Das Wahrzeichen der Tropeninsel Mauritius ist halb blind. Es hat nämlich nur ein Auge. Und doch kursieren viele Geschichten um den Berg. Die Kite-Surfer schreiben dem Fels sogar zu, er würde in den tosenden Wellen des Indischen Ozeans auf sie Acht geben. Unsere Autorin Marie Tysiak war zu Besuch im St. Regis Mauritius zu Füßen des Le Morne Brabant.
Wir starren uns an. Der Berg und ich. Im wahrsten Sinne Auge in Auge. Denn dort, wo der würfelförmige Fels an seinen Seiten 500 Meter steil abfällt, schaffen ein paar Hügel im Gestein die Illusion, der Berg habe ein Gesicht. Allerdings mit bloß einem Auge. Das Wahrzeichen von Mauritius schielt mich also eher etwas schräg von der Seite an. »One-Eye« nennen die Bewohner und Besucher der Insel dieses wörtliche Urgestein schlicht.
Ich befinde mich am südwestlichen Zipfel der Tropeninsel. Auf einem kleinen Boot, wenige Meter vor der Küste. So habe ich One-Eye gut im Blick, der im Le Morne Brabant verewigt ist. Der würfelförmige Fels ist klar Postkartenmotiv Nr. 1 der Insel. Er liegt aber auch gigantisch! Als ein Vulkanausbruch vor Millionen von Jahren die Insel weit draußen im Indischen Ozean schuf, kreierte Mutter Natur hier eine faszinierende Szenerie. Perfekt inszeniert. Dazu so akkurat geometrisch, dass man fast dem Glauben verfällt, die Landschaft sei nachträglich von Menschenhand ebenso platziert worden. Dabei wacht der Fels seit jeher über die kleine, ebenso perfekt rechteckige Landzunge, die sich wie ein Teppich vor dem Felsen ausrollt.
Le Morne Brabant imponierte schon vor 500 Jahren dem portugiesische Seefahrer Pedro Mascarenhas, der an dem weißen Sandstrand der unbewohnten Insel anlandete. Er überdauerte unverändert die Besiedlung, als nach und nach immer mehr Menschen aus allen Teilen der Welt kamen, Zuckerrohr und Tee anbauten. Den Dodo kannte er auch noch, den mittlerweile ausgestorbenen watscheligen Vogel, der nur dieses Eiland bewohnte. Er erlebte den unglaublichen Aufschwung der Insel zu einem der sichersten Reiseziele Afrikas. Und heute? Heute wacht der Berg über 172 Bungalows, die sich weitläufig entlang des weißen Traumstrandes schmiegen.
Und auch auf mich hat er ein Auge geworfen
Denn ich darf mich glücklich schätzen, die nächsten Tage eine der luxuriösen Bungalow-Hälften auf der Landzunge zu bewohnen. Seit 2012 lädt das St. Regis Mauritius zu exklusivem Strandurlaub auf die Tropeninsel ein. Zur spontanen Erkundungstour habe ich gleich nach meiner nachmittäglichen Ankunft erst mal das hoteleigene kleine Ausflugsboot gebordet. Ich löse meinen Blick vom gigantischen Fels, der wie eine dramatische Hintergrundkulisse all meine Urlaubsfotos im St. Regis zieren wird.
Ich lasse den Blick über die rechteckige Landzunge schweifen, den ausgerollten Teppich. Dichte, tropische Vegetation in seiner Mitte, ein weißer Streifen feinster Sand zu seinen langen Flanken, umsäumt von der flachen, türkisen Lagune, weißer Wellenschaum am Rande des Riffs. Am Zipfel der Landzunge treffen Wind und Wellen in einem perfekten Zusammenspiel aufeinander – hier liegt einer der schönsten Wind- und Kite-Surfspots der Welt, nach seinem steinigen Bewacher benannt. Dort draußen, wo die Wellen am Riff brechen, sehe ich die Silhouetten der Wellenreiter vor der tief stehenden Sonne springen.
Nichts für Anfänger, dieser Spot. Habe ich mir sagen lassen. Aber etwas weiter links der Lagune sei es ideal für Anfänger, versicherte mir der muskelbepackte Sportguide im Wassersportzentrum des Hotels. Das ist aber auch nicht weiter schlimm, denke ich, während leichte Sprenkler Salzwasser an meinen nackten Beinen und Füßen kitzeln. Mein Vorhaben lautet nämlich: die Seele baumeln lassen. Sonnen, schlemmen und vielleicht entspannt endlich den neuen Jack-Reacher-Krimi zu Ende lesen. Wo ginge das besser als an einem Ort, wo sich ein riesiger Pool elegant zwischen Meer und Haupthaus bettet und wo sich im schicken Manor House eine schöne Holztreppe in den erstenStock zu einem 32-Sessel-Kino windet? Wo an der »1904«-Bar ausgezeichneteBloody Marys serviert werden und abends in dem schwarzweißgefliesten Saal der glänzende, dunkle Flügel zum Einsatz kommt?
Die Sonne lacht vom knallblauen Himmel – so, wie sie es fast das ganze Jahr über der Insel tut
Ein Kellner kommt mit einem Tablett bestückt mit Köstlichkeiten vorbei, ich schnappe mir einen gegrillten Gambas-Spieß in Honig-Senf-Marinade. Er lächelt mir zu und schenkt mir gleich noch ein Schlückchen Champagner nach. Kleckerfrei. Bei dem leicht wackeligen Boot eine starke Leistung.
Zu meiner Rechten zieht das Juwel des Hotels vorbei: die private Villa des St. Regis Mauritius, zweifelsohne eine der exklusivsten Übernachtungsmöglichkeiten auf der ganzen Insel: 1.257 Quadratmeter Wohnfläche mit eigenem Koch, mehreren Pools, Privatstrand und allerlei anderen netten Annehmlichkeiten. Auf den eigenen Koch und Privatpool werde ich in meiner Junior Suite verzichten müssen. Dafür mag ich meinen privaten Butler jetzt schon überaus gern, der mich beim Bezug meines schönen Domizils herzlich begrüßt hat.
Salz- und sonnengeküsst – ein Sprung vom Boot in das Schnorchelparadies durfte natürlich nicht fehlen – trete ich etwas Wellen- und Champagner-wackelig wieder auf den feinen Sand. In etwas Entfernung diniert ein mögliches Flitterwochen-Pärchen an weiß gedecktem Tisch in den nahenden Sonnenuntergang hinein. Für das Kitsch-Gemälde in meinem Kopf fehlt nur noch ein springender Delfin im Hintergrund.
Den ganzen Tag mit Buch und Leckereien in der Liege chillen
Ich lasse mich in einen der gemütlichen Sitzsäcke vom The Boathouse plumpsen, buddle meine Zehen in den warmen Sand. Vor mir knistert ein Feuer in einem metallenen Schälchen, die Sonne dahinter küsst bald den Horizont. Schwach vernehme ich den Geruch von Knoblauch, der von der Terrasse zwischen Palmen hinüberweht. Mmh! Ich kann es kaum abwarten, mich morgen in eine Liege zu pflanzen und den ganzen Tag mit meinem Buch und Leckereien zu verbringen. Und vielleicht traue ich mich die Tage ja doch mal auf einem Stand-up-Paddle-Board, Kanu – oder gar doch dem Kite – raus auf die Lagune. Sollte ja nichts schiefgehen, mit meinem erfahrenen Bewacher. Ich drehe mich um und zwinkere meinem einäugigen Freund im Fels zu.
Info: The St. Regis Mauritius Resort. Le Morne Peninsula, Mauritius. Die Junior Suite kostet ab ca. 350 Euro.
Den reisen-EXCLUSIV-Guide findet ihr hier. Was unser Autor Carsten Heincke auf Mauritius widerfuhr? Das erfahrt ihr in unserer Reportage. Auch ich durfte einen ganz besonderen Glücksmoment auf der Insel erleben.