, ist tatsächlich ein Reisemangel

Das Reiserecht ist für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Denn nicht alles, was im Urlaub stört, ist rechtlich ein Reisemangel. In manchen Situationen liegen schlicht nur landestypische Besonderheiten vor. Das kann etwa der Ruf des Muezzin in einem arabischen Land sein, das von Urlaubern als nervig empfunden werden kann. Andere Dinge gelten als rein subjektiv. Das ist etwa der Fall, wenn Urlauber das Frühstück in einem exotischen Land als nicht dem europäischen Standard entsprechend empfinden.

Liegt tatsächlich ein Reisemangel vor, heißt das noch lange nicht, das Urlauber einen Anspruch auf Rückerstattung oder Schadensersatz haben. Über 50 Prozent oder gar 100 Prozent des bezahlten Reisepreises gibt es nur selten zurück. Weit häufiger wird nur ein (kleiner) Teil des Reisepreises erstattet – weshalb man sich ernsthaft die Frage stellen sollte, ob man für ein paar Euro Erstattung wochen- oder gar monatelange Auseinandersetzungen in Kauf nehmen will …

Dennoch: Wenn der gebuchte Urlaub nicht so gelaufen ist, wie es der Katalog versprochen hatte, kann der Reisepreis oft gemindert werden. Reisende, die nach der Heimkehr wissen wollen, was beim Reiseveranstalter geltend gemacht werden kann, können sich zum Beispiel auf der Website des ADAC ausführlich informieren. Hier hat der ADAC rund 300 Gerichtsurteile zur Preisminderung zusammengestellt.  Lohnend ist auch ein Blick in eine der Reisetabellen. Sie bieten eine gute Übersicht zu Gerichtsurteilen, wie etwa die Kemptener oder Frankfurter Tabelle.

Reisemängel: Flug, Gepäck, Verpflegung und Lärm am häufigsten

Die häufigsten Urlaubsmängel betreffen Flug, Gepäck, Verpflegung und Lärm. Hier können Reisende in vielen Fällen Geld zurückverlangen. Aber auch die Unterkunft kann für Ärger sorgen, wenn sie nicht den gebuchten Leistungen entspricht. Die ADAC, Kemptener und Frankfurter Tabellen liefern Anhaltspunkte dafür, in welcher Höhe Reisende den Preis mindern können. Die angegebenen Prozentsätze richten sich jeweils nach Art und Umfang der Reisemängel, dienen aber lediglich zur Orientierung. Denn Gerichte entscheiden in jedem Fall von Urlaubsmängeln individuell. Das liegt in der Natur der Sache, denn jeder Fall liegt bekanntlich anders.

Potentielle Urlaubsmängel: verloren gegangene Gepäckstücke

Mongkol_Chuewong/Shutterstock.com

Hier ein paar Beispiele: »Bei einer nächtlichen Baustelle im Hotel können Urlauber bis zu 40 Prozent des Reisepreises zurückfordern. Ein fehlender Meerblick oder zu lange Wartezeiten beim Büfett können hingegen zu einer Minderung von bis zu zehn Prozent führen. Auch Flugverspätungen gelten als Reisemangel. »Wie hoch die Entschädigung hierbei ausfällt, richtet sich nach der Flugstrecke und Verspätung«, sagt Frank Preidel, Partneranwalt der Roland Rechtsschutz.

Das Amtsgericht in Wiesbaden entschied, dass Lärmbelästigung auf Kreuzfahrtschiffen noch keinen Reisemangel darstellt, und Theateraufführungen das Maß an Hinnehmbaren erst überschreiten, wenn sie weit nach Mitternacht enden. Auch eine defekte Liege konnte nicht als Reisemangel geltend gemacht werden, obwohl sich der Urlauber zuvor beim Benutzen der Liege die Fingerkuppe abgetrennt hatte. Das Oberlandesgericht in Düsseldorf sah es nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Veranstalter an, da Strandliegen als »normales Mobiliar« gelten und damit nicht der besonderen Überprüfung bedürfen.

Beim Urlaubsmängeln unverzüglich Reiseleitung informieren

Bei jedem Mangel gilt generell: umgehend Abhilfe verlangen. Urlauber sollten die Mängel konkret beschreiben können (Ausmaß und Häufigkeit) und sie per Foto oder Video festhalten. Wer in einem Hotel untergebracht ist, sucht dazu die Reiseleitung auf. Ist diese zum Zeitpunkt der Beschwerde nicht im Hotel anwesend, kann man natürlich zunächst die Rezeption über den Mangel aufmerksam machen. Zuweilen hilft das. Sollte der Mangel aber nicht beseitigt werden, muss die Reiseleitung so schnell wie möglich informiert werden.

Dies sollte auch schriftlich erfolgen, damit es dokumentiert ist, zum Beispiel mit einer E-Mail nach dem Gespräch. Wichtig ist es, dem Verantwortlichen eine Frist festzulegen. Denn nach Ablauf der Frist und ohne Beseitigung des Mangels kann der Reisende vom Veranstalter Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Eine Fristsetzung ist nicht nötig, wenn unverzüglich Abhilfe geschaffen werden muss. Wer beispielsweise seinen Flug zu verpassen droht, weil der Bus Verspätung hat, kann ohne Fristsetzung ein Taxi zum Flughafen nehmen.

Taxis am Flughafen

Cameris/Shutterstock.com

Auch unabhängige Zeugen sind wichtig, da sie vor Gericht glaubwürdiger sind als Familienangehörige. Kann der Mangel nicht behoben werden, hat der Reiseveranstalter eine gleichwertige Ersatzleistung zu erbringen. Außerdem muss er den Reisepreis mindern, wenn die Ersatzleistung nicht mindestens gleichwertig ist.

Reisemängel: Warum Pauschalreisende im Vorteil sind

Das Zimmer ist verdreckt, die Liegen am Pool kaputt, der Pool im Ferienhaus entpuppt sich als Kloake: Wer als Pauschalreisender unterwegs ist und einen Reisemangel reklamieren will, ist klar im Vorteil. Denn denn hat man nur einen Vertragspartner. Und das ist der Reiseveranstalter. Man kann sich also im Urlaubsort direkt an den Veranstalter wenden und die Reiseleitung auffordern, den Mangel ohne Zusatzkosten abzustellen oder zu ersetzen. Weiterer Vorteil: Pauschalreisende sind gegen Insolvenzen von Reiseveranstaltern mit Hauptsitz in Deutschland gesetzlich abgesichert. Man kann bei Reisemängeln nicht nur den Preis mindern, sondern auch Schaden­sersatz wegen entgangener Urlaubsfreude verlangen.

Verdreckter, ungepflegter Swimmingpool

peter jeffreys/Shutterstock.com

Was aber, wenn die Situation vor Ort äußerst unangenehm ist und die Hoffnung schwindet, dass Besserung eintritt? Eine vorschnelle Abreise ist grundsätzlich keine gute Idee, selbst wenn man den Urlaubsort am liebsten sofort verlassen möchte. Man sollte sich stets vor Augen halten: Der Reiseveranstalter muss den Mangel beseitigen dürfen. Erst, wenn das nicht klappt, dürfen Urlauber selbst das Zepter in die Hand nehmen und etwa ein anderes Zimmer buchen. Bei sehr großem Ärger oder wenn der Urlaub gar zum Alptraum wird, dürfen die Betroffenen die restliche Reise kündigen, sogar Schadenersatz wegen der verlorenen Zeit verlangen und die Heimreise antreten, wenn auch auf eigenes Risiko. Denn ob später ein Gericht den Argumenten der Urlauber eins zu eins folgt, ist alles andere als sicher. Es kommt schlicht auf den Einzelfall an.

Kniffeliger ist es dagegen für alle, die individuell unterwegs sind. Schließlich schließen sie mit jedem Dienstleistungserbringer einen eigenen Vertrag ab. Wenn es zur Auseinandersetzung kommt, muss man seine Rechte separat durchsetzen. Als Urlauber muss man dann direkt beim Vertragspartner – also beispielsweise dem Ferienhausvermieter – etwaige Mietminderungen geltend machen. Das ist besonders im Ausland ärgerlich. Denn dann gelten in der Regel die Gesetze des jeweiligen Reiselandes.

Frist bei Ansprüchen aus Reisemängeln

Die Ansprüche aus einer mangelhaften Reise verjähren nach innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise. Das ist wichtig. Denn die Verjährungsfrist beginnt somit – anders als die regelmäßige Verjährung – nicht erst zum Jahresende, sondern am letzten Tag der Reise.

Allerdings kann die Frist gehemmt werden. Das gilt dann, wenn man mit dem Vertragsgegner, etwa dem Hotel, der Airline oder dem Reiseveranstalter einige Wochen oder gar Monate über einen Anspruch verhandelt, diese Verhandlungen aber zu keiner Einigung führen.

Zusammenfassung: Darauf kommt es an

  1. Ausreichend Zeit einplanen: Wer eine Reise unternimmt, sollte ausreichend Pufferzeiten einplanen. Das gilt vor allem, wenn man eine Pauschalreise mit Ausflugsprogramm bucht oder eine Pauschalreise mit einer selbst organisierten Anreise kombiniert. Beispiel: Das Kreuzfahrtschiff legt in Miami ab, erst dort beginnt die Pauschalreise. Die Anreise erfolgt in Eigenregie. In dem Fall sollte man dafür sorgen, dass die Ankunft in Miami rechtzeitig erfolgt, im besten Fall mehr als 24 Stunden vor Beginn der Kreuzfahrt. Wer Spitz auf Knopf anreist, trägt das unnötige Risiko, die Kreuzfahrt zu verpassen.
  2. Beweise sammeln: Mängel sollten möglichst detailliert beschrieben und fotografiert werden. Nachweise, dass der Mangel tatsächlich vorlag und nicht behoben wurde, sollten einwandfrei dokumentiert werden. Gibt es Zeugen, im Idealfall unabhängige Dritte, wie etwa andere Urlauber vor Ort, sollten diese den Reisemangel bestätigen und einem die Kontaktdaten mitteilen. So hat man die Möglichkeit, seine  Ansprüche so konkret wie möglich vor Gericht zu untermauern.
  3. Angebote zur Nachbesserung ernsthaft und fair prüfen: Bietet der Reiseveranstalter eine alternative Unterkunft oder Ersatzleistungen an, sollte man in sich gehen und das Angebot prüfen. Wer vor lauter Wut und Ärger in einem emotionalen Moment gleichwertige oder gar bessere Angebote ablehnt, spielt dem Reiseveranstalter in die Karten. Denn eine Ablehnung kann später gegen einen verwendet werden.
  4. Fristen im Auge behalten: Wie bereits geschildert, ist es unabdingbar, dem Reiseveranstalter vor Ort eine Frist zur Abhilfe zu setzen. Dieser muss die Gelegenheit haben, die Sache in Ordnung zu bringen. Sollte der Mangel nicht beseitigt worden sein, gilt es, Ansprüche nach dem Urlaub möglichst schnell, spätestens aber innerhalb von zwei Jahren nach Ende der Reise, beim Reiseveranstalter anzumelden.
  5. Hilfe holen: Bei Problemen mit Reiseveranstaltern oder Fluggesellschaften aus dem europäischen Ausland können sich Verbraucher kostenfrei an das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland wenden.